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Verkehrsunfall Geisterfahrer auf der neuen Autobahn 36

Ein Geisterfahrer hat auf der neuen Autobahn 36 bei Güsten für einen schweren Verkehrsunfall verursacht.

Von Andreas Mangiras 30.01.2019, 00:00

Güsten l Der Montag hätte ein rabenschwarzer Tag werden können. Auf der zur Autobahn 36 hochgestuften früheren Bundesstraße 6n hat ein Geisterfahrer – polizeisprachlich Falschfahrer – einen Unfall verursacht. Der Autofahrer aus dem Salzlandkreis war an der neuen Anschlussstelle Güsten in Richtung Harz und Niedersachsen hinaufgefahren. Doch oben - beim Wechseln auf die Fahrspur - bog der Mann nach links ab - in den Gegenverkehr.

Dort fuhr der 88-jährige Skodafahrer frontal auf einen VW zu. Nur mit einer blitzschnellen Reaktion konnte dessen 30-jähriger Fahrer aus Calbe eine Katastrophe verhindern. Er riss sein Fahrzeug nach rechts. Beide Autos streiften sich noch seitlich.

Beide Unfallbeteiligte blieben unverletzt, teilte Doreen Günther, Pressesprecherin des Autobahnpolizeireviers Börde, mit. Zum Glück wurde Nachfolgeverkehr nicht in den Unfall verwickelt. Die Autobahn blieb in Richtung Harz für rund eineinhalb Stunden gesperrt. Den Gesamtschaden beim Unfall bezifferte die Polizeisprecherin auf rund 12.000 Euro.

 

Der Geisterfahrer musste noch am Unfallort seinen Führerschein abgeben. Bisher sei unklar, warum der Senior so gefahren sei, so die Polizistin. Alkohol oder Drogen seien nicht im Spiel gewesen. „Er wird sich vor Gericht verantworten müssen."

An einer Debatte, dass das hohe Alter des Unfallverursachers eine Rolle für den Fahrfehler und die lebensgefährliche Geisterfahrt spielen könnte, will sich die Polizeisprecherin nicht beteiligen. Sie verwies auf die Gesetzeslage. Demnach müssen Berufskraftfahrer regelmäßig ihre Fahrtauglichkeit überprüfen lassen. Für den privaten Führerscheininhaber gelte dies nicht. Das erhöhe die Eigenverantwortung der Fahrer einzuschätzen, ob sie noch fit genug fürs Autofahren seien.

Das letzte schwere Unglück, das ein Geisterfahrer auf A 2, A 14 und A 36, dem Verantwortungsbereich des Autobahnpolizeireviers Börde, verursachte, ereignete sich Anfang Mai 2018 bei Alleringersleben (Börde). Bei dem Zusammenprall auf der A 2 starben eine 27-jährige schwangere Frau und der 34-jährige Geisterfahrer. Der 27-jährige Ehemann wurde schwer verletzt.

Derartige Katastrophen seien zum Glück selten, betonte die Polizeisprecherin. Komme jemand in eine solche Situation, müsse alles sehr schnell gehen. „Es sind Sekundenentscheidungen." Sie verweist auf den Verkehrsfunk. „Meldungen mit Falschfahrern sollten sehr ernst genommen werden." Dann sollte man soweit rechts und so langsam wie möglich fahren, bis Polizeikräfte die Gefahrensituation entschärft hätten und es Entwarnung gebe.

Lassen sich Geisterfahrten vermeiden? Das scheint schwer einschätzbar zu sein. „Ausschilderungen und Fahrbahnmarkierungen sind in unserem Bereich in gutem Zustand", schätzt die Polizeisprecherin ein. Vieles hänge eben auch von der Verfassung des Fahrers ab, die einen solchen Fahrfehler begünstigen könnten.

Das bestätigt auch Uwe Langkammer, Präsident der Landesstraßenbaubehörde. „Die Anschlussstelle in Güsten ist eine ganz klassische wie tausende andere im Land." Markierungen und Ausschilderungen seien vorhanden. Dass der Unfall glimpflich ausgegangen sei, dazu habe vor allem die schnelle Reaktion des Calbensers, aber auch das am Nachmittag noch geringe Verkehrsaufkommen beigetragen. „Im Berufsverkehr wäre das nicht auszudenken gewesen", so Langkammer.

Was tun, wenn man selbst diesen Fehler begeht? „Wenden geht gar nicht, aber man muss versuchen, so schnell wie möglich auf den Standstreifen zu kommen", sagt Gerhard Wolter, Kreisvorsitzender des Autoclubs Europa (ACE) für die Region Sachsen-Anhalt-West. Er rät dazu, dauerhaft mit Lichthupe zu warnen, Warnblinkanlage anzuschalten und ganz langsam zu fahren, bis sich eine Lücke ergebe, um auf den Standstreifen zu kommen.

In einer Debatte um das Alter des Fahrers sieht Wolter „einen ganz heiklen Punkt". Den Alten werde vorgeworfen, sie wären nicht mehr fahrtüchtig. Den Jungen halte man vor, sie würden rasen und Drogen nehmen. Wolter sieht in der Frage dennoch die Politik in der Verantwortung. „Der Gesetzgeber sollte eine Untersuchung auf Fahrtüchtigkeit ab 70 Jahre einführen."