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Polizei Wie die Spurensicherung arbeitet

Kriminalhauptmeister Heiko Schumann sucht an Tatorten im Salzlandkreis nach Hinweisen.

Von Jan Iven 21.02.2019, 17:11

Schönebeck l Das wichtigste Handwerkszeug für Heiko Schumann ist vermutlich das Desinfektionsmittel. „Unsere Ausrüstung muss immer perfekt desinfiziert sein. Es darf nicht die kleinste Verunreinigung auftreten“, sagte der 55-jährige Kriminalhauptmeister, der bei der Spurensicherung im Polizeirevier Salzlandkreis in Bernburg arbeitet. Nach einem Verbrechen die Spuren zu sichern, ist für den Bernburger mit die wichtigste Polizeiarbeit überhaupt, um einen Verbrecher zu überführen. „Es gibt keinen Tatort ohne Spuren“, sagte der Polizist. Die Frage ist nur, ob sie verwertbar sind. Und ob die Ermittler sie auch finden können. Dafür braucht es manchmal viel Geduld, sagt Heiko Schumann.

Bei Gewalttaten, aber auch schon bei Einbrüchen, rückt die Spurensicherung an, um den Tätern auf die Spur zu kommen. „Wir sind die Leute in den weißen Anzügen mit Kapuze und Mundschutz, so wie man es aus dem Fernsehen kennt“, sagt Heiko Schumann. Wobei er über die Darstellung seiner Arbeit in Fernsehkrimis, wie dem „Tatort“, immer nur schmunzeln kann. „Im Fernsehen läuft ständig jemanden durch den Tatort und macht ihn damit kaputt“, sagt er. „Sowas gibt es bei mir nicht. Der Tatort wird erst betreten, wenn ich ihn freigebe.“ Manchmal fragt er sich, wer die Leute beim Fernsehen eigentlich berät. Trotzdem schaut sich Heiko Schumann zur Entspannung auch gern mal einen Krimi an. Mit der Realität habe das allerdings wenig zu tun, das sei reine Unterhaltung. Ein realistischer Krimi, in dem die Ermittler wie im echten Leben die meiste Zeit über nur Papierkram am Schreibtisch erledigen, wäre vermutlich auch nicht sehr unterhaltsam.

Am Tatort sucht Heiko Schumann nach allen möglichen Spuren, etwa Fingerabdrücken, Blutspuren, Haut, Haaren, Sperma oder sonstigem Zellenmaterial. Mit einem Wattestäbchen nimmt er die Spuren auf und verschließt sie in kleinen Plastikröhren. Untersuchen kann der Kriminalist sie allerdings nicht selbst im Polizeirevier in Bernburg. Dafür schickt er sie ins Labor nach Magdeburg. „Blutspuren müssen wir aber erst einmal trocknen lassen, damit sie beim Transport nicht kaputt gehen und unbrauchbar werden“, sagt Heiko Schumann. Kein Tatort ohne Spuren, davon ist er überzeugt, das sagt er sich immer wieder bei der Arbeit. Selbst Einbrecher hinterlassen überraschend häufig Fingerabdrücke. So lässt sich etwa deutlich erkennt, wo die Langfinger ein Fenster geöffnet haben. Und selbst Handschuhe können im Zweifelsfall sogar noch verwertbare Spuren hinterlassen. Viele Fälle verfolgt Heiko Schumann auch nach der Arbeit der Spurensicherung noch weiter. „Es fühlt sich gut an, wenn die Täter irgendwann wegen unserer Arbeit verurteilt werden können“, sagt er. Der Beamte muss daher auch immer wieder über seine Arbeit in Gerichtsverhandlungen berichten.

Die Spurensicherung des Salzlandkreis ist für den gesamten Kreis zuständig, auch wenn andere Dienststellen wie in Schönebeck über eine eigene Spurensicherung verfügen. Gerade bei größeren Tatorten oder während der Wochenendbereitschaft müssen die Bernburger jedoch immer wieder in anderen Dienststellen aushelfen.

Wenn Heiko Schumann von der Spurensicherung erzählt, spricht er immer von der dritten Person plural: „Wir“. Denn normalerweise ist er immer gemeinsam mit einem Partner im Einsatz. Derzeit hat er allerdings keinen festen Partner, so dass ihm immer wieder junge Polizeianwärter zugewiesen werden. Die machen aber auch gute Arbeit und sind immer sehr interessiert, findet Heiko Schumann. Vor allem die Auszubildenden, die später zur Kriminalpolizei wollen, entscheiden sich in ihrem Wahlbereich gern für eine vierwöchige Hospitanz bei der Spurensicherung. Wobei die Polizeianwärter bei Heiko Schumann keinen empfindlichen Magen haben dürfen. Denn gerade die Arbeit mit Leichen könne schon mal unangenehm werden.

Als intensiv hat Heiko Schumann auch die Arbeit im Fall des Mädchens Inga in Erinnerung, das vor drei Jahren bei Stendal verschwunden war. Heiko Schumann war seinerzeit an der Spurensuche beteiligt. Auch wenn das Mädchen bis heute immer noch nicht gefunden wurde, habe der Fall viele Polizeibeamte in der Region sehr bewegt, sagt Heiko Schumann.

Eine weitere wichtige Aufgabe ist die sogenannte erkennungsdienstliche Behandlung, wie es im schönsten Beamtendeutsch heißt. „Wir machen im Revier von allen Verdächtigen Fotos und nehmen Fingerabdrücke“, erzählt Heiko Schumann. Dafür müssen sich die Verdächtigen auf einen Stuhl setzen und sich von fünf verschiedenen Seiten fotografieren lassen. Besondere Auffälligkeiten von Verdächtigen werden aufgeschrieben.

Außerdem werden an einem grün leuchtenden Scanner die Fingerabdrücke von Verdächtigen genommen, in der Datenbank gespeichert und automatisch nach Übereinstimmungen mit früheren Straftaten überprüft. Immer wieder kann so ein älteres Verbrechen aufgeklärt werden. Die Abnahme der Fingerabdrücke der Verdächtigen sollte in der Regel freiwillig erfolgen, bei Bedarf kann sie allerdings auch angeordnet werden.

Vor allem Schulklassen erklärt Heiko Schumann im Polizeirevier Salzlandkreis gern, wie die einzigartigen Fingerab drücke entstehen. „Bei den Fingerabdrücken handelt es sich eigentlich um Hautfalten, die im vierten Monat der Schwangerschaft beim Fötus auftreten“, erzählt der Polizist. Da sie somit nicht genetisch bedingt sind, unterscheiden sie sich selbst bei eineiigen Zwillingen voneinander.

An Wochenenden ist Heiko Schumann auch immer wieder bei Großereignissen wie Fußballspiele des 1. FC Magdeburg im Einsatz. Dort muss er gelegentlich beschädigte Polizeifahrzeuge fotografieren. „Es kommt schon mal vor, dass die Fans unsere Autos umkippen wollen“, erzählt er. Sein Interesse für den Fußball hat er dadurch allerdings noch nicht verloren. „Mein Herz schlägt schon ein bisschen für den FCM“, sagt der Polizeibeamte Heiko Schumann.

Polizist wollte der Spurensucher eigentlich schon immer werden, schon weil der Beruf so abwechslungsreich ist. „Ich habe mich früher sehr für die Hundestaffeln interessiert“, erzählt er. Doch als er nach Bernburg gekommen ist, wurden dort die Polizeihunde gerade größtenteils abgeschafft. Und so landete Heiko Schumann eher zufällig bei der Spurensuche. Ein Umstand, den er allerdings nie bereut hat. Denn Spuren, sagt er noch einmal, sind für ihn das Wichtigste bei der Polizeiarbeit überhaupt.