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Sterbehilfe Das sagen Pfarrer und Mediziner

Die Diskussion um die Sterbehilfe ist kontrovers. Die Volksstimme hat mit einem Schönebecker Pfarrer und mit der Ärztekammer gesprochen.

Von Paul Schulz 06.03.2020, 09:59

Schönebeck l Es gibt ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben. Das hat das Bundesverfassungsgericht kürzlich entschieden und damit den Paragrafen 217 im Strafgesetzbuch, der seit 2015 die geschäftsmäßige Sterbehilfe verbietet, für nichtig erklärt. Er verstoße gegen das Grundgesetz, so die Richter.

Die Ärztekammer Sachsen-Anhalt begrüßt, dass so Unsicherheiten für einzelne Ärzte beseitigt wurden. Außerdem bewertet es die Kammer als positiv, dass die Ärzte keine Verpflichtung zur Suizidhilfe trifft. Zudem steht für Tobias Brehme, Pressesprecher der Ärztekammer, fest: „Das Bundesverfassungsgericht hat zurecht die Entscheidungsautonomie der betroffenen Bürger in den Mittelpunkt gestellt.“

Kirchenvertreter sehen das Urteil zur Sterbehilfe hingegen kritisch. Der Schönebecker Pfarrer Johannes Beyer betrachtet die Diskussion aus zwei Perspektiven. „Als Mensch und ganz privat kann ich den Wunsch vieler Kranker und Sterbender nach einem selbstbestimmten und schmerzfreien Ende sehr gut verstehen. Es ist eine der Kehrseiten unserer modernen Medizin, dass der natürliche Sterbeprozess oft unterbrochen und sehr lange hinausgezögert wird. Das ist oft mit viel Leid für Betroffene und Angehörige verbunden“, teilt Beyer mit. Wenn also jemand den Suizid als letzten Ausweg für sich sieht, so dürfe er nicht dafür kriminalisiert werden.

Als Pfarrer verweise Beyer aber auf die Verlautbarungen der Kirche. So hat beispielsweise Friedrich Kramer, Landesbischof der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), gesagt, dass das Leben ein unverfügbares Gut ist, das den höchsten Schutz verdient. Außerdem sagt er, dass das Urteil die Tür dazu öffne, dass die Selbsttötung als normale Option für schwerkranke Menschen angesehen wird. „Das kann zur Folge haben, dass sich todkranke Menschen zu dieser Möglichkeit gedrängt fühlen“, so der Landesbischof.

Dass das nicht passieren darf, betont auch Tobias Brehme von der Ärztekammer: „Sterbende dürfen sich auch zukünftig nicht als Last verstehen oder entsprechenden Druck verspüren.“ Außerdem unterstreicht der Pressesprecher, dass mit dem Tod eines Patienten kein Kommerz verbunden sein sollte. Zudem sei es wichtig, dass Patienten vor einer Suizidhilfe umfassend beraten werden und zugleich eine ausreichende Palliativversorgung aller Patienten abgesichert bleibt, so Brehme.

Der Landesbischof formuliert es ähnlich: „Um todkranke Menschen in ihrem Sterbeprozess zu begleiten, ist vielmehr der weitere Ausbau der hospizlichen und palliativen Bereiche notwendig.“

Der Schönebecker Pfarrer Beyer sagt: „Der Verlust von Lebensqualität und Selbstbestimmung wird landläufig als unwürdig angesehen - das wiederum scheint die Legitimation zu sein, dem Leben ein Ende setzen zu dürfen.“ Daher sei es eine große und schwierige Aufgabe, auch für die Kirche, Menschen beim Sterben zu begleiten, statt ihnen zu helfen, das nicht mehr willkommene Leben abzukürzen, so Johannes Beyer.