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Geschichte Hilfe für Holocaust-Überlebende: Start der jüdischen Woche in Schönebeck

Mit einem Vortrag über Handwerkerreisen nach Israel ist die jüdische Woche in Schönebeck eröffnet worden. Überschattet werden die Tage jedoch vom Krieg im Nahen Osten.

Von Olaf Koch 05.11.2023, 16:59
Gärtner Uwe Wenzel (von links), Isachar Ilan und Handwerker Uwe Pfennighaus stehen zusammen in der Wohnung des Holocaust-Überlebenden Ilan. Der sächsische Freundschaftsverein leistet einen kleinen Beitrag: Handwerker renovieren in Israel gratis die Wohnungen von Holocaust-Überlebenden.
Gärtner Uwe Wenzel (von links), Isachar Ilan und Handwerker Uwe Pfennighaus stehen zusammen in der Wohnung des Holocaust-Überlebenden Ilan. Der sächsische Freundschaftsverein leistet einen kleinen Beitrag: Handwerker renovieren in Israel gratis die Wohnungen von Holocaust-Überlebenden. Fotos: DPA, Olaf Koch

Schönebeck. - „Das ist doch nicht meine Baustelle.“ Das sagt man so lapidar, wenn man der Meinung ist, dass sich gefälligst andere um ein Problem kümmern sollen. Sächsische Handwerker hingegen machen sich fremde Baustellen zu eigen: in Haifa, Tel Aviv, Jerusalem oder Sderot. Seit 2004 reisen jedes Jahr Gruppen von Elektrikern, Maurern, Malern, Fliesenlegern und Installateuren nach Israel, um dort kostenlos Wohnungen von Holocaust-Überlebenden zu renovieren oder soziale Einrichtungen baulich auf Vordermann zu bringen.

Veranstaltung in der Elbestadt

Organisiert werden die Handwerkereinsätze vom Verein Sächsische Israelfreunde mit Sitz in Rossau. Der Verein gründete sich im Jahre 1998 anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Staates Israel mit dem Ziel, die Versöhnungsarbeit zu vertiefen. Vier- bis fünfmal jährlich organisiert der Verein sächsisch-israelische Begegnungen. Darüber erzählte am Sonnabend der Geschäftsführer des Vereines Sächsische Israelfreunde, Wilfried Gotter, in einem Vortrag. Die Veranstaltung eröffnete die jüdische Woche in der Elbestadt.

Wie Gotter der Volksstimme berichtete, nahmen auch schon Handwerker aus der Schönebecker Region an der Aktion teil. Insgesamt waren es deutschlandweit bisher 1.600. Während der Israel-Reisen kam auch das Problem zur Sprache, dass viele Überlebende der Shoah sozial schlecht gestellt sind. Das Wort Shoah kommt aus dem Hebräischen und bedeutet so viel wie „Untergang“ und „Katastrophe“. Was über das Nötigste zum Leben der Menschen hinausgeht, sei es ein neuer Wohnungsanstrich oder auch nur eine Waschmaschinenreparatur, können sich diese alten Menschen kaum oder nicht leisten. „Da helfen wir dann“, so der Geschäftsführer des Vereines.

So entstand bei den Israelfreunden die Idee der Handwerkerreisen. Mit sechs Freiwilligen fing es im Jahr 2004 an. Seither ist das Projekt rasant gewachsen und reicht inzwischen über das Bundesland Sachsen hinaus. „Die meisten Mitglieder des Vereins sind bereit, ihren Urlaub zu opfern, die Reise aus eigener Tasche zu bezahlen und obendrein oft noch Geld zu spenden“, so Gotter. Das Knüpfen freundschaftlicher Beziehungen ist für die Israelfreunde dabei das stärkste Argument für die Handwerkereinsätze.

Die guten Deutschen

Es geht aber auch um Barmherzigkeit, Nächstenliebe und Aufrichtigkeit. Dass Deutsche plötzlich die Guten sind und helfen, soll nicht nur auf dem Papier stehen. „Wir wollen Verantwortung übernehmen, Wiedergutmachung können wir nicht leisten“, macht Wilfried Gotter deutlich.

Wie schwer es ist, die Nachrichten dieser Tage aus Israel zu verfolgen, betont Gotter. Er und der Verein haben mittlerweile viele Freunde und Vertraute vor Ort. „Dass schon wieder Krieg in Israel ist, ist wirklich schlimm“, sagt er. Doch die Vereinsfreunde wollen und werden den Kopf nicht in den Sand stecken: Noch in dieser Woche will die nächste Gruppe nach Israel reisen, um bei der Ernte zu helfen.