Spurensuche (Un)vergessene Katharina

Studentin Nadine Vehling recherchiert zum Leben der Künstlerin Katharina Heise aus Schönebeck.

Von Ulrich Meinhard 20.12.2017, 00:01

Schönebeck l Spurensuche im Salzlandmuseum. Dafür kommt Nadine Vehling in die Provinz. Die 26-Jährige studiert an der Freien Universität in Berlin. Für ihre Masterarbeit will sie eine Schönebeckerin aus dem Dunkel der Geschichte holen: Katharina Heise. Die im damaligen Groß Salze geborene Künstlerin ist sowohl in ihrer Heimatstadt als auch national fast vergessen. Wohlgemerkt: fast. Immer wieder in den vergangenen Jahrzehnten stießen Menschen auf ihr Werk. Immer wieder ist an diese Frau erinnert worden - auch in Schönebeck. Und doch gehört sie nach wie vor zu den vergessenen deutschen Künstlern. Genau denen hat sich Nadine Vehling angenommen für ihre studentische Abschlussarbeit.

Es hat sich einiges verändert seit Katharinas Zeiten. Zum Beispiel die Qualität und die Größe von Fotografien. Das Salzlandmuseum verfügt über eine Fülle von Ablichtungen aus den Lebenstagen der Künstlerin - aber die meisten sind schwarz-weiß, inzwischen verblasst und von einem winzigen Format. Aber immerhin.

Katharina Heise, weiß der wissenschaftliche Mitarbeiter des Salzlandmuseums, Frank Löbig, hat zum Ende ihres Lebens verfügt, sämtliches Material, das mit ihr zu tun hatte, zu verbrennen: Briefe, Tagebuchaufzeichnungen, Skizzen, Bilder... Einer ihrer Freunde hat sich nicht daran gehalten, nämlich der Schönebecker Künstler Hans Helmbrecht. Ihm verdankt die Nachwelt - und in dem Fall Nadine Vehling - eine gewisse Fülle an Material. Das legt Zeugnis ab von einer Frau, die, wie die Studentin weiß, „dabei war und dazugehört hat“. Will heißen: Katharina Heise darf getrost genannt werden in einem Atemzug mit Größen wie Käthe Kollwitz, Otto Nagel, Max Liebermann und Lovis Corinth. Bei bedeutenden Ausstellungen in den 1920er Jahren waren ihre Werke (Gemälde oder Skulpturen) oft vertreten. Sie hatte Kontakt mit dem Schriftsteller Heinrich Mann und anderen Autoren. Diese Schönebecker Frau war Teil der damaligen deutschen Kunstszene. Allerdings präsentierte sie ihre Werke bis 1931 zumeist unter dem Pseudonym Karl Luis Heinrich-Salze, was einfach der Tatsache geschuldet war, dass Frauen in der von Männern dominierten Kunstwelt einen schweren Stand hatten.

Deshalb ist Frank Löbig angetan von Ausstellungen wie „Sturm-Frauen“, die jüngst in Frankfurt/Main gezeigt worden ist und ihren Schwerpunkt legte auf das (beeindruckende) bildnerische Schaffen von Frauen in den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts.

Und Schönebeck, wird Frank Löbig nicht müde zu betonen, hat noch eine zweite bedeutende Künstlerin zu bieten, die der Vergessenheit (fast) anheim gefallen ist: Katharinas Schwester Annemarie. „Ich habe versucht, Frau Vehling auf Annemarie Heise aufmerksam zu machen. Aber sie will sich ganz auf Katharina konzentrieren“, akzeptiert Löbig die Entscheidung.

Und erschließt sich denn schon ein Lebens-Bild von Katharina? „Ja. Aber es gibt noch viele Stellen, an denen ich noch genauer hinschauen muss. Vor allem was die Zeit nach 1933 betrifft“, sagt die gebürtige Hannoveranerin. Deshalb wird sie wohl nicht das letzte Mal in Schönebeck auf Spurensuche gewesen sein. Jetzt führt ihr Weg erst einmal nach Halle/Saale in die Moritzburg. Auch dort gibt es Material über Katharina Heise.