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Rundflug mit dem Fliegerclub Schönebeck entlang der Saale von der Mündung Barby bis zum Hafen nach Halle. Von Olaf Koch Saalekanal: 70 Jahre alte Schleusen sind saniert und elektronisch von Bernburg aus zu bedienen

13.10.2012, 01:10

Der Mehrheit der Leser der Volksstimme spricht sich gegen den geplanten Saalekanal aus. Das ergab eine nicht repräsentative Umfrage. Demnach befürworten 22,2 Prozent das Projekt, 77,8 Prozent sind dagegen. Insgesamt gab es 135 Anrufe.

Schönebeck/Staßfurt l In 400 Metern Höhe ist die Orientierung leicht. Pilot Henning Schulte vom Fliegerclub Schönebeck steuert den Motorsegler immer entlang des blauen Bandes von der Stadt Barby bis zum neugebauten Hafen nach Halle. "Wollen wir doch mal schauen, wie viel Industrie sich wirklich entlang der Saale befindet", knistert es unter den Lautsprechern.

Auf dem Flug am Donnerstagmorgen ist der Schiffsverkehr auf Elbe und Saale - vorsichtig formuliert - sehr übersichtlich. Während der Momentaufnahme ist lediglich ein Bauschiff mit einem Bagger auf dem Bug in der Nähe von Werkleitz zu sehen. Der Schiffsführer hat freie Fahrt, ein anderes Schiff ist nicht zu sehen.

Auf dem Weg bis zum Hafen nach Halle gibt es jedoch andere "Hindernisse". Es sind die Schleusen, die den unterschiedlichen Wasserpegel der Saale ausgleichen. "Es gibt insgesamt fünf Schleusen zwischen der Elbe und dem Hafen Halle. Dies sind die Schleusen Calbe, Bernburg, Alsleben, Rothenburg und Wettin", teilt auf Anfrage der Volksstimme Peter Mennicke, Pressereferent im Landesbauministerium in Magdeburg, mit.

Aus der Luft sehen sowohl die Zufahrten als auch die Schleusen recht schmal und klein aus. Doch dieser Eindruck scheint aus der Vogelperspektive zu täuschen. Nach Auskunft des Verkehrsministeriums haben die Schleusen eine Kammerbreite von rund 20 Metern, die Torkammerbreite beträgt etwa zwölf Meter, und sie sind etwas über 100 Meter lang. "Damit erlauben die Maße der Schleusen den Transport von Gütern mittels Europaschiff oder Schubverbänden entsprechender Größe. Es ist nicht notwendig, speziell angepasste Binnenschiffe zu entwickeln", sagt Peter Mennicke.

Sicher steuert Pilot Henning Schulte den Motorsegler weiter Richtung Süden. Nach Calbe und Bernburg kommt die nächste Schleuse in Alsleben. Was aus der Luft nicht zu sehen ist, wird erst vor Ort deutlich, denn die Hebestellen sind fast schon technische Denkmäler: Die Schleusen wurden in der Zeit von 1930 bis 1940 gebaut.

Bedeutet dieser Fakt, dass sie in den nächsten Jahren dringenden Sanierungsbedarf haben und finanzielle Mittel bereitgestellt werden müssen? Dazu Pressereferent Peter Mennicke: "Alle Schleusen sind saniert und befahrbar und unterliegen einem kontinuierlichen Unterhaltungsprozess vergleichbar mit den Wartungsfristen eines Pkw. Somit sind dafür keinerlei Kosten im Bedarfsplan für den Saaleseitenkanal zu berücksichtigen."

Alle Schleusen werden per Funk gesteuert

Im Gegenteil: Die fünf Schleusen sind modern gestaltet und entsprechen den Erfordernissen der heutigen Zeit. Sie können sogar durch die Leitwarte in Bernburg elektronisch ferngesteuert werden. Die Schiffsführer müssen sich lediglich per Funk melden.

Weiter geht es in Richtung Stadt Halle, die das Flugzeug 30 Minuten nach dem Start in Schönebeck erreicht. Im Norden der Stadt liegt der Hafen, der in den vergangenen Jahren für 30 Millionen saniert wurde. Inzwischen hat sich die Hafen Halle GmbH auf sogenannte Seehafen-Hinterlandverkehre spezialisiert und bietet - wegen der mangelhaften Befahrbarkeit der Saale - kontinuierliche Ganzzugverbindungen in die Überseehäfen Hamburg und Bremerhaven an.

An diesem Morgen, als Pilot Henning Schulte eine Runde um den Hallenser Hafen dreht, liegt kein Schiff am Kai. Am Ufer stehen dafür Container. Nach Informationen der Homepage der Hafen Halle GmbH, werden im Jahr mehr als eine Million Tonnen in Containern umgeschlagen. Zum Vergleich: Im Hafen Magdeburg sind es etwa drei Millionen Tonnen pro Jahr. Dabei haben die Hallenser aber noch Luft nach oben: Prognostiziert werden laut des Vereins zur Hebung der Saaleschifffahrt 2,75 Millionen Tonnen pro Jahr.

Wenngleich es entlang der Saale zwischen Barby und Halle vereinzelt Industrie gibt, sind Hafenanlagen zum Umschlag derzeit noch Mangelware. Die müssten erst noch gebaut werden. Dennoch rechnen die Firmen entsprechende Kapazitäten vor, die sie der Binnenschifffahrt zur Verfügung stellen würden: unter anderem neben Schwenk, Solvay und Esco die Mitteldeutsche Baustoff GmbH Schwerz rund 1,3 Millionen Tonnen pro Jahr, Saalemühle Alsleben 800000 Tonnen im Jahr und die Energieanlagen Bernburg GmbH 600000 Tonnen.

Schiff benötigt eine Tagesreise bis Barby

Ein Nachteil von Bahn und Laster ist die Zeit, die das Schiff auf seiner Seite rot verbuchen muss. Auf der Saale wird es eher gemütlich vorwärts gehen. Vor und nach dem möglichen Bau des Saalekanals benötigt ein Binnenschiff etwa eine Tagesreise vom Hafen Halle bis zur Mündung in die Elbe - jedoch mit dem Unterschied, dass auf Grund der Felsrippen und der starken Krümmungen der oberen Saale im Bereich Calbe bis zur Elbmündung derzeit bekanntlich eine wirtschaftliche Befahrbarkeit praktisch ausgeschlossen ist.

Auf dem Rückflug von Halle nach Schönebeck kommen Pilot Henning Schulte Zweifel, als er auf die Saale hinter schaut: "Die Kurven und Verengungen der Saale zwischen Halle und Calbe sind bestimmt nicht einfacher zu durchfahren als zwischen Calbe und der Elbe. Oder täusche ich mich?", fragt er.

"Ihr Eindruck täuscht", beantworten die Experten aus dem Landesverkehrsministerium eine entsprechende Anfrage der Volksstimme. "Der Bereich ab Halle bis zum geplanten Saaleseitenkanal Calbe weist weniger Krümmungen auf." In der Luft ist das Henning Schulte egal. Er fliegt schnurgeradeaus.