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Prozess Raser verprügelt langsamen Autofahrer

Zwei Schönebecker sind wegen unteschiedlicher Fahrweise aneinandergeraten.

Von Jan Iven 09.04.2019, 18:37

Schönebeck l Offenbar rumorte es schon länger zwischen den beiden Schönebeckern. Immer wieder kam es zum Streit zwischen den Nachbarn, weil sie sich über die Fahrweise des jeweils anderen ärgerten. Bis die Situation im September 2017 eskalierte und ein 55-Jähriger seinen Kontrahenten mehrfach schlug. Nun musste sich der Mann am Amtsgericht Schönebeck wegen Körperverletzung verantworten.

Kurz vor der Tat fuhren die Männer in der Straße, in der beide wohnen, nach übereinstimmenden Aussagen hintereinander her. Wobei sie sich später gegenseitig beschuldigten, dass der eine zu langsam und der andere zu dicht aufgefahren sei. Als der Angeklagte schließlich links überholen wollte, scherte der später Geschädigte ebenfalls vor ihm nach links aus. Daraufhin fuhr der Anklagte über einen Grünstreifen auf sein Grundstück, wie er vor Gericht einräumte.

Aus Verärgerung wollte der Geschädigte den Angeklagten daraufhin zur Rede stellen. So betrat er das Grundstück des Mannes und forderte ihn auf, in Zukunft langsamer zu fahren. Ein Streit entbrannte zwischen den Männern, wobei der Geschädigte dem Angeklagten wiederholt seinen Zeigefinger vor das Gesicht hielt, wie er einräumte. Der Angeklagte schlug den Finger mehrfach weg. So weit die übereinstimmenden Aussagen der Männer.

Doch wie es weiter ging, darüber gab es am Amtsgericht Schönebeck in der Folge unterschiedliche Berichte. So sagte der Anklagte aus, dass er den Geschädigten lediglich bei den Armen gepackt habe, um ihn von seinem Grundstück zu schieben. Geschlagen habe er den Mann jedoch nicht. Vielmehr musste er ausweichen, weil der Geschädigte versucht habe, ihn zu schlagen.

Der Geschädigte hingegen sagte, dass der Angeklagte ihn zunächst von dessen Grundstück gedrängt und ihn dann mit der Faust gegen den Kiefer geschlagen hatte. Zudem habe ihn der Angeklagte mehrfach mit der flachen Hand gegen das Ohr geschlagen, wobei sein Trommelfell gerissen sei.

Wirklich unabhängige Zeugen gab es für den Vorfall nicht. Eine Aussage der Mitbewohnerin deckte sich so exakt mit den Aussagen des Angeklagten, dass der Richter massive Zweifel an den Ausführungen äußerte. Zumal sie den Angeklagten auf der einen Seite als „nicht aggressiv“ beschrieb, auf der anderen Seite in der Vergangenheit jedoch selbst schon einmal die Polizei wegen des Angeklagten gerufen hatte. Demnach hatte er in der Vergangenheit die Tür zu ihrer alten Wohnung aufgetreten, um seine Sachen zu holen. Die Anzeige hatte sie später jedoch wieder zurückgezogen, wie die Frau am Amtsgericht betonte.

Für den Richter war der Fall daher klar. Denn der Angeklagte sei bereits in der Vergangenheit mehrfach im Zusammenhang mit Gewaltdelikten auffällig geworden, auch wenn es zu keiner Verurteilung gereicht hatte. Er schenkte dem Geschädigten Glauben, dass er vom Angeklagten mehrfach geschlagen worden war. Zumal ein ärztliches Attest den Riss des Trommelfells bestätigte.

Der Richter verurteilte den Mann wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 2400 Euro. Dabei ging er über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus, die eine Strafe von 1800 Euro gefordert hatte, da sie von einem niedrigeren Tagessatz ausgegangen war.

Gleichzeitig erhöhte sich damit noch einmal die Strafe für den Angeklagten, der bereits einen Strafbefehl über 2000 Euro für die Tat erhalten hatte. Wobei der Strafbefehl im Gegensatz zum Urteil ein Geständnis zugunsten des Angeklagten unterstellt, so der Richter. Da der Angeklagte jedoch in Widerspruch gegen den Strafbefehl gegangen war, landete der Fall doch noch vor Gericht.

Der Verteidiger hatte Freispruch gefordert, da sich aus seiner Sicht der Vorwurf der Körperverletzung nicht erfüllt hatte. Zum einen habe sich der Angeklagte auf seinem Grundstück nur verteidigt. Zudem habe der Geschädigte mit den Schlägen rechnen müssen, als er das Grundstück des Angeklagten betreten hatte. Außerdem könne nicht nachvollzogen werden, wie das Trommelfell gerissen sei.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.