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Originelle Idee eines Barbyer Ehepaars, das Geburtstag und Geschäftsjubiläum feiert Schwergewichtige Gäste eignen sich gut für die "1050-Stadtfestspende"

10.08.2011, 04:25

Die 1050-Jahrfeier der Stadt Barby wirft ihre Schatten voraus. Sogar um den Spendenaufruf der Stadtverwaltung machen sich die Leute Gedanken. Wie eine Privatfeier beweist, die am vergangenen Sonnabend in der Breite stattfand.

Von Thomas Linßner

Barby. "95 Kilo, exakt! Ich kann als Eichgewicht gehen", strahlt Herzog-Heinrich-Schütze Günter Wolfram, als er von der Waage steigt. Er hatte sein Körpergewicht mit voller Montur weitsichtig vorhergesagt. Nach ihm unterziehen sich seine Kameraden und ein paar "Zivilisten" dieser Prozedur, die hinter ihm stehen und es scheinbar nicht erwarten können, gewogen zu werden.

"Das Gesamtgewicht wird dann von uns in Cent umgesetzt"

Ort dieser heiteren Szene ist der Hof der "Pension Zur Galerie" in der Breite. Ein paar vorbei spazierende Passanten nehmen dieses sonderbare Bild amüsiert wahr. Bei einer Familienfeier werden Personen gewogen? Wo gibts denn so was! Vielleicht noch vor dem Essen, nach dem Essen, oder wie, oder was ...

Gastgeberin Regine Bleich lächelt über soviel Neugier nachsichtig. "Ein Volksstimme-Interview mit Bürgermeister Jens Strube, in dem die Stadtverwaltung darum bittet, für die 1050-Jahrfeier zu spenden, hat uns auf eine Idee gebracht", sagt die 53-Jährige. Sie hatte als Pensionsinhaberin ebenso wie ihr Ehemann Otto, der ein Ingenieurbüro betreibt, gleich zwei dieser Bittbriefe erhalten. Und weil man spenden möchte, sei man auf eine originelle Idee gekommen:

In diesem Jahr feiern Pension und Ingenieurbüro 20-jähriges Betriebsjubiläum. Außerdem wurde Otto Bleich vor wenigen Tagen 60 Jahre alt. "Wir sind also zusammen 100", rechnet Regine Bleich vor. Wenn das kein Grund zum feiern ist.

"Wir wiegen bei der Geburtstagsparty alle Gäste. Das Gesamtgewicht wird dann von uns in Cent umgesetzt", erklärt Regine Bleich, die in ihrem ersten Berufsleben als Argrar-Ingenieurin arbeitete.

Auf einer Tafel stehen am Ende des Geburtstagsabends jede Menge Namen, dahinter das Körpergewicht.

"Und wie steht es mit dem Datenschutz? Hier kann ja jetzt jeder sehen, wieviel ich wiege", schmollt eine etwas korpulentere Dame. "Kein Problem. Wer nicht gewogen werden will, den schätzen wir", klärt die Gastgeberin auf.

Und noch ein Zahlen-Schmankerl bietet der Abend. "Der Schwergewichtigste wiegt 125, die Mittelmäßigste 54,4 und der Leichtfertigste 21,3 Kilogramm", stellt Otto Bleich vergnügt fest.

Insgesamt bringen die Hoffestgäste 5183,1 Kilogramm auf die Waage. Diese Summe wird dann mit der etwas abgewandelten Barbyer Jubiläumszahl 1,050 multipliziert. "Eigentlich müsste das Komma zwischen der 0 und der 5 stehen", wirft ein Gast spitzbübisch ein. Die Chefin geht auf diesen nicht ganz ernst gemeinten Vorschlag ein: "Insgesamt haben wir also 54,42 Euro erwogen. Ist eigentlich für unser Spendenziel wirklich ein bisschen wenig."

Sie überlegt: "Wir würden die Summe vervierfachen, müssten dazu aber noch eine logische Begründung finden."

Man merkt ihr an, dass das Zahlenspiel ihr Spaß macht.

Also viermal, das heißt: 20 Jahre Pension, 20 Jahre Ingenieurbüro, 60. Geburtstag und ... 90 Jahre ist das Grundstück in Familienbesitz. "Das sind dann 217,68 Euro. Ich denke, so könnte man es machen", ist Regine Bleich nach dieser Matheübung erleichtert.

Das Grundstück zwischen Stadtmauer und Breiter Straße hat übrigens eine interessante Geschichte. Laut Chronik soll sich hier eines der drei Barbyer Stifte befunden haben, wo man sich im späten Mittelalter um Hilfsbedürftige sorgte. Der Chronist nennt es "Stift der Elenden". Bei Schachtarbeiten fand Otto Bleich kürzlich eine gotische Giebelblume, die diese Theorie erhärtet. Dabei handelte es sich um den obersten Schmuck eines Giebels.