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Streik Solidarität mit Krankenschwestern

Stadträte von Schönebeck und Staßfurt solidarisieren sich mit den streikenden Ameos-Beschäftigten.

Von Franziska Richter 21.12.2019, 05:06

Schönebeck/Staßfurt l Landrat Markus Bauer (SPD) hat die Machtlosigkeit der öffentlichen Hand gegenüber dem privaten Krankenhausbetreiber Ameos kritisiert. „Es ist für die künftige Entwicklung der stationären Gesundheitsversorgung im Salzlandkreis wichtig, auch Einfluss nehmen zu können“, so der Landrat. Das Landeskrankenhausgesetz gebe seiner Ansicht nach derzeit keine Möglichkeiten zur Intervention bei privaten Betreibern. Die Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) müsse nach Ansicht von Bauer daher eingreifen.

Momentan streiken die Beschäftigten an Ameos-Kliniken in Schönebeck, Staßfurt, Bernburg, Aschersleben und Haldensleben für eine Bezahlung nach dem öffentlichen Tarifvertrag. Der Ameos-Konzern, der die Kliniken 2012 vom Kreis übernommen hatte, verweigert jedoch Gespräche mit der Gewerkschaft Verdi und droht mit einem Abbau von bis zu 800 Arbeitsplätzen. Zuletzt wurden bereits 14 Mitarbeiter gekündigt.

Trotz der Drohungen kann Ameos nach Angaben des Salzlandkreises jedoch nicht völlig willkürlich Stationen schließen oder Personal entlassen. „Ameos ist verpflichtet, den Versorgungsauftrag im Umfang des jeweils geltenden Krankenhausplans zu erfüllen“, teilte Marko Jeschor, Sprecher des Salzlandkreises, auf Nachfrage der Volksstimme mit. Das Unternehmen habe mit dem Kauf der Kliniken vertragliche Verpflichtungen zur Aufrechterhaltung der stationären Versorgung übernommen. Das Unternehmen muss somit den gesetzlichen Versorgungsauftrag für den Salzlandkreis übernehmen. Ameos habe sich beim Kauf der Kliniken vom Salzlandkreis sogar dazu verpflichtet, das medizinische und pflegerische Leistungsniveau zu erhöhen.

Durch gesetzliche Mindestanforderungen ergeben sich auch Untergrenzen in Bezug auf Anzahl von Betten und Personalstärke, die Ameos einhalten muss. Welche konkreten Mindestvoraussetzungen der Krankenhausplan vorschreibt, teilte der Kreis nicht mit.

Für einen von der SPD und Linken angeregten Rückkauf oder eine Vergesellschaftung der Kliniken sieht der Salzlandkreis keinen Grund. „Solange Ameos seine vertraglichen Verpflichtung zur Sicherstellung der stationären Versorgung erfüllt, besteht keine Veranlassung“, so Marko Jeschor.

In einem solchen Fall wäre ein Rückkauf einfacher, weil das Verfahren bereits vertraglich geregelt wurde, als Ameos die Kliniken übernommen hat. Eine Vergesellschaftung nach dem Grundgesetz wäre hingegen aufwendiger. Der Kreissprecher gibt jedoch zu bedenken, dass eine Rückabwicklung des Kaufes enorme finanzielle Risiken bedeuteten würde. Schließlich waren die finanziellen Belastung in der Vergangenheit auch der Grund für die Privatisierung.

Zuletzt kamen auch wieder Gerüchte auf, wonach die Geburtenstation in Schönebeck geschlossen werden könnte. Hebammen berichteten von Drohungen des Arbeitgebers, auf die Einrichtung zu verzichten. Nach Angaben von Ameos gebe es „vorerst“ keine Pläne, die Geburtenstation zu schließen. Auch der Salzlandkreis geht nicht davon aus, dass eine „ersatzlose“ Schließung der Geburtenstation droht. Demnach sei die Station im Krankenhausplan des Landes festgeschrieben. Ohne eine Änderung dieses Plans könne die Station nicht geschlossen werden. Von Hebammen ist zu hören, dass sie bei Problemen bleiben möchten, um Geburten in Schönebeck zu ermöglichen.

Kritik am Ameos-Konzern kam auch aus Staßfurt. So forderte der Staßfurter Stadtratsvorsitzender Peter Rotter (CDU) von Ameos: „Die Arbeit der Angestellten verdient hohe Wertschätzung. Lassen Sie ihnen diese Wertschätzung zuteilwerden!“ Er bedauerte, dass das neue Jahr für die Beschäftigten Ungewissheit bringe und sprach ihnen im Namen des Stadtrats seine „tiefste Besorgnis über die Entwicklung in den letzten Tagen aus“.

Fristlose Kündigungen und Mitarbeiter unter Druck zu setzen, gefährde nicht nur den Betriebsfrieden, sondern auch die Gesundheitsversorgung. Rotter: „Ich fordere alle Beteiligten auf, diesen Prozess zu stoppen und eine zufriedenstellende Lösung herbeizuführen.“

Oberbürgermeister Sven Wagner (SPD) appelliere an Ameos, ein besseres Miteinander zu pflegen. „Die Streichung von Arbeitsplätzen ist ein Verlust für die Beschäftigten und die Patienten.“ Er forderte ein Zeichen von der Landesregierung. „Wertvolle Arbeit muss angemessen entlohnt werden“, so Sven Wagner. Die vier Standorte im Salzlandkreis müssten erhalten bleiben.

Aus dem Landkreis Harz hat der schweizer Ameos-Konzern derweil einen Brandbrief bekommen. Darin fordert Landrat Martin Skiebe (CDU) das Unternehmen auf, einen Fragenkatalog über die Zukunft der Klinik Halberstadt zu beantworten. Darin will der Landrat unter anderem wissen, inwieweit das Krankenhaus noch die Patientenversorgung sicherstellen und wie die Situation mit dem streikenden Personal wieder befriedet werden kann. Für die Beantwortung der Fragen hat Martin Skiebe eine Frist bis zum 30. Dezember gesetzt.

Die Schönebecker Stadträte, die am Donnerstagabend zur Sitzung zugegen waren, und Oberbürgermeister Bert Knoblauch (CDU) haben eine überparteiliche Resolution unterzeichnet. Die Erklärung richtet sich an die Ameos-Mitarbeiter. Der Schönebecker Stadtrat will  ihnen damit den Rücken stärken und sie ermutigen, stark zu bleiben. „Wir sind an Ihrer Seite und stehen hinter Ihnen. Wir brauchen ein gestärktes Krankenhaus in unserer Stadt. Motivierte Mitarbeiter mit einer anständigen Zukunftsaussicht. Gleiche und faire Löhne im Sinne der aktuellen Tarifentwicklungen", heißt es in dem Schreiben..

Dieses geht auf die Initiative von SPD-Stadtrat René Wölfer zurück. Er habe es in der Fraktion angeregt und nach Rücksprache mit dem Fraktionsvorsitzenden Frank Schiwek und der Stadtratsvorsitzenden Cornelia Ribbentrop (ebenfalls SPD) in Worte gefasst. „Wir als Fraktion respektieren die unternehmerische Verantwortung, Ameos soll stabil existieren können. Aber das Unternehmen soll auch auf die Leute achten, die den Motor darstellen", sagt René Wölfer gegenüber der Volksstimme. „Wir wollen nicht in Tarifverhandlungen eingreifen oder den Zeigefinger heben. Wir wollen den Mitarbeitern aber sagen: Leute, haltet durch! – Das ist alles, was wir als Stadträte tun können." Im Stadtrat haben Stadträte aller Fraktionen unterschrieben. „Für Schönebeck. Für unser Krankenhaus. Für Sie", heißt es abschließend

Die Erklärung mit den Unterschriften soll nun an die Gewerkschaft Verdi und an den Betriebsrat gehen. „Dann haben die Mitarbeiter sie in den Händen." In den Schreiben heißt es: „Im Ameos Klinikum Schönebeck und auch an anderen Standorten im Salzlandkreis wird gestreikt. Die Mitarbeiter kämpfen für höhere Löhne und eine faire Bezahlung. Fristlose Kündigungen werden ausgesprochen. Bedrohliche Mails werden verschickt. Das ist unmenschlich. So geht man nicht mit Mitarbeitern und Kollegen um ....  Leider fehlt dem Stadtrat von Schönebeck jeglicher politischer Gestaltungsspielraum im Krankenhausgeschehen in unserer Region. Uns sind in allen Belangen der Planungen und gesetzlichen Regelungen die Hände gebunden."

 

Ja, der Stadtrat habe keine direkte Einflussmöglichkeit, so Stadträtin Sabine Dirlich (Die Linke) in der Sitzung. „Aber als Stadtrat haben wir die Befugnis, uns zu äußern und so zu unterstützen." Sie schlägt vor, dass das städtische Fachgremium Soziales sich damit befasse und zum Beispiel Lars Timm, Geschäftsführer Ameos-Ost, einlade und befrage.