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Prozess Urteil im Missbrauchsfall

Ein Schönebecker hat sich an seiner achtjährigen Nichte vergangenen und die Taten fotografiert.

Von Jan Iven 02.06.2019, 16:16

Schönebeck l In einer Verhandlungspause schickte der Richter den Angeklagten noch einmal schnell nach Hause, um ein paar persönliche Sachen zu holen. Denn beim Prozess- auftakt war schnell klar, dass der 58-jährige Schönebecker nach dem Urteil direkt ins Gefängnis gebracht würde. Dem Mann wurde am Mittwoch am Amtsgericht Schönebeck der Prozess wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes gemacht. Wie sich im Laufe der Gerichtsverhandlung bestätigte, war der Mann im vergangenen Jahr zwei Mal übergriffig gegenüber seiner Nichte geworden.

So hatte das achtjährige Mädchen im September und Oktober 2018 zwei Mal bei dem Angeklagten übernachtet und mit ihm auf einer Couch geschlafen. Bei der Gelegenheit hatte der Mann seine Nichte ausgezogen, sie am ganzen Körper berührt und sich nackt an ihr gerieben. Zudem fertigte er von den Taten Fotos an. Seine Lebensgefährtin und sein Neffe hatten unterdessen im Schlafzimmer nebenan übernachtet. Zudem war der Angeklagte mit dem Mädchen baden gewesen und hatte bei der Gelegenheit Nacktfotos von ihm in unangemessenen Posen angefertigt.

Aufgeflogen waren die Taten schließlich, als der Angeklagte die Fotos in einem Drogeriemarkt entwickeln ließ. Die Mitarbeiter vermuteten aufgrund der merkwürdigen Bilder eine Straftat und meldeten sich bei der Polizei. Zwar konnte der Kunde zunächst nicht zurück verfolgt werden. Eine Mitarbeiterin erkannte den Mann jedoch später auf der Straße wieder. Sie verständigte die Polizei, die den Mann schließlich festnahm.

Nach seiner Festnahme gestand der Angeklagte beide Taten relativ schnell. Vor Gericht sagte er aus, dass ihm bei der Festnahme ein Stein vom Herzen gefallen sei, weil die Straftaten, die ihm leid täten, nun bekannt sein. Er gestand dabei sämtliche Handlungen, die ihm die Staatsanwaltschaft vorwarf. Eine Aussage des Kindes vor Gericht konnte somit verhindert werden. Details lieferte vor Gericht noch einmal eine Polizeibeamtin, die auf die Aufdeckung von sexuellem Missbrauch von Kindern spezialisiert ist und die das Mädchen vernommen hatte.

Doch die Erleichterung über die Entdeckung der Straftaten nahm der Richter am Amtsgericht Schönebeck dem Angeklagten nicht so richtig ab. Denn der Mann war bereits vor 20 Jahren wegen sexuellen Missbrauchs seiner damals acht Jahre alten Stieftochter zu einer Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt worden. Dahinter stecke offenbar ein Muster, selbst wenn die Tat schon lange her ist, so der Richter. Der Angeklagte bestritt jedoch, dass er pädophil sei. Der Richter machte dem Angeklagten noch einmal sehr deutlich, dass Geschädigte nach einem sexuellen Missbrauch oft Schwierigkeiten in Beziehungen hätten. Zudem hätte der Angeklagte wegen seiner Neigungen ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen, so der Richter. Dies habe er allerdings versäumt.

Für Unverständnis sorgte zudem, dass die Mutter ihre Tochter bei ihrem Onkel übernachten ließ, obwohl sie von seinen Vorstrafen gewusst haben soll. Irritiert zeigte sich der Richter zudem darüber, dass das Landgericht Magdeburg den Haftbefehl gegen den Mann ausgesetzt hatte und er zuletzt in Freiheit gelebt hatte. Denn offenbar sei der Mann eine Sicherheitsrisiko für die Allgemeinheit.

Das Landgericht Magdeburg hatte den Angeklagten jedoch bereits im April gegen Auflagen wieder aus der Untersuchungshaft entlassen. Der Angeklagte bedauerte die Taten und betonte, dass er die schlimmste Strafe bereits erhalten habe, da sich alle Verwandten von ihm abgewandt hätten. Jede Strafe des Amtsgerichts Schönebeck‘ werde er akzeptieren.

Das Schöffengericht am Amtsgericht Schönebeck verurteilte den Mann schließlich zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Zu Lasten des Mannes sprachen dabei seine einschlägige Vorstrafe sowie weitere Vorstrafen wegen Diebstahl. Strafverschärfend kam hinzu, dass das Kind mit acht Jahren sehr jung war und damit auch jünger als die Altersschutzgrenze von 14 Jahren. Die Geschädigte stand zudem in einem Vertrauensverhältnis zum Angeklagten, was dieser ausgenutzt habe. Das Schöffengericht stufte die Straftaten zudem strafverschärfend als beischlafähnliche Handlungen ein .

Positiv wurde das umfassende Geständnis des Angeklagten gewertet, das dem Kind eine Aussage vor Gericht erspart hat. Die Staatsanwaltschaft hatte ebenfalls für eine Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten plädiert. Der Anwalt des Angeklagten hatte um ein mildes Urteil und eine Bewährungsstrafe gebeten. Wobei eine Bewährungsstrafe nur bei einer Haftstrafe von bis zu zwei Jahren möglich gewesen wäre. Der Richter setzte den Haftbefehl noch im Gerichtssaal wieder in Kraft. Der Angeklagte wurde noch im Amtsgericht Schönebeck festgenommen und in eine Justizvollzugsanstalt überstellt.