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Naturschutz Wenige Fahrgäste fürs Krötentaxi

Bis zu 20 Minuten braucht eine Kröte, um eine Straße zu überqueren. Schneller geht‘s mithilfe des Naturschutzbundes Schönebeck.

Von Madlen Bestehorn 26.03.2018, 21:06

Ranies l Vorsichtig haucht die achtjährige Melody Gente den Teichmolch – nicht größer als ein Kaugummistreifen – an. Damit versucht sie, den noch recht streifen Kaltblüter zu erwärmen. Er ist einer der ersten, die sich auf den Weg Richtung Teich begeben haben, um sich dort fortzupflanzen.

„Immerhin schon einen Fahrgast haben wir im Krötentaxi“, freut sich Michael Wunschik, Vorstand des Naturschutzbundes (Nabu) Schönebeck. Teichmolche verabschieden sich, so Wunschik, schon bei vier bis fünf Grad Celsius von ihren frostsicheren Verstecken im Wald.

Nahe Ranies, an der Kreisstraße 1296 sowie der Bundesstraße 246a, hat die Naturschutzbehörde Salzlandkreis sogenannte Krötenzäune aufgestellt. An diesen wandern die Freiwilligen entlang, um Frösche und Kröten einzusammeln und sie in blauen Eimern über die Landstraße zu transportieren. Ins Netz, beziehungsweise den Zaun, haben sich lediglich sieben Teichmolche und ein Teichfrosch verirrt. Michael Wunschik erklärt: „Mit dieser Maßnahme lassen sich etwa 80 Prozent des Bestandes retten. Ein paar huschen natürlich hindurch oder finden ein Loch im Zaun.“

Diejenigen Frösche und Kröten, die den Zaun umgehen oder überwinden, werden meist von den bis zu 100 Stundenkilometer schnellen Autos auf der Kreisstraße überfahren. Melody Gente hat sich zum Ziel gesetzt, das zu verhindern. Sie sagt: „Ich finde gut, dass die Frösche überleben, wenn wir sie über die Straße tragen.“

Auch ihre Eltern, Andreas und Sandra Gente sind mitgekommen, um Melody bei der Froschrettung zu unterstützen. „Interesse an Tieren hat Melody schon immer gehabt“, erklärt Andreas Gente. „Im vergangenen Jahr waren wir zum ersten Mal beim Krötentaxi dabei, da war es aber noch kälter.“ Sandra Gente entdeckt in einem der Löcher nahe des Zauns sogar ein sehr dunkles und damit kaum erkennbares Teichmolch-Männchen. Sie sagt dazu: „Ich kenne Frösche nur aus meiner Kindheit. Damals waren wir immer in der Natur unterwegs.“

Während ihre Eltern weiter den Zaun entlangschreiten, möchte Melody am liebsten jeden gefundenen Molch oder Frosch auf die Hand nehmen. Auch wenn sich die Tierchen kaum bewegen, beobachtet die Achtjährige sie gespannt. „Er ist ziemlich kalt und ich spüre sein Wirbelsäule“, sagt sie, als der grüne Teichfrosch gerade auf ihrer Hand sitzt.

Nach etwas über einer Stunde, die die freiwilligen Helfer mit der Amphibiensuche verbracht haben, tragen sie den Eimer über die Straße. Dabei fällt ihnen auf, dass nicht nur die Autos ein Hindernis für die Frösche darstellen, sondern auch der hohe Bordstein auf der anderen Straßenseite. Dort angekommen, wollen Michael Wunschik und Melody Gente ihre Passagiere in Teichnähe absetzen. „Setz sie aber nicht direkt ins Wasser, das ist noch zu kalt“, sagt Wunschik zu Melody Gente. Auch ihre Eltern sind stolz: „Prima, jetzt bist du ein Lebensretter“, sagt Sandra Gente.

Am ersten Ferientag haben nur Wenige den Weg nach Ranies gefunden – drei Freiwillige sowie die Mitglieder des Nabu Schönebeck. Doch der Aufwand soll belohnt werden: Als kleines Dankeschön bekommt Melody Gente eine Froschliste mit Bildern von allen Amphibienarten. Für alle Helfer gibt es einen grünen Zucker-Frosch.

Weitere Informationen zur Aktion gibt es auf der Seite des Nabu.