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Umfrage Zeugnis für den Oberbürgermeister

Die Parteien von Schönebeck bereiten sich auf die Oberbürgermeisterwahl vor. Wer soll es werden? Die Volksstimme hat sich umgehört.

Von Olaf Koch 06.02.2020, 02:01

Schönebeck l Da kann noch ein mächtiger Sturm auf Bert Knoblauch (CDU) zukommen. Es ist nur eine geografische Kleinigkeit in der Geschichte des Lebens des derzeitigen Oberbürgermeisters. Aber für manch anderen das Schönebecker Watergate: Ein Oberbürgermeister sollte in der Stadt wohnen, in der er arbeitet. Das zumindest fordern die Sozialdemokraten – im Moment noch still und leise. Aber umso näher der Wahltermin rückt, umso deutlicher können die Vorwürfe noch werden.

Die Schönebecker Bürger müssen sich darauf vorbereiten, dass es noch in diesem Jahr die Neuwahl des Oberbürgermeisters geben wird. Die Amtszeit von Bert Knoblauch endet gleich mit Beginn des nächsten Jahres. Wahrscheinlich ist der 11. Oktober der Wahltermin.

Unterdessen bereiten sich die Parteien mehr oder weniger aktiv auf dieses Datum vor. Die Volksstimme hat bei den sechs stärksten Parteien im Stadtrat nachgefragt: Wie beurteilen die die bisherige Arbeit von Oberbürgermeister Bert Knoblauch? Und wen wollen die Parteien zur Wahl im Oktober ins Rennen schicken?

Naturgemäß attestieren die Christdemokraten ihrem parteieigenen Oberbürgermeister eine gute Note nach sechs Jahren Arbeit im Rathaus. Noch vor einigen Jahren gab es innerhalb der CDU-Fraktion eine scharfe Opposition. Doch inzwischen konnten einige Stadträte wieder „auf Linie“ gebracht werden. „Wir sind mit der Amtszeit von Bert Knoblauch sehr zufrieden“, sagt der Fraktionsvorsitzende im Stadtrat Torsten Pillat.

Im nächsten Monat werden die Christdemokraten ihren Kandidaten küren, und nach jetzigem Stand ist davon auszugehen, dass das Bert Knoblauch werden wird.

Erinnern wir uns: Es war die SPD von Schönebeck, die vor Jahren den ersten Schritt in der breit aufgestellten Abwahl von Altbürgermeister Hans-Jürgen Haase gegangen ist. Bei der nachfolgenden Wahl kam der SPD-Kandidat aber nicht einmal in die Stichwahl. „Wir haben große Hoffnungen in eine neuen Politikstil im Rathaus gesetzt und Bert Knoblauch einen großen Vertrauensvorschuss gegeben. Dieser ist allerdings mittlerweile aufgebraucht“, teilt René Wölfer auf eine Anfrage der Volksstimme mit. Er könne jedoch mit kreativen Ideen, mit mehr Biss, mit mehr Empathie für die Bürger an Bord sein. „Schönebeck hat aus sich selbst heraus so viel zu bieten. Es muss nur besser verkauft werden, die einzelnen Teilbereiche sollten zu einem großen Puzzle zusammengebracht werden. Es fängt damit an, dass der Oberbürgermeister in seiner Stadt wohnen sollte“, gießt René Wölfer schon einmal einige Tropfen Öl ins Barby-Feuer.

Er verkündet: Selbstverständlich werden die sozialdemokratischen Genossen einen eigenen Kandidaten zur Oberbürgermeisterwahl aufstellen. Nach Informationen von Wölfer haben sich zwei Mitglieder bereiterklärt, sich dem Auswahlverfahren zu stellen. Namen wollte er der Volksstimme zum jetziger Zeitpunkt noch nicht nennen. Die Nominierung wird in einer Mitgliedervollversammlung Ende Februar/Anfang März stattfinden.

Müsste Thoralf Winkler von den Grünen dem Oberbürgermeister eine Schulnote geben, dann würde es eine „2“ werden. Der Fraktionsvorsitzende schätzt ein, dass Knoblauch mit der Amtsübernahme eine schwierige Lage vorgefunden habe. „Er macht es aber nicht schlecht. Viel besser wäre es aber noch, wenn er nicht nur den Blick auf die Kernstadt hat sondern auch auf die ostelbischen Gebiete“, kritisiert Thoralf Winkler.

Wenngleich er dem Oberbürgermeister eine gute Beurteilung gibt, schließt das nicht aus, dass die Grünen zu Wahl einen eigenen Kandidaten aufstellen werden. „Im Moment sieht es aber nicht danach aus“, sagt Winkler. Seine Partei macht eine Nominierung eines Kandidaten davon abhängig, ob die anderen Parteien Bewerber zur Wahl antreten lassen.

Einen Vergleich zieht Sabine Dirlich (Die Linke). Sie findet, dass Bert Knoblauch in seiner Ansprache und Umgang mit den Bürgern ein ganz anderer als sein Vorgänger ist. „Er ‚bürgermeistert‘ tatsächlich und versucht, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen“, schätzt die Genossin aus Schönebeck ein.

Doch leider, so Sabine Dirlich, versinke Knoblauch mit den Arbeitsjahren im „Verwaltungskram“. „Was ich damit sagen will: Es ging alle sehr schnell, um uns zu sagen, warum etwas nicht geht. Mir fehlt der Mut, sich auch mal laut gegen die Landespolitik zu äußern“, schreibt die Linke-Fraktionsvorsitzende dem Oberbürgermeister ins Zwischenzeugnis.

Weit aus der Deckung mit einem eigenen Kandidaten, will sich die Linke im Moment nicht wagen: weil sie auch keinen hat. Sollten andere Parteien Anwärter aufstellen, werde die Linke genau analysieren, wie viele Schnittmengen es mit ihren politischen Vorstellungen gibt und dann eventuell einen Kandidaten unterstützen.

Die Liberalen bescheinigen Bert Knoblauch eine sehr gute Arbeit. Er stehe im Stadtrat immer Rede und Antwort, ist bürgernah und präsent. „Was ich mir jedoch wünsche, ist, dass Anfragen schneller als bisher beantwortet werden“, sagt Thomas Mogge. Ob die FDP einen eigenen Kandidaten zur Wahl ins Rennen schicken wird, steht noch nicht fest. Darüber wird sich demnächst die Mitgliederversammlung Gedanken machen müssen. Und eine Unterstützung eines parteifremden Kandidaten? „Das hängt davon ab, wer das sein wird“, erklärt Mogge.

Kein gutes Zeugnis stellt die AfD dem Amtsinhaber aus. Wie Olaf Ziem mitteilt, sei abzusehen, auch aus innenpolitischen Zwängen heraus, dass der Oberbürgermeister die aktuelle Haushaltskonsolidierung für die Stadt nicht schaffen werde. „Er geht überhaupt nicht die Ursache dieser seit 2010 akuten geldlichen Schieflage an. Die Ursache ist die penetrante Steuerverschwendung auf Landes- und Bundesebene“, so Ziem. Auf jeden Fall wird die AfD „ihren Wahlauftrag“ erfüllen und einen Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl aufstellen. „Wenn es soweit ist, wird die Öffentlichkeit informiert.“ Ein Kandidat steht heute noch nicht fest.

Nach der Wahl ist vor der Wahl. Sollte einer der unterlegenen Kandidaten zur Oberbürgermeisterwahl Ambitionen auf größere Aufgaben haben, dem dürfte das Superwahljahr 2021 gerade recht kommen. Dann nämlich stehen gleich drei große Entscheidungen ins Haus: die Landratswahl (vermutlich im Frühjahr), die Landtagswahl (Termin ist am 6. Juni 2021) und die Bundestagswahl im Herbst 2021.