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Leser helfen Immer mehr Bedürftige bei der Tafel in Calbe

Das Geld für Lebensmittel wird bei immer mehr Menschen knapp. Sie suchen deshalb Hilfe bei der Tafel in Calbe. Mit der Volksstimme-Aktion "Leser helfen" soll nun die Einrichtung unterstützt werden.

Von Thomas Höfs Aktualisiert: 30.11.2022, 12:22
Karsten Kästner  ist seit knapp zwei Jahren bei der Tafel in Calbe. Als Freiwilliger im Bundesfreiwilligendienst erfuhr er hier viel über die Not einer größer werdenden Zahl von Menschen, die auf die Lebensmittelspenden angewiesen sind.
Karsten Kästner ist seit knapp zwei Jahren bei der Tafel in Calbe. Als Freiwilliger im Bundesfreiwilligendienst erfuhr er hier viel über die Not einer größer werdenden Zahl von Menschen, die auf die Lebensmittelspenden angewiesen sind. Foto: Thomas Höfs

Calbe - Gut eine Stunde bevor die Ausgabe der Lebensmittel in der Tafel in Calbe beginnt, stellen sich die ersten Bürger auf den Fußweg. Von Dienstag bis Freitag werden hier täglich jeweils eine Stunde die Lebensmittel ausgegeben, die die Supermärkte und Discounter zuvor abgegeben haben.

Karsten Kästner hat dann bereits die Lebensmittel in große Kisten sortiert, damit alle das Gleiche bekommen. Zur Tafel ist er vor knapp zwei Jahren gekommen, als es im Beruf nicht so lief. Im Bundesfreiwilligendienst hat er seine beiden Jahre beinahe um und will sich dann anderen beruflichen Herausforderungen stellen.

Die Arbeit bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) im Kreisverband Salzland, die die Tafeln in Calbe, Schönebeck, Staßfurt, Biere, Barby und Hecklingen betreibt, sei eine ganz andere Erfahrung gewesen, schildert der Mann wenige Wochen bevor sein Vertrag ausläuft. Seit die Awo die Tafel vor einigen Jahren übernommen hat, geht es mit den Nutzerzahlen nur noch aufwärts, bestätigt Ines Grimm-Hübner, Geschäftsführerin des Kreisverbandes.

Tafel in Calbe: Höhere Preise belasten Geringverdiener

Das zeigen die Zahlen für die Tafel in Calbe. Hier gab es im Juli 2018 genau 50 registrierte Bedarfsgemeinschaften, die die Tafel nutzten. Damals erhielten 125 Menschen Lebensmittel von der Tafel. Aktuell sind es 324 Bedarfsgemeinschaften mit 667 Personen, teilt sie mit. Damit hat sich innerhalb weniger Jahre die Zahl der Menschen, die Lebensmittel von der Tafel beziehen, vervielfacht.

Lesen Sie hier, wie Sie die Tafel in Calbe finanziell unterstützen können.

„Seit Beginn 2022 ist es zu einer sprunghaften Erhöhung der Nutzerzahlen gekommen. Wir sehen, analog zu allen anderen Tafeln, folgende Gründe: Durch die Erhöhung der Lebensmittelpreise und nun auch der Preise für Brennstoffe reicht bei vielen Geringverdienern das Geld nicht mehr aus. Sie müssen trotz Job und Aufstockerleistungen die Tafeln in Anspruch nehmen“, sagt Ines Grimm-Hübner.

Der Ukraine-Krieg und die hohe Zahl von Geflüchteten führten ebenfalls zu einer höheren Nutzerzahl in den Tafeln, beschreibt sie ihre Erfahrung. Vor allem das Selbstverständnis der Kommune mit dem Hinweis an die Flüchtlinge, „Gehen Sie mal zu den Tafeln“, habe zu einer Überforderung in den Tafeln geführt, schildert sie. „Die Flüchtlinge verstanden und zum Teil verstehen nicht, dass dies eine zusätzliche Leistung ist und die Tafeln nicht für die Grundversorgung der Familien zuständig sind“, betont sie.

Der Druck auf die Tafeln wächst nicht nur bei den Empfängern, sondern auch bei den Gebern. „Die Lebensmittelmärkte geben immer weniger Lebensmittel ab.“ Dafür gebe es zwei Gründe: Die Märkte kaufen weniger ein beziehungsweise bekommen nicht alle Waren wegen Lieferschwierigkeiten. Und die großen Lebensmittelmärkte haben sich in der Hilfe mit Lebensmitteln für die Ukraine engagiert.

Lebensmittel für Flüchtlinge aus der Ukraine

„Diese Lebensmittel, die zentral ansonsten für die Zentrallager der Tafeln zur Verfügung standen, fehlen“, sagt Grimm-Hübner. Dass das Angebot bei den Tafeln verschieden ist, haben auch Jens und Lisa Telker bemerkt. Die beiden wohnen in Barby und fahren zur Tafel nach Calbe. „Hier gibt es nicht nur Grünzeug, sondern auch mal Wurst und Butter“, sagt Jens Telker, der seine Mutter mitgenommen hat. Regelmäßig kommen die beiden zur Ausgabe der Lebensmittel. Das helfe ihnen, die gestiegenen Kosten in den Griff zu bekommen.