Journalismus Wut über Wahlbericht

Stadträte ärgern sich über ein Foto von Wahlzetteln, die auf dem Boden liegen.

Von Jan Iven 30.05.2019, 10:40

Schönebeck l Im großen und ganzen ist die Schönebecker Wahlleiterin Gisela Schröder zufrieden mit dem Verlauf der Kommunal- und Europawahlen am vergangenen Sonntag. „Es ist alles gut gelaufen“, sagte die Dezernentin der Schönebecker Stadtverwaltung am Tag nach dem Urnengang. Auch mit einer Anfrage der Volksstimme über ausgefüllte, aber noch nicht ausgezählte Wahlzettel, die im Wahllokal Stadtwerke haus auf dem Boden gelegen hatten, ist Schröder souverän umgegangen.

Nach einer Anfrage der Volksstimme hatte sie offen schnell dafür gesorgt, dass die Wahlzettel eingesammelt werden. „Die Wahlhelfer haben sich um die Wahlzettel gekümmert. Das war in Ordnung so“, sagte sie. Ein Nachspiel habe die Angelegenheit nicht, sagte sie auch nach Veröffentlichung eines Beitrages in der Volksstimme vom 27. Mai unter dem Titel „Wahlzettel“ am Boden.

Ihr Dank ging nicht zuletzt an die über 200 freiwilligen Wahlhelfer in Schönebeck. Sie sorgten dafür, dass die Schönebecker ihr Wahlrecht ausüben konnten. Zig Stunden mussten sie am Abend bis in die Nacht zehntausende Stimmen auszählen, bis das vorläufige Wahlergebnis ermittelt war.

Im Internet hingegen kochten die Emotionen über den Vorfall und nicht zuletzt die Berichterstattung der Volksstimme hoch. Während einige Nutzer in verschiedenen Facebook-Seiten beim Anblick des Fotos von den auf dem Boden liegenden Wahlzettel „Wahlbetrug“ witterten, regten sich andere vor allem über die Veröffentlichung des Fotos in die Volksstimme auf.

Vor allem mehrere frisch wiedergewählte Stadträte schimpften über eine vermeintliche „Effekthascherei“ der Volksstimme, die offenbar damit zusammenhänge, dass sich kein Wahlskandal ergeben hätte. Ein Stadtrat warf der Volksstimme aufgrund der Berichterstattung aus dem Wahllokal im Internet „Denunziation“ vor und forderte eine Entschuldigung des Autors bei den Wahlhelfern.

Ein anderer Stadtrat verlangte vom Autor, sich bei der nächsten Wahl selbst als Wahlhelfer zu betätigen. Das wäre aber nicht mit einer Berichterstattung an einem Wahlsonntag vereinbar.

Diese Ausführungen wollte die Stadträte aber nur im Internet machen, wenn auch unter ihrem Klarnamen. Eine Anfrage der Volksstimme nach einer schriftlichen Stellungnahme zur Berichterstattung wiesen sie zurück.

Im Stadtwerkehaus hatte Mitarbeiter die Wahlurnen kurz nach 18 Uhr abgeholt. Während die Wahlhelfer die Wahlzettel der Europawahl auswerteten, lagen die ausgefüllten Stimmzettel für die Kreistags- und Kommunalwahlen auf zwei Haufen mehrere Meter entfernt, aber ohne direkte Aufsicht, offen auf dem Boden.

Kreiswahlleiter Gerold Becher bestätigte, dass die Wahlhelfer die Urnen gleichzeitig öffnen und verschiedene Haufen bilden können, wenn sie sich „aufteilen“. Das war jedoch nicht der Fall. Sämtliche Wahlhelfer waren mit dem Auszählen der Europawahl beschäftigt.

Die Landeswahlleitung wollte sich zum konkreten Fall nicht außerdem. Grundsätzlich gelte aber: „Eine Lagerung auf dem Boden dürfte grundsätzlich nicht geeignet sein den allgemeinen Qualitätsansprüchen gerecht zu werden."