Kriminalität Vandalismus in Pretzien

Eine zerstörte Bushaltestelle, Schmierereien und Feuer - in Pretzien werden Jugendliche für zahlreiche Straftaten verantwortlich gemacht.

Von Jan Iven 19.11.2018, 05:15

Schönebeck. Die jüngsten Meldungen aus Pretzien klingen schon ziemlich dramatisch. „Die Jugendlichen legen sich auf die Straße und verlangen von den Autofahrern Geld, weil sie angeblich angefahren wurden“, berichtet der Pretziener Ortsbürgermeister Gundhelm Franke. Mehrere Bürger aus dem Ortsteil bestätigen die Vorfälle bei der Sprechstunde von Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU).

Und die Einwohner können noch viele weitere Straftaten nennen, die in den vergangenen Monaten auf das Konto der Jugendlichen gegangen sein sollen. Gemeldet wurden etwa Schmierereien von Tafeln, zerstörte Gartenlauben und ein abgebrannter Wohnwagen. Zuletzt wurde die Bushaltestelle am Park mitten im Ortsteil weitestgehend zerstört.

Bei den Verdächtigen soll es sich nach Angaben von mehreren Zeugen um bis zu zehn Jugendliche handeln, deren Familien offenbar erst vor wenigen Monaten nach Pretzien gezogen sind. Sie sollen zwischen zehn und fünfzehn Jahre alt sein. „Wie es aussieht, sind die Eltern aber noch gar nicht in Pretzien gemeldet. Deswegen haben wir offiziell gar keine Namen und Adressen“, sagt Ortsbürgermeister Gundhelm Franke. Jedoch wisse man ungefähr, wo die Familien wohnen. „Anscheinend gibt es inzwischen zwei Gruppen von Jugendlichen, die sich gegenseitig hochschaukeln“, sagt er.

In der Vergangenheit habe es auch gelegentlich Probleme mit einheimischen Jugendlichen gegeben. „Aber wenn wir die Eltern kennen, können wir sie ansprechen, damit sie ihre Kinder zurechtweisen“, sagt Ortsbürgermeister Gundhelm Franke. Das sei in diesem Fall jedoch schwierig, da sich die Eltern offenbar nicht besonders gut um ihren Nachwuchs kümmern, vermutet er. Grundsätzlich könne auch nicht sicher gesagt werden, ob wirklich alle Straftaten von den beiden neuen Jugendgruppen begangen wurden. „Aber so wie die Lage ist, schreiben die Leute ihnen alle Vorkommnisse zu“, sagt Franke. Der Ortsbürgermeister ist inzwischen ziemlich ratlos.

Begonnen hatten die Vorfälle im vergangenen Jahr beim Nikolausfest, als immer wieder die Weihnachtsdekoration von Unbekannten abgenommen wurde. Zumindest damit müssen die Pretziener in diesem Jahr nicht rechnen: Das Nikolausfest fällt in diesem Jahr aus. „Aber nicht wegen der Jugendlichen. Wir können das Fest in diesem Jahr mit unseren sieben aktiven Mitgliedern einfach nicht stemmen“, sagt Gundhelm Franke.

Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) reagierte einigermaßen überrascht auf die Berichte über die randalierenden Jugendlichen. „Da müsste eventuell das Jugendamt wegen Kindeswohlgefährdung ermitteln“, sagte er. Sowohl das Polizeirevier Salzlandkreis als auch die Schönebecker Regionalbereichsbeamten der Polizei hatten nach eigenen Angaben bisher noch nichts von den Vorfällen gehört. Die Schmierereien seien ein grundsätzliches Problem. „Mit dem Hype um den FC Magdeburg hat das leider zugenommen“, sagte der Oberbürgermeister.

Mehrere Polizeibeamte gingen infolge der Berichte in Pretzien tagsüber auf Streife. „Wir konnten vor Ort nichts ungewöhnliches feststellen“, sagte die Regionalbereichsbeamtin Brigitte Horn. Die Beamten hätten einige Kinder angesprochen, die die Vorfälle bestätigt haben sollen. Offenbar gehören sie jedoch nicht zu den möglichen Verdächtigen. Die Präsenz der Polizei in Pretzien soll nach Möglichkeit ausgebaut werden. Jedoch sei das aufgrund der angespannte Personalsituation schwierig.

Auch beim Polizeirevier Salzlandkreis ist Pretzien bisher nicht als Kriminalitätsschwerpunkt aufgefallen. „Wir sind darauf angewiesen, dass die Bürger bei Straftaten Anzeige erstatten“, sagte Polizeisprecher Marko Kopitz.

Ähnlich sieht es auch die Schönebecker Stadtverwaltung. „Grundsätzlich sollten die Bürger von Pretzien sofort die Polizei informieren“, teilte Stadtsprecher Hans-Peter Wannewitz mit. Schmierereien seien ein flächendeckendes Problem. Brände seien der Stadt bisher allerdings noch nicht gemeldet worden. Zumindest in einem Punkt will die Stadtverwaltung handeln: Die verschmierten touristischen Informationstafeln sollen zur kommenden Saison ersetzt werden.