Kultur Pömmelte: Warum Sport-Funktionäre aus Berlin das Ringheiligtum erkunden
Funktionäre des Bezirkssportbundes Berlin-Lichenberg halten in Schönebeck Klausur. Dabei führte sie ihr Weg auch zum Ringheiligtum von Pömmelte.

Pömmelte/Schönebeck. - „Die Vereine zu überzeugen, bei uns Mitglied zu werden, da braucht man die Fähigkeit eines Versicherungsvertreters“, grinst Ursula Rhoer. Sie ist mit weiteren fünf Sportfreunden von Berlin-Lichtenberg nach Schönebeck gekommen, um eine Klausurtagung abzuhalten. Was ein bisschen gewaltig klingt, weil es nur ein halbes Dutzend Sportfunktionäre sind, die an der Elbe weilen.
Uschi Rhoer ergänzt in heutiger Begrifflichkeit: „Naja, in erster Linie ist das eine teambildende Maßnahme“. Die ehemalige Krankenschwester und spätere Sozialarbeiterin ist Vorsitzende des Bezirkssportbundes Berlin-Lichtenberg und mit viel Herzblut dabei.
Wenn sie vom Sportgeschehen in der Hauptstadt erzählt, wird schnell klar: In der 3,6-Millionenstadt gibt es jede Menge Bedarf, aber eben viele Defizite. Letztere kennt man auch bei uns: fehlende Übungsleiter, eingeschränkte Hallenzeiten, Sanierungsstau bei den Sportstätten.
Uschi Rhoer wird schnell zum „Versicherungsvertreter“, Pardon, zum Sportfunktionär, wenn sie sagt: „In Lichtenberg gibt es rund 100 Sportvereine. Davon sind 58 Mitglied bei uns im Bezirkssportbund. Wir arbeiten dran, dass das mehr werden.“
Judoka fädeltWochenende ein
Die 77-Jährige bringt sich auch heute noch als Übungsleiterin ein. Dabei kommen ihr die beruflichen Erfahrungen als Sozialarbeiterin zugute. Zum Beispiel wenn es um Kinder aus „Problemfamilien“ oder straffällig gewordene Jugendliche geht, egal ob es Ausländer oder Deutsche sind. „Die haben zu Hause kaum Wärme kennengelernt, da sind wir oft Ersatz“, sagt sie. Wobei man für dieses Ehrenamt freilich über ein gerüttelt Maß an Geduld und Sensibilität verfügen muss.
Das Wochenende in Schönebeck hatte Joachim Ladebeck eingefädelt, der einen Namen in der Judo-Szene hat. 1960 legte der heute 79-Jährige seinen ersten Kampf bei der 1957 gegründeten Betriebssportgemeinschaft Motor-Südost-Magdeburg auf die Matte, wo er es zum Bezirksmeister brachte. Größter Erfolg war dann unter dem Dach von Dynamo Schönebeck der vierte Platz in der Mannschaftswertung in der Oberliga. Später war Ladebeck Vizepräsident und Trainer beim 1. Schönebecker Judoclub, den es seit 2018 nicht mehr gibt. Doch dem Sport, vor allem dem Judosport, ist Ladebeck bis heute verbunden.

Und weil man für die Gäste aus Berlin auch ein bisschen „Programm“ anbieten will, organisierte Achim Ladebeck die Besteigung des Salzturms in Schönebeck und eine Führung durch das Ringheiligtum Pömmelte. Die wird von „Nachtwächter“ und „Ringführer“ Jeff Lammel übernommen, der den Besuchern die Kreisgrabenanlage mit ihren bekannten und vermuteten Absonderlichkeiten erklärt.
Die Rede ist von jenen Menschen, die hier lebten, liebten, ein Heiligtum schufen und beigesetzt wurden: die Glockenbecher, die Aunjetitzer. Lammel erklärt die hellen Betonsteinplatten, worauf Skelette oder Skelettteile stilisiert sind. Die Archäologen hatten die Originale aus einigen Schachtgruben geborgen. Einige Fundstücke kann man sich im Salzlandmuseum angucken.
Mit guten Eindrücken zurück in die Hauptstadt
Der Durchmesser des Holzpfahlkreises misst 115 Meter. Im Zentrum des Heiligtums zeigt Jeff Lammel dessen akustische Wunderwirkung. Mit zwei Hölzern erzeugt er Klänge, die vom Rund der Stämme reflektiert werden. Der innere Raum könnte von den Menschen vor vier Jahrtausenden nicht nur als eine Art Marktplatz zum Verkauf von Waren, sondern auch für kultische Handlungen genutzt worden sein, vermuten Archäologen.
Zu Beginn der Führung wählen sie den „richtigen Weg“ in das Heiligtum. Jeff Lammel führt sie vom Touristeninformationszentrum kommend in Richtung Aussichtsturm über die unsichtbare Zählanlage, die jedwede Personenbewegung erfasst. Der Statistik wegen.
Bis einschließlich August wurden etwas mehr als 26.000 Besucher gezählt. Im Jahr davor waren es zum gleichen Zeitpunkt schon etwa 32.000, am Ende über 44.000, die den Weg zum Ringheiligtum machten.
Die Besucher aus Berlin dürften am Sonntag jedenfalls mit guten Eindrücken zurück in die Hauptstadt gereist sein.