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Marktplatz Die Problem-Bank auf der Anklagebank

Warum die Stadtverwaltung Schönebeck vor dem Landgericht Magdeburg verklagt wird.

Von Jan Iven 01.11.2019, 04:03

Schönebeck l Nach dem Krach in der Schönebecker Innenstadt Mitte Oktober 2018 trat eine Händlerin aus ihrem Geschäft vor die Tür. „Herzlichen Glückwunsch, Sie haben hier den 35. Unfall gebaut“, sagte die Frau zu dem 63 Jahre alten Fahrer eines Kleintransporters, der gegen eine schwer einsehbare Sitzbank ohne Rückenlehne auf dem Markt gefahren war. Dabei wurden Beifahrertür und Kotflügel des Wagens zerkratzt. 4500 Euro musste der Mann aus Eickendorf für die Reparatur seines Transporters bezahlen. Zudem stellte die Stadtverwaltung noch einmal 500 Euro für die Beschädigung der Sitzbank in Rechnung. Da reichte es dem Mann. Er nahm sich eine Anwältin und verklagte seinerseits die Stadt Schönebeck auf Schadensersatz.

Vergangenen Mittwoch, fast genau ein Jahr später, wurde der Fall schließlich am Landgericht Magdeburg verhandelt. Das Argument des Klägers: Die Stadt soll ihrer Verkehrssicherungspflicht auf dem Marktplatzt nicht nachgekommen sein. „In anderen Städten mit ähnlich offenem Verkehrskonzept in der Innenstadt ist die Fahrbahn deutlich markiert“, sagte seine Rechtsanwältin, Utta Brett. So gebe es dort Fahrbahnmarkierungen oder verschiedenfarbenes Pflaster, dass die sichere Fahrbahn deutlich kennzeichnet und den Autofahrern verdeutlicht, wo sie fahren können. Auch Bänke oder Mülleimer würden sich farblich deutlich abheben, so die Juristin. Das ist auf dem Schönebecker Marktplatz hingegen nicht der Fall.

Der Kläger will zudem ein indirektes Schuldeingeständnis der Stadt erkannt haben. Warum sonst habe die Stadt die Bank schließlich gegen eine andere Sitzgelegenheit mit einer besser sichtbaren Rückenlehne ausgetauscht? Außerdem war der Kläger nicht der einzige Autofahrer, der in der Vergangenheit gegen die Problem-Bank gefahren war. Mehr als 40 ähnliche Unfälle hatte es in den drei Jahren seit der Erneuerung des Marktplatzes nach Angaben der Polizei gegeben. Die Volksstimme hatte immer wieder über das Problem berichtet.

Am Landgericht Magdeburg schilderte der Kläger noch einmal ausführlich und in ruhigem Tonfall den Unfallhergang. Der Eickendorfer war mit seinem Transporter von der Nicolaistraße auf den Schönebecker Marktplatz gefahren und zunächst links abgebogen. Dort hatte er die Bank auch gesehen, wie er vor Gericht aussagte. Als er jedoch rechts um die Bank in die Steinstraße abbiegen wollte, musste er aufgrund des Gegenverkehrs einige Minuten warten. Als der Kläger wieder anfuhr, hatte er die Bank nicht mehr im Blick und streifte mit seinem Transporter an ihr entlang.

Die Anwältin der Stadt Schönebeck, die als einzige Vertreterin der Verwaltung am Landgericht Magdeburg auftrat, konnte jedoch keine Vernachlässigung der Verkehrssicherungspflicht erkennen. „Was hätte die Stadt denn machen sollen?“ fragte die Juristin am Landgericht Magdeburg. Sie könne den Ärger des Klägers zwar persönlich nachvollziehen. Aber der Marktplatz sei nun einmal keine Autobahn, sondern ein verkehrsberuhigter Bereich, in dem die Autofahrer besonders aufmerksam fahren müssen.

Die Juristin der Stadtverwaltung wunderte sich zudem darüber, dass der Autofahrer die ganze Seite seines Fahrzeuges aufgerissen hat. „Wenn es kracht, hätte er sofort aussteigen und nachschauen müssen“, sagte sie. Natürlich habe die Stadtverwaltung kein Interesse daran, dass die Bürger ihre Fahrzeuge auf dem Marktplatz beschädigen. Deswegen wurde die Bank schließlich auch ausgetauscht. Dies sei aber nicht als Schuldeingeständnis zu werten. „Der Kläger hat die Bank gesehen. Außerdem wusste er, dass auf dem Markt quasi ein freier Wildverkehr herrscht“, sagte die Anwältin der Stadt. Er hätte seine Fahrweise daher entsprechend anpassen müssen.

Ob ähnliche verkehrsbe- ruhigte Zonen in anderen Städten tatsächlich über eine Fahrbahnmarkierung verfügen, konnte die Juristin der Stadt spontan nicht nachvollziehen. Sie bezweifelte daher diese Aussage des Klägers vorsorglich.

Die Richterin am Landgericht fällte zunächst keine Entscheidung. Das Urteil soll stattdessen Mitte November verkündet werden.

Nach der Verhandlung zeigte sich der Kläger zuversichtlich. Grundsätzlich gefällt ihm der Marktplatz auch, wie er betonte. Das Verkehrskonzept hält er allerdings für eine „Fehlplanung“. Denn offenbar sei völlig ignoriert worden, dass auf dem Markt auch ziemlich viel Straßenverkehr unterwegs ist. Die Bank hätte mehrere Meter zurück verlegt werden müssen.

Immerhin ist der Kläger zufrieden, dass es seit dem Umbau der Bank auf dem Markt so gut wie keine Unfälle mehr gegeben hat. Die Einsicht der Stadtverwaltung, so ist er überzeugt, hänge sicherlich auch mit seiner Klage zusammen.