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Rettungshunde In Plötzky trainieren Retter auf vier Pfoten

Beim Training in Plötzky zeigen die Rettungshunde, was sie können.

Von Paul Schulz 17.02.2020, 00:01

Schönebeck/Plötzky l Nur für den Bruchteil einer Sekunde schnüffelt Beagle-Rüde „Pico“ an dem Taschentuch in der Plastiktüte. Länger braucht der Personenspürhund von DRK-Hundeführerin Fabienne Bögel nicht, um die Fährte aufzunehmen. Sofort setzt er sich in Bewegung. Er gibt die Richtung vor. Bögel hält Pico an der Leine und folgt ihm durch die Straßen Plötzkys.

Die Spur, die Pico verfolgt, ist etwa eine Stunde alt. Hinterlassen hat sie Bettina Gottschall – ebenfalls Mitglied der DRK-Rettungshundestaffel. Zum Anfang des Rettungshundetrainings sind Gottschall und ihre Kollegin Anja Ferdin nämlich kurz durch den ostelbischen Ort spaziert, damit der Personenspürhund später etwas zum Suchen hat.

Natürlich haben auch Bettina Gottschall und Anja Ferdin ihre Hunde dabei – Tara und Ronja. Zwar werden alle drei Hunde zu Rettungshunden ausgebildet, aber dennoch unterscheiden sie sich in der Art und Weise, wie sie Menschen suchen und retten. Fabienne Bögel erklärt: „Pico ist ein ‚Mantrailer‘, ein Personenspürhund. Er sucht nur nach einer ganz individuellen Person, nach einem ganz individuellen Geruch. Mantrailer werden beispielsweise in Städten oder Wohngebieten eingesetzt, wo viele Menschen versammelt leben.“

Tara und Ronja hingegen sind sogenannte Flächenhunde. Sie suchen große Gebiete wie Wiesen oder Wälder nach vermissten Personen ab. Und zwar gewissermaßen auf „eigene Schnauze“. Sie werden nämlich von der Leine gelöst, damit sie sich auf die Suche begeben können. Finden sie eine Person in Not, so gibt es verschiedene Methoden, wie sie die Hundführer darauf aufmerksam machen. „Ronja ist ein ‚Verbeller‘. Wenn sie jemanden gefunden hat, der Hilfe benötigt, dann bleibt sie bei ihm und bellt, bis wir vor Ort sind“, sagt Bögel.

Das Energiebündel Tara wiederum ist ein „Freiverweiser“. Findet sie eine hilfsbedürftige Person, so läuft sie wieder zurück zum Hundeführer und dann wieder zur gesuchten Person. Sie pendelt also immer wieder zwischen den beiden hin und her. Die Distanz wird dabei immer geringer, bis der Hundeführer schließlich bei der möglicherweise verletzten Person ankommt. Die Flächenhunde verlassen sich wie Personenspürhund Pico natürlich auch auf ihre Nase. Nur dass Pico eben eine ganz bestimmte Person sucht; und Tara und Ronja generell nach Menschen.

Im Grunde kann fast jeder Hund zum Rettungshund ausgebildet werden, so Bögel. Es braucht nur Zeit. Die Ausbildung zum Rettungshund nimmt je nach Tier und Aufgabe (Personenspürhund, Flächenhund) zwischen zwei und drei Jahre in Anspruch. Einige wenige Ausnahmen gibt es aber doch, was die Rasse angeht. „Manche Hunderassen – wie Mops oder französische Bulldogge – sind aufgrund ihrer Anatomie eher ungeeignet. Sie kriegen schlecht Luft und können nicht so lange laufen, wie es im Einsatz erforderlich ist“, erklärt Hundeführerin Bögel.

Pico hingegen hat Ausdauer-Reserven. Er sucht weiter nach Bettina Gottschall und zieht durch die Straßen Plötzkys, Fabienne Bögel im Schlepptau. Dann kommt der Hund leicht von der Route ab, die Gottschall gegangen ist. Er beginnt zu fiepen. „Damit gibt er mir zu verstehen, dass es hier nicht weiter geht. Dann gehen wir ein Stück zurück und er nimmt die Spur neu auf“, sagt Bögel. Kurz darauf hat sich Pico neu orientiert und zieht sie weiter.

Anja Ferdin und Bettina Gottschall trainieren mit Ronja und Tara auf dem Plötzkyer Sportplatz. Für Ronja steht „Bellen“ auf dem Lehrplan, denn was das angeht, ist die Hündin gelegentlich noch etwas zurückhaltend. Also: üben!

Dazu mimen Bögel und Gottschall die gesuchten Personen. Sie beziehen am Rande des Sportplatzes Stellung; rund 50 Meter voneinander entfernt. Dann gibt Frauchen Anja Ferdin ihrer Ronja den Befehl „Hilf!“ Die Hündin schießt daraufhin auf Gottschall zu. Bei der DRK-Hundeführerin angekommen, bellt Ronja. Sofort gibt es von Gottschall ein leckeres Stückcken Wurst als Belohnung. Ronja wartet, bis Anja Ferdin bei ihr ist. Dann gibt es nochmal Lob und Leckerei für den Hund. Dann heißt es wieder „Hilf!“ und der Hund läuft zu Bögel, wo es nach dem Bellen auch wieder Köstlichkeiten zur Belohnung gibt. „Ohne Wurst geht hier nichts“, scherzt Fabienne Bögel.

Dann ist Tara dran. Diesmal wird Anja Ferdin vermisst. Diese liegt auf einer Isolationsdecke am andere Ende des Sportplatzes. Bettina Gottschall schickt ihre Tara los, um sie zu suchen. In einem atemberaubende Tempo flitzt die Whistler-Dame davon. Als sie Ferdin entdeckt, dreht sie um und läuft wieder zu Hundeführerin Gottschall. Dort gibt es einen Wurst-Snack zur Belohnung. Aber damit hält sich Tara nicht lange auf und läuft schnurstracks wieder zur „vermissten“ DRK-Frau. Das Procedere wiederholt sich noch mehrfach: Das Pendeln klappt.

Und auch Beagle Pico beweist, dass sich Frauchen auf seine Nase verlassen kann. Nachdem zwei Routen ausgeschlossen wurden konnten, zieht er die Hundeführerin beharrlich weiter durch den Ort. Und dann: Treffer. Nach etwa 25 Minuten hat er Gottschall gefunden, die in einer Einfahrt wartet. Natürlich gibt es auch für den Rüden eine kulinarische Belohnung. Anschließend geht es zurück zum Sportplatz.

Man merkt den drei Frauen an, dass ihnen die Arbeit mit den Hunden viel bedeutet. Sie sind mit Herzblut dabei. Und neben dem Geld für die Ausrüstung ihrer Hunde – also Trainingsgeräte, Leinen, Futter und vieles mehr – investieren sie vor allem noch zwei Mal wöchentlich ihre Freizeit beim Training. Diese regelmäßigen Übungseinheiten sind auch unabdingbar. „Wir müssen uns blind auf unsere Hunde verlassen können. Denn im Einsatz sind die Anforderungen noch einmal ganz andere. Wenn man eine vermisste Person nachts im Wald sucht, vielleicht noch im Winter, dann ist das nochmal eine besondere Herausforderung für Mensch und Tier“, sagt Bögel.

Doch mit Tara, Ronja und Pico haben die Hundführerinnen des DRK auf jeden Fall ein verlässliche Trio an ihrer Seite. Drei Retter auf vier Pfoten, mit ihren individuellen Stärken – und einer Schwäche für Würstchen.