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Amtsgericht Schönebecker greift bei Streit zum Baseballschläger

Ein Streit um ein Fahrrad spitzt sich in Schönebeck zu. Der 27-jährige Angeklagte greift während der Auseinandersetzung mit seinem Nachbarn zu Baseballschläger und Messer. Was war passiert?

Von Paul Schulz 09.06.2021, 00:00
Ein Streit ist in Schönebeck gehörig eskaliert. Laut Staatsanwaltschaft ist der Angeklagte mit einem Baseballschläger auf seinen Nachbarn losgegangen.
Ein Streit ist in Schönebeck gehörig eskaliert. Laut Staatsanwaltschaft ist der Angeklagte mit einem Baseballschläger auf seinen Nachbarn losgegangen. Uli Deck/dpa

Schönebeck - „Sie sind wie eine Brieftaube – Sie kommen immer wieder zurück“, stellt Strafrichter Eike Bruns fest. Mit diesem Satz begrüßt er den 27-jährigen Schönebecker Tim Arnold (Name geändert), den er schon mehrfach auf der Anklagebank vor sich sitzen hatte. Und so ist es nun wieder. Arnold ist nämlich gleich wegen vier Delikten angeklagt: Die Staatsanwaltschaft wirft ihm gefährliche Körperverletzung, Körperverletzung, Sachbeschädigung und Bedrohung vor.

Arnold soll am 4. Januar seinen Nachbarn Enrico Radke (Name geändert) mit einem Baseballschläger angegriffen haben, wobei er ihm damit auf die Hand schlug. Auch ein Messer habe er bei sich gehabt, setzte dieses aber nicht ein. Als sein Nachbar daraufhin das Weite sucht, soll Arnold mit dem Schläger noch die Scheibe einer Bushaltestelle zertrümmert haben. Wenig später sei Radke mit seinem Freund Patrick Dullmann (Name geändert) zur Wohnung des Angeklagten gegangen. Dieser – immer noch in Rage – sei auf Dullmann losgegangen und habe ihm ins Gesicht geschlagen. Das Messer, das er noch bei sich trug, habe nicht eingesetzt, so die Staatsanwaltschaft. Während der Auseinandersetzungen habe Arnold auch gerufen, dass er „die Nazi-Sau umbringe“.

Schnaps am Morgen

Über seinen Rechtsanwalt räumt Arnold die Taten ein. Zudem sei er alkoholisiert gewesen – schon um 10 Uhr genehmigte er sich mit Freunden im Garten Kräuterschnaps. Kein Wunder also, dass kurz nach dem Tatzeitpunkt am frühen Nachmittag ein Alkoholwert von 1,34 Promille gemessen wurde.

Doch warum geriet Arnold so in Rage? Was war der Auslöser seines Angriffs? Hintergrund ist der, dass der Angeklagte seinem Nachbarn Enrico Radke die Schuld am Verschwinden seines Fahrrades gibt. Er habe es gestohlen, ist der 27-Jährige überzeugt. Also habe er sich, um zur Gartenfeier zu gelangen, einfach das Fahrrad von Radke „geborgt“. Soll heißen: Er hat es einfach genommen. Als Radke dann sein Fahrrad wenige Stunden später wieder einfordert, tickt Tim Arnold aus und greift zum Baseballschläger.

„Woher wissen Sie denn, dass Herr Radke Ihr Fahrrad gestohlen hat?“, will Strafrichter Bruns wissen. „Ich weiß es einfach. Im Ghetto weiß man so was eben“, sagt Tim Arnold. „Aber Sie brauchen doch irgendeinen Beweis, um zu diesem Schluss zu kommen. Ich kann ja auch nicht einfach jemanden verurteilen und sagen, das ich weiß, dass er schuldig ist. Sowas muss bewiesen werden“, erklärt Bruns.

Angeklagter habe Beweis

„Ich habe einen Beweis“, entgegnet Arnold. Gespannt spitzen Staats- und Rechtsanwalt sowie der Richter die Ohren. „Mein Beweis ist: Ich weiß es einfach“, argumentiert der Schönebecker. Ja. Okay. Stichhaltig sei das eher nicht, macht Bruns klar.

Zur weiteren Aufklärung wird Enrico Radke in den Zeugenstand gerufen. Der 38-jährige Arbeitslose gibt an, dass er von Arnold sein Fahrrad wiederhaben wollte. Dann sei es vor dem Wohnblock zum Streit gekommen, weil Arnold ihm wiederum vorwarf, sein Fahrrad geklaut zu haben. „Er war kurz weg und kam dann mit Baseballschläger und Messer wieder raus. Mit dem Baseballschläger hat er mir auf die Hand geschlagen“, berichtet Radke. Als er dann weggelaufen ist, habe Arnold mit dem Schläger die Scheibe der Bushaltestelle zertrümmert, wobei aber auch der Schläger zu Bruck ging, so Radke.

Als er kurz darauf in Begleitung von Patrick Dullman erneut den Angeklagten aufsucht, sei dieser mit dem Messer auf sie zugekommen. „Als er auf uns losgegangen ist, hat er das Messer aber beiseite geworfen“, sagt Radke. Zudem erinnert sich Radke, dass der Angeklagte Dullmann angeschrien habe, er werde ihn umbringen.

Vorwürfe bestätigt

Auch die anschließende Befragung von Patrick Dullmann bestätigt die Vorwürfe, die Arnold anfangs bereits einräumt hat. Große Schäden habe er aber nicht erlitten, ergänzt Patrick Dullmann. „Er hat mir eine verpasst, ich habe ihm eine verpasst und dann war die Polizei ja auch schon da“, sagt der 29-jährige Zeuge.

In Anbetracht der vier Straftaten fordert der Staatsanwalt in seinem Plädoyer eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Entscheidende Frage sei aber noch: Bewährung oder nicht? „Außer Ihrem Geständnis spricht nichts für Sie. Sie sind vorbestraft und standen während der Tat sogar noch unter Bewährung. Sie scheinen keinerlei Hemmschwelle mehr zu haben, wenn Alkohol im Spiel ist“, so der Staatsanwalt. Er plädiert für eine Strafe ohne Bewährung.

Bewährung oder nicht?

Arnolds Verteidiger argumentiert dafür, die Strafe zur Bewährung auszusetzen: „Er hat sich hier geständig gezeigt. Außerdem hat er versucht sich bei den Geschädigten zu entschuldigen, was für ein reumütiges Verhalten spricht. Mein Mandant war durch den Alkohol erheblich enthemmt – er stand neben sich.“

„Ich sehe bei Ihnen keine Punkte, die mir sagen, dass Sie sich bessern“, sagt Richter Bruns zu Arnold. „Sie sind sehr aggressiv vorgegangen und standen sogar unter Bewährung. Erst drei Wochen vor der Tat waren sie zuletzt vor Gericht.“ Er verurteilt den Schönebecker zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten – ohne Bewährung. „Versuchen Sie das als einen Wendepunkt zu begreifen“, schließt Bruns.