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Prozess Betrunkener greift Postboten an

Ein 18-Jähriger aus Schönebeck kommt mit einer Bewährungsstrafe davon.

Von Jan Iven 05.12.2018, 10:05

Schönebeck | Es muss eine wilde Nacht mit viel Alkohol gewesen sein. So wild, dass sich der Angeklagte am Amtsgericht Schönebeck nach eigenen Angaben überhaupt nicht mehr an die Vorfälle im Mai erinnern konnte. Nun wurde ihm wegen Körperverletzung, Beleidigung und Sachbeschädigung der Prozess gemacht. Nach den Erkenntnissen des Staatsanwaltes hatte der 18-jährige Schönebecker an jenem Abend so sehr in einer Tankstelle an der Magdeburger Straße randaliert, dass er von der Polizei abgeholt und aufs Revier gebracht werden musste. Bei ihm wurde ein Alkoholwert von 2,44 Promille festgestellt.

Doch die Verwarnung der Polizeibeamten verfehlte offenbar ihre abschreckende Wirkung. Denn kaum war der junge Mann am Morgen wieder auf freiem Fuß, griff er an der Tischlerstraße einen zufällig auf einem Fahrrad vorbeifahrenden Briefzusteller an.

Der Geschädigte wirkte bei seiner Aussage vor Gericht immer noch ein bisschen eingeschüchtert, als er von dem Tatabend berichten sollte. Demnach hatte sich der Angeklagte dem 48 Jahre alten Zusteller in den Weg gestellt und ihn beim Ausfahren der Briefe behindert. Nach Angaben des Geschädigten war der junge Mann zu diesem Zeitpunkt immer noch „volltrunken“.

Offenbar fühlte sich der Angeklagte von dem Fahrrad gestört und drohte dem Zusteller Prügel an. Die Drohung habe er kurzer Hand in die Tat umgesetzt und dem Zusteller mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Der Geschädigte berichtete außerdem, dass der Angeklagte ihm ein Bein stellte, als er vom Rad absteigen musste. Schließlich griff sich der Angeklagte einen Stapel mit Briefen aus der Fahrradtasche und warf sie auf die Straße.

Beendet wurde der Angriff schließlich von Polizeibeamten, die von Passanten gerufen worden waren. Der Angeklagte versucht zunächst, das Fahrrad des Zustellers zu stehlen und damit zu fliegen. Er konnte jedoch gleich von den Polizisten gestellt werden. Der Briefzusteller hatte nach dem Faustschlag mehrere Tage ein angeschwollenes Gesicht. Krankschreiben ließ er sich allerdings nicht. Auch habe er nach eigenen Angaben keine Langzeitfolgen von dem Schlag ins Gesicht davon getragen.

Der Angriff auf den Zusteller war nicht die erste Straftat des Angeklagten, der bereits von einem Bewährungshelfer betreut wurde und auch schon einen Drogenentzug hinter sich hat. Denn seit seinem vierzehnten Lebensjahr konsumiert er Cannabis. Die Gutachter sahen allerdings eine positive Entwicklung bei dem Angeklagten, der sich zuletzt erfolgreich um einen Job bemüht und seinen Drogenkonsum eingeschränkt hatte.

Auch wegen eines Gewaltdeliktes war der Angeklagte bereits mit dem Gesetz in Konflikt geraten. So soll er einen Mann verletzt und bespuckt haben, der nach einer Schlägerei mit einem weiteren Täter bereits am Boden lag. Später hat er auch noch gegen den Krankenwagen getreten, in dem der verletzte Mann von Sanitätern behandelt wurde.

Die Richterin am Amtsgericht Schönebeck verurteilte den Angeklagten wegen Körperverletzung, Beleidigung und Sachbeschädigung zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren, die sie noch zur Bewährung aussetzte. Zudem muss er insgesamt 400 Euro an die beiden Geschädigten zahlen. Dabei ging sie aufgrund des starken Alkoholkonsums von einer verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten aus. Positiv wertete die Juristin auch, dass sich der junge Mann beruflich weiterentwickelt.

Allerdings zeigte sich die Richterin am Amtsgericht Schönebeck verärgert, dass der Angeklagte kein Wort des Bedauerns oder der Entschuldigung gegenüber dem Geschädigten äußerte. Der Angeklagte wiederholte noch einmal, dass er sich nicht an die Tat erinnert und daher auch kein ehrliches Bedauern empfinden könne.

Auch der Staatsanwalt hatte bereits in seinem Schlussvortrag kritisiert, dass der Angeklagte offenbar nicht bereit sei, sich mit dem Geschädigten auseinanderzusetzen. Der Staatsanwalt regte daher an, dass dies in einem Gespräch im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleiches nachgeholt werden sollte. Der Verteidiger riet hingegen von einem solchen Ausgleichsgespräch ab, da sein Mandant sich nicht entschuldigen wolle. Die Richterin verzichtete ebenfalls darauf, ein entsprechendes Gespräch anzuordnen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Der Zusteller hatte übrigens erst einen Tag nach dem Angriff Anzeige bei der Polizei erstattet. Er musste schließlich, wie er vor Gericht aussagte, erst noch die Briefe zu Ende ausfahren.