Problemgelände Fahrplan zum Fabrikenhof

Der Fabrikenhof ist spätestens seit dem Teilabriss des Geländes Gegenstand von Spekulationen. Bis jetzt.

Von Thomas Schäfer 18.11.2020, 23:01

Barby l Bei der Bauausschusssitzung im November 2020 hatte Barbys Einheitsgemeinde-Bürgermeister Torsten Reinharz krankheitsbedingt gefehlt. Bedauerlich, aber nicht zu ändern, denn auf der Tagesordnung stand der Punkt „Informationen zum Fabrikenhof“.

Die Informationen, die dazu in Abwesenheit des Bürgermeisters seitens der Verwaltung gegeben wurden, waren – so muss man es formulieren – nicht sonderlich befriedigend. Es machte sich der Eindruck von Stillstand breit. Ein Zustand, den die Fraktion der Freien Wählergemeinschaft Elbe-Saale-Winkel (WG ESW) schon seit längerem anprangert.

Daher hatte die Fraktion der WG ESW im Vorfeld der Bauausschusssitzung einen Eilantrag eingereicht, in dem die Verwaltung, insbesondere der Bürgermeister aufgefordert wird, tiefgreifender über den aktuellen Stand des Fabrikenhofs zu berichten. Darin wird unter anderem „eine schriftliche Stellungnahme zu den Sachverhalten in chronologischer Reihenfolge der wichtigsten Ereignisse seit Ende 2017“ gefordert und mangelnder Informationsfluss bemängelt.

Verwundert zeigte man sich, dass der Eilantrag, der der Volksstimme vorliegt, weder in der Bauausschusssitzung noch in der Sitzung des Hauptausschusses am Montag auf der Tagesordnung stand, sondern lediglich der Punkt „Informationen zum Fabrikenhof“. Man fühlt sich übergangen.

„Eilanträge gibt es laut Geschäftsordnung nicht, aber ok, das ist eine Kleinigkeit. Letztlich ist es so, dass der Antrag für die Stadtratssitzung eingereicht wurde, wir aber dennoch die Informationen zum Fabrikenhof auf die Tagesordnung gesetzt haben“, lässt Einheitsgemeinde-Bürgermeister Torsten Reinharz auf Nachfrage der Volksstimme wissen.

Die Informationen bei der Bauausschusssitzung: Die Kosten für den Gesamtabriss und die Beräumung des ein Hektar großen Geländes würden laut Kostenschätzungen eines Ingenieurbüros knapp 800.000 Euro betragen. Dank einer Förderung von 200.000 Euro war es möglich, zumindest etwa die Hälfte des Geländes zu beräumen.

Seitens der Stadt kamen etwa 122.000 Euro Eigenmittel hinzu. Stehen geblieben sind die alte Werkstatt, einige Nebengebäude und Garagen. Untersuchungen ergaben zudem, dass das Werkstattgelände als sogenanntes Z2-Abraummaterial eingestuft werden muss. Das bedeutet, dass es sich um gefährlichen Abfall mit Verdacht auf Altlasten handelt, der gesondert entsorgt werden muss und somit mehr Geld als ursprünglich erwartet kostet.

Resümee aus den Informationen bei der Bauausschusssitzung: Die weitere Beräumung des Geländes kann sich die Stadt aus Eigenmitteln nicht leisten, man warte auf Förderprogramme – die es jedoch derzeit nicht gibt. Dieser Status Quo wurde seitens der Ausschussmitglieder so hingenommen. Kein Nachfragen, wie es konkret weitergehen und eine zukünftige Vermarktung des Geländes aussehen soll.

Dieses stillschweigende Hinnehmen mutet umso erstaunlicher an, da es im Vorfeld seitens der WG ESW heftige Kritik an der Vorgehensweise der Verwaltung gab. Neben den Kommunikationsdefiziten wurde angeprangert, die Verwaltung würde „ihr Ding“ machen, ohne ein wirkliches Konzept zu haben oder einen „Fahrplan“ zu präsentieren.

Zudem hätten Stadträte lediglich über den Buschfunk erfahren, dass Gebäude, die ursprünglich stehengelassen werden sollten, nun doch abgerissen werden sollen. Dabei handelt es sich um das dem Wasserturm angrenzende Gebäude, das ehemals als Schnapsbrennerei und Kuhstall genutzt wurde. Knackpunkt: Wasserturm und Nebengebäude bilden ein denkmalgeschütztes Ensemble.

Auf Nachfrage der Volksstimme bezieht Bürgermeister Torsten Reinharz Stellung zu der an ihn herangetragenen Kritik: „Es gibt immer wieder Interessenten, die Kontakt zu uns aufnehmen. Logischerweise werden die Gespräche mit mir geführt. Diese Interessensbekundungen haben wir gesammelt und auch die Fraktionsvorsitzenden darüber informiert.

Wie diese Informationen innerhalb der Fraktionen weitergereicht werden, weiß ich nicht. Wir haben auch immer gesagt –und das geht mit dem Stadtrat d‘accord – dass wir diese Fläche entwickeln wollen. Und jetzt bewegt sich dort auch etwas. Letztendlich müssen wir als Verwaltung alles vorbereiten und auch die Gespräche mit den Interessenten führen – die wir natürlich nicht öffentlich machen können. Jetzt ist es so, dass es mehrere Interessenten gibt, so dass es sich lohnt, nach außen hin zu arbeiten und die ganze Geschichte auch auszuschreiben. Das erfolgt völlig transparent. Insofern finde ich es verwunderlich, dass diese Vorwürfe im Raum stehen.“

In der am Montagabend, 16. November 2020, ab 18.30 Uhr angesetzten Hauptausschusssitzung war Bürgermeister Torsten Reinharz zugegen und nahm öffentlich Stellung zum Werdegang, Stand und zukünftig von der Verwaltung geplanten Entwicklung des Fabrikenhofes.

„Im Jahr 2004 gab es einen Investor, der auf dem Gelände betreutes Wohnen und eine Pflegeeinrichtung bauen wollte. Er hat uns immer wieder vertröstet, er bräuchte selber noch Investoren. Das ganze hat uns 13 Jahre gekostet, in denen auf dem Fabrikenhof nichts passiert ist“, begann Torsten Reinharz seine Informationen.

Zwischenzeitlich hätte es immer mal wieder den einen oder anderen potenziellen Investor gegeben, der Interesse an dem Gelände hatte - und manche Dinge wären auch schon sehr weit fortgeschritten gewesen, lies Reinharz wissen. „So dachten wir, jetzt ist es soweit, wir können das Gelände verkaufen. All das, noch bevor wir dort die Hälfte haben abreißen lassen“, so Reinharz weiter. „Das hat sich am Ende aber alles wieder zerschlagen“, konstatierte er.

„Jetzt, nachdem wir etwa auf der Hälfte des Geländes Baufreiheit geschaffen haben, um dem Ziel einer dort geplanten Wohnbebauung näher zu kommen, gibt es mehrere Interessenten. Wir haben dabei klar gemacht, dass das Gelände als Wohnstandort zu entwickeln ist - das steht über allem. Aus unserer Sicht ist der Preis, zu dem man es verkauft, gar nicht so sehr entscheidend“, so Reinharz.

Geplant ist, demnächst in die Ausschreibung des Geländes zu gehen. „Kriterium für die Vergabe ist für uns nicht so sehr der Verkaufspreis, sondern dass das bessere Entwicklungskonzept letztlich den Ausschlag geben soll“, stellte Torsten Reinharz die Überlegungen der Verwaltung vor.

Zudem ist es geplant, die Interessenten zum Ortschaftsrat Barby und zum Stadtrat einzuladen, um ihre Konzepte zu präsentieren. Zuschlag soll dann derjenige erhalten, dessen Konzept Ortschaftsrat und Stadtrat am meisten zusagt. „Ich halte dies für einen gangbaren Weg“, so Reinharz.

Torsten Reinharz nahm auch Stellung zu der Frage, warum die Stadt das Gebiet nicht selber entwickelt: „Wir können es einfach nicht. Wir müssten vorfinanzieren, das Gebiet erschließen – von welchem Geld sollen wir das machen? Ein Investor ist für uns der bessere Weg.“

Auf Nachfrage zum geplanten Abriss des Turm-Nebengebäudes teilte Torsten Reinharz mit, dass dieses Gebäude einen schwierigen Grundriss habe. „Es hat lediglich ein Innenmaß von vier Metern, es ist zudem ein Ziegelbau und so müsste zum Beispiel bezüglich der Wärmedämmung einiges gemacht werden.

Am Ende ist es für jemanden, der investieren möchte, schwierig, etwas daraus zu machen. Würde es stehen bleiben, hat man dort eine Fläche, die nicht wirklich nutzbar ist. Daher ist unsere Idee, dieses Gebäude aus dem denkmalgeschützten Ensemble herauszutrennen. Wenn das ginge, plädieren wir dafür, es abzureißen“, erklärte Reinharz. „Das ist aber noch nicht entschieden.“

Potenzielle Käufer des Geländes würden vertraglich verpflichtet werden, den noch knapp 50 Prozent ausstehenden Restabriss und Beräumung des Geländes durchzuführen. „Wir selber haben dafür keine Mittel mehr. Es gäbe zwar eine Möglichkeit, Fördermittel zu bekommen, allerdings wäre der Nachteil dieses Förderprogramms, dass wir dann das Gelände zehn Jahre lang liegen lassen müssten. Wir dürften es weder verkaufen noch bebauen. Das liegt natürlich nicht in unserem Interesse“, schloss Reinharz die Informationen zum Fabrikenhof ab.