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Umleitung Staubpiste zerrt an Nerven und Autoteilen

Der Salzlandkreis erneuert die Kreisstraße bei Tornitz/Werkleitz. Der Umleitungsverkehr verläuft über ausgebaute Feldwege.

Von Thomas Linßner 26.06.2020, 01:01

Tornitz/Werkleitz l „Es ist nicht mehr feierlich, wie unsere Autos unter dieser Kalkschotterpiste leiden“, schimpft Andreas Miethner aus Calbe. Wie viele seiner Kollegen fährt er täglich zur Arbeit im Metallbau Henschel. Die provisorische Umleitungsstrecke staubt nicht nur extrem, sie rüttelt auch, als würde man über eine Testanlage für Stoßdämpfer fahren. „Das Zeug setzt sich in jede Ritze des Fahrzeugs, die Luft- und Pollenfilter sind zu und wir mit den Nerven am Ende.“

Und in der Tat: Wer aktuell regelmäßig nach Tornitz, Werkleitz oder zur Saalefähre fährt, braucht ein dickes Fell und am besten einen Geländewagen. Denn die Teile „normaler“ Pkw verschleißen schneller als üblich. Das bestätigen auch die Werkstätten, bei denen jetzt überdurchschnittlich mehr Kunden aus dem Doppeldorf vorstellig werden. Laut dem Barbyer Kfz-Meister Uwe Rust wechselt er die Luft- und Pollenfilter in der Regel bei jedem zweiten Ölwechsel aus. Werden Schotterstaub geplagte Autos gebracht, ist das jedes Mal der Fall. Zudem verschleißen die Bremsscheiben und -klötze deutlich schneller als sonst. „Wechselt man die Filter nicht, steigt der Kraftstoffverbrauch“, sagt Rust. Er hält ein paar Bremsklötzer in der Hand, die wie die „Kanäle“ auf der Mars-oberfläche aussehen.

Wer bei Henschel oder anderswo in Tornitz/Werkleitz arbeitet, ist schon von weitem erkennbar. „Die Leute fahren mit ihren Autos gar nicht mehr durch die Waschanlage. Ist raus geschmissenes Geld und sowieso sinnlos“, grollt Andreas Miethner. Der Kragen platzte ihm am Mittwoch, als plötzlich die Straße zwischen Tornitz und Werkleitz aufgerissen wurde. „Offiziell kommen die Tornitzer jetzt nicht mehr in ihr Dorf.“ Denn die Umleitung führte über den Stahlbau Henschel bis zum Ortseingang. Eben da ist die Straße abgesperrt.

Wie also kommt man jetzt ins Dorf, will man nicht illegaler Weise über den Barbyer Holländerweg fahren? Wo die Polizei in den vergangenen Wochen hier doch so manches Knöllchen verteilte.

Können Ortskundige nicht über den Weg an der Feldscheune vorbei fahren? „Darf man ja nicht, der ist doch gesperrt“, so Miethner. Doch jetzt wurden die Sperrbaken beiseite geräumt.

So weit, so gut. Was aber fehlt, ist ein Wegweiser. Fremde fahren in die Falle bei Henschel. Siehe oben.

„Das ist sowieso ein Ding mit der Ausschilderung. Da steht Rosenburg drauf und nicht Tornitz“, sagt Andreas Miethner. Vor allem ausländische Lieferanten und Kunden der Stahlbaufirma kämen bei dieser Fahrerei regelmäßig ins Schwitzen. Da hilft auch kein Navi, weil es über Feldwege geht.

Bleibt die Frage, warum nicht der modern ausgebaute Werkleitzer Weg (am Holländer Barby) genutzt werden darf?

Wie Tornitz‘ Ortsbürgermeister und Metallbau-Chef Eckhard Henschel sagt, sei der Werkleitzer Weg in der Vergangenheit „schon immer“ die klassische Umleitungsstrecke für das Doppeldorf gewesen.

Diese Frage beantwortet Barbys Bürgermeister Torsten Reinharz, der weiter ausholen muss: Als es vor zwei Jahren in Vorbereitung der Kreisstraßensanierung Gespräche gab, sei der Werkleitzer Weg keine Option gewesen. Der Landesbetrieb für Hochwasserschutz (LHW) kündigte damals eine Deichsanierung an. Deswegen stimmte der LHW der Umleitungsstrecke am Deichfuß nicht zu. Diese Baustelle wurde allerdings zeitlich verschoben. Aktuell hätten die Deichverantwortlichen mit der Umleitungsstrecke aber kein Problem.

Torsten Reinharz ist wenig amüsiert darüber, wenn der Stadt jetzt der Schwarze Peter zugeschoben wird. Er stellt erstmal klar, dass die Tornitzer Straßensanierung eine Baustelle des Salzlandkreises und nicht der Stadt Barby ist. Dementsprechend sei auch die rechtliche Verantwortung. Er räumt ein, dass der Betonstreifenweg vom „Holländer“ nach Tornitz eine machbare Alternative zur Staubpiste wäre. Der Linienbus bekam ja auch eine Genehmigung im Einbahnverkehr dort entlang zu fahren. Doch der springende Punkt sei: Wer kommt für die Schäden auf, die durch einen eventuellen Umleitungsverkehr verursacht werden? Nach Reinharz‘ Erfahrung würde es bei einer Freigabe des Weges nicht bei Pkw und Krafträdern bleiben. Wenn Lkw dort lang rollen und sich vielleicht noch begegnen, könnte die neue Piste Schaden nehmen. „Wenn mir zugesichert wird, dass eventuelle Schäden nach Abschluss der Arbeiten behoben und finanziert werden, hätten wir nichts dagegen“, so Reinharz. Doch damit könnte kaum gerechnet werden.

In der zuständigen Behörde des Salzlandkreises kennt man das Problem. Hier wurde gestern darüber beraten, ob wenigstens ein Wasserwagen die extreme Staubbelastung mindern kann. Das Ergebnis: Der Wasserwagen soll bei Bedarf auf der vier Kilometer langen Strecke zum Einsatz kommen.