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Crashkurs-Fleischproduktion Schweinezerlegung für Anfänger

Wie wird eigentlich ein Schwein fachgerecht zu Wurst verarbeitet? In der
PGH Fleisch- und Wurstwaren GmbH durften jetzt Köche der Region dem
Schlachtspezialisten bei der Arbeit über die Schulter schauen - und
natürlich auch das fertige Endprodukt probieren.

Von Julian Klevesath 27.11.2014, 01:07

Schönebeck l Alle Blicke sind auf Sven Kresse gerichtet. Der Geschäftsführer der PGH Fleisch- und Wurstwaren GmbH steht an der 120-Kilo-Kuttermaschine und erklärt seinen aufmerksamen Zuhörern, wie mithilfe des Sechser-Messerkopfes gemischtes Rinder- und Schweinefleisch zur beliebten Knobländer verarbeitet wird. "Ihren unverwechselbaren Geschmack bekommt die Wurst durch die Knoblauch- und Majoranwürze", verrät Kresse. "Im Anschluss wird sie in Schweinedärme abgefüllt, geräuchert und gegart."

Der Verein Magdeburger Köche hat zum Schnuppertag in die Fleischerei eingeladen, damit die Meister am Herd den Schlachtprofis live bei der Arbeit zuschauen können. Unter den Köchen sind auch Leonidas Zisiadis vom Restaurant Elbblick und Christoph Arend von der Bäckerei Gehrke in Magdeburg, der regelmäßig bei der Kulinarischen Nacht im Kurpark denKochlöffel schwingt. "Ich hab hier früher mal Praktikum gemacht", verrät er augenzwinkernd.

"Viele bekommen nur noch die Endstücke zu Gesicht."

Der Kontakt zur Fleischerei hat bis heute gehalten und es Arend und seinen Kollegen erst möglich gemacht, dabei zusehen zu dürfen, wie die Fleischer mit geübten Griffen das halbe Schwein zerlegen und anschließend weiterverarbeiten. "Herr Arend ist im Sommer auf mich zugekommen", erzählt Sven Kresse. "Nach einem Vorabbesuch wurde zügig der Termin vereinbart." Der 42-jährige ist seit 2006 Geschäftsführer der PGH, die momentan etwa 45 Mitarbeiter beschäftigt und über acht Filialen verfügt. "Wir werden jeden Tag frisch von Schlachthöfen und Zerlegebetrieben der Region beliefert, die wir dann zu unseren Fleisch- und Wurstspezialitäten weiterverarbeiten", so Kresse.

Um einen Einblick in diese Produktionsabläufe zu vermitteln, hat die PGH zur Freude der Köche ihre Tore geöffnet: "Heute, in Zeiten industrieller Fertigung, bekommen viele Lehrlinge doch nur noch die Endstücke zu Gesicht und verlieren so den Bezug zum Tier", klagt Hartmut Pohl, der früher als Chefkoch im Savarin in Magdeburg gearbeitet hat. "Wir wollen daher, dass die Köche mal wieder sehen, wie man ein Schwein schlachtet, wie Würste herstellt werden. Jeder sollte wissen, an welchem Körperteil sich welches Fleisch befindet."

Die Köche sollen dabei nicht nur eine Ahnung bekommen, wie man Bollwurst, Salami, Bockwurst oder Knobländer herstellt, sondern auch sehen, wie Fleisch in der Farbe oder Fett in der Struktur variiert, welche regionalen Unterschiede es im Geschmack allein durch das Würzen gibt. Ohnehin schmeckt die Wurst für jeden anders, wie Sven Kresse anmerkt. "Dem einen ist sie zu scharf, dem nächsten zu lasch, obwohl es die gleiche Charge ist." Die Köche dagegen zeigen sich bei der anschließenden Bockwurst-Verkostung durch die Bank begeistert vom fertigen Endprodukt. Auch Sven Kresse zieht ein positives Fazit: "Es hat Spaß gemacht und war schön etwas weitergeben zu können, durch den Austausch mit den Köchen habe ich aber genauso neue Dinge erfahren und lernen können."

Das Motto lautet: Jung lernt von Alt!

Im kommenden Jahr möchte der Verein Magdeburger Köche wieder einmal im Monat Veranstaltungen dieser Art anbieten. Unter dem neuen Präsident Sascha Oldenburg weht mittlerweile wieder ein frischer Wind durch den Verein. Der 27-jährige ist Koch im Ratswaage Hotel in Magdeburg und gewann jüngst für das Team Deutschland bei der FHA Culinary Challenge in Singapur die Silbermedaille. "Wir wollen den Beruf des Kochs wieder mehr in die Öffentlichkeit rücken und den jungen Köchen die Möglichkeit bieten, Kontakte zu knüpfen", sagt Pohl und Arend ergänzt: "Das Motto lautet: `Jung lernt von Alt` - wir möchten grade jüngeren Leuten wieder mehr Spaß am Kochen vermitteln."

Ein Konzept, das aufzugehen scheint. Momentan gibt es etwa 70 Mitglieder, Tendenz: steigend. Bei den Veranstaltungen kommen mitunter drei Generationen von Köchen zusammen. Weitere Angebote sind geplant - eventuell auch wieder in der PGH Fleisch und Wurstwaren GmbH. "Die Verbindung werden wir auf jeden Fall aufrechterhalten. Falls Interesse besteht, können wir für die Köche, die dieses Mal nicht kommen konnten, auch nochmal einen neuen Termin vereinbaren", lässt Kresse durchblicken. Doch nicht nur Fleischliebhaber sollen auf ihre Kosten kommen: Für 2015 ist beispielsweise eine Wildkräuterschulung im Wald geplant.