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Klaus Herrfurth findet seine letzte Ruhestätte in der Rolandstadt Pfarrer, Heimatforscher und Bibliophiler: Stadt verliert bedeutende Persönlichkeit

13.06.2012, 03:17

Mehr als 25 Jahre prägte er als Pfarrer das Gemeindeleben. Nach schwerer Krankheit verstarb Klaus Herrfurth und wurde in Calbe beigesetzt, wo er aufgrund seiner Leidenschaft zur Historie und Musik, gepaart mit unermüdlichen Engagement, Spuren hinterlassen hat.

Von Andreas Pinkert

Calbe/Schwarz/Trabitz l 1938 in Großkayna geboren, machte Klaus Herrfurth Abitur, studierte in Halle/Saale, kam 1970 mit seiner Familie aus dem thüringischen Ziegenrück in die Rolandstadt und übernahm das Amt des Gemeindepfarrers.

"Dank seiner großen Lebenserfahrung und seiner beeindruckenden Belesenheit gelang es ihm immer wieder, neue und lebensnahe Aspekte und Aussagen aus dem Wort Gottes herauszuarbeiten und deutlich zu machen", erinnert sich Hans-Jürgen Greve vom Kirchenvorstand der evangelischen Kirchgemeinde.

Sohn Peter Herrfurth, Pfarrer in Niederndodeleben, sagte bei der Traueransprache in St. Stephani über seinen Vater: "Bücher waren ihm stets ein wichtiger Begleiter, und ein richtiges Deutsch war seine große Leidenschaft, da konnte er bis ins Detail und bist zuletzt streiten."

Die Streitbarkeit im positiven Sinne, das Eintreten für die eigenen Überzeugungen, das war es, was einen bedeutenden Anteil der Persönlichkeit seines Vaters ausmachte, sagt auch der zweite Sohn Till Herrfurth, der in Kassel wohnt. "Er hat das offene und klare Wort bei Menschen aller Couleur nie gescheut, was nicht überall gut ankam." Seine kritische Haltung führte unter anderem dazu, dasss er seit Anfang der 1980er Jahre von der DDR-Staatssicherheit unter dem Namen "Glocke" einer sogenannten "operativen Personenkontrolle" unterzogen wurde: Oft habe ihm der damalige Rat des Bezirkes gedroht, seine Post wurde kontrolliert und so manches Buch aus West-Paketen entnommen. Mitarbeiter der Staatssicherheit, die in den Kirchenbänken seine Gottesdienste verfolgten und fleißig mitschrieben, habe er dann schon einmal im Talar direkt angesprochen, sagt Till Herrfurth. 1989 übernahm er zusammen mit dem katholischen Pfarrer Czernik die Moderation des "Runden Tisches" in Calbe.

Über seinen Pfarrbereich hinaus engagierte er sich als Synodaler der Provinzialsynode, war Mitglied des Kreiskirchenrates und erfüllte mit der ihm eigenen Akribie das Amt des Verwaltungs-Sachgebietsleiters. Nach Aussagen seiner Weggefährten kämpfte er unermüdlich mit den Behörden um Material und Kontingente, um den Verfall der Kirchengebäude zu stoppen. Er startete beispielsweise eine Spendenaktion zur Rettung der Fenster in St. Stephani und bekam Hilfe von der Partnerstadt. Doch auch mit seiner tiefen Bassstimme galt er als eine wichtige Stütze des Kirchenchores.

"Klaus Herrfurth war ein wortgewandter Geschichts-Analytiker und -Publizist mit einer klaren, anziehenden Sprache, der sich um die Erforschung der großen Vergangenheit Calbes verdient gemacht hat", sagt Historiker Dieter Horst Steinmetz. Durch exakte Forschungen und Publikationen, viele davon in der Volksstimme, habe er viele Unklarheiten in der Stadtgeschichte beseitigt, würdigt Steinmetz die Beiträge zur Heimatgeschichte. Erinnert sei zum Beispiel an die Wiederentdeckung der Sekundarquelle zum Prozess um Ursula Wurm, die als Hexe in Calbe verbrannt wurde. 1996 ging Klaus Herrfurth in den Ruhestand und zog 1999 nach Halle. Die Verbindung zu Calbe riss jedoch nie ab. Bis zuletzt interessierte er sich für das Leben in Calbe und mischte sich ein, beispielsweise bei der Namensgebung des Storchplatzes oder bei der Neugestaltung des Kirchplatzes. Klaus Herrfurth, der auf eigenen Wunsch in der Rolandstadt am Saalebogen seine letzte Ruhestätte fand, wird als Ehemann, dreifacher Vater, sechsfacher Großvater, als Pfarrer, Heimathistoriker, Bibliophiler, Wendepolitiker und Musikliebhaber im kollektiven Gedächtnis weiterleben.