Martin Elke macht sich beim Geocaching täglich auf die Suche nach kleinen Schätzen Vorsicht vor "Muggeln" bei der Schnitzeljagd
Durch Tunnel kriechen, auf Bäume klettern - Martin Elke hat ein ungewöhnliches Hobby. Geocaching nennt es sich. Das ist eine Art Schnitzeljagd mit GPS-Gerät. Dass kaum jemand etwas über diese Freizeitbeschäftigung weiß, ist Absicht.
Schönebeck l Zentimeter für Zentimeter tastet Martin Elke die Wände des kleinen Tunnels ab, in dem er hockt. "Irgendwo muss er doch sein", murmelt er. Der 30-Jährige sucht einen Hinweis. Wie der genau aussieht, weiß er nicht. Eine Filmdose könnte es sein, oder ein Zettel, der in einer Ritze steckt. Die geografischen Koordinaten auf seinem GPS-Gerät haben den Schönebecker unter diese Brücke geführt. Irgendwo dort wird verraten, wie Martin zu seinem Cache gelangt - einem kleinen Schatz. Deren materieller Wert strebt gegen Null. Doch der junge Mann ist trotzdem Feuer und Flamme für das Suchspiel namens Geocaching.
"80 oder 90 Stück gibt es in Schönebeck bestimmt."
Versteckt wurden die Schätze von Gleichgesinnten. Die dazugehörigen Hinweise - manchmal sind es nur die Koordinaten des Verstecks, manchmal auch komplexe Rätsel - findet man auf der bekanntesten Internetseite für Geocacher: www.geocaching.com.
Wer glaubt, in Schönebeck gäbe es nur wenige der kleinen Schätze, der irrt: "80 oder 90 sind es bestimmt", sagt Martin Elke. "Der erste war lange allein. Aber in den letzten Jahren ist das Hobby in Schönebeck immer beliebter geworden." Er selbst hat sie fast alle schon gefunden. Kein Wunder: "Ich bin jeden Tag unterwegs", erzählt er stolz. "Das ist ein prima Ausgleich zur Arbeit." Denn mit Suchaktionen an frischer Luft hat sein Job so viel zu tun wie das Dachdecken mit dem Friseurberuf. Der 30-Jährige arbeitet bei der Oberfinanzdirektion in Magdeburg.
Und wie ist er auf die Idee gekommen? "Interessiert hat mich das schon lange", sagt er. "Aber früher hatte ich keine Zeit, weil ich American Football gespielt habe." Als er eines Tages damit aufhörte, musste ein neues Hobby her. So tauschte er Football-Helm gegen GPS-Gerät.
Seit einem halben Jahr ist er nun schon im Geocaching-Dauer-Fieber. Unter der Woche zieht der Schönebecker in der Umgebung los, etwa in Magdeburg oder Randau. Am Wochenende ist er meist mit Freunden unterwegs, dann geht es auch mal weiter weg. "Wir sind auch schonmal extra nach Hamburg gefahren", erzählt Martin Elke.
Dass kaum jemand von den Schönebecker Schätzen weiß, ist Absicht. "Geocachen lebt davon, dass es im Geheimen stattfindet", erklärt Martin Elke. Warum? "Die Caches werden leider oft geklaut." Deshalb wirken Geocacher manchmal, als würden sie von Polizei oder Kriminellen gejagt: Ständig blicken sie sich um. Auf keinen Fall darf sie ein "Muggel" beobachten. Ja, genau, "Muggel" - wie bei "Harry Potter". "Wir bezeichnen so Außenstehende", erklärt Martin Elke lachend.
"Geocaching lebt davon, dass es im Geheimen stattfindet."
Wer mit dem Geocachen anfangen will, braucht im Prinzip nur ein GPS-Gerät. "Das gibt es gebraucht schon für 60 Euro", erzählt Martin Elke. "Ein Smartphone tut es meist auch, wenn man dort Koordinaten eingeben kann."
Für Spezialisten gibt es auch Verstecke, die bestimme Ausrüstung erfordern: "Ich habe in meinem Auto immer einen Klettergurt", erklärt der 30-Jährige. "Für den Fall, dass ich mal auf einen Baum klettern muss."
Für solche Fälle braucht er natürlich einen zweiten Mann. "Genau wie bei Nachtcaches." Denn bei manchen Verstecken sind die Hinweise nur im Dunkeln zu sehen - etwa, weil es Reflektoren an Bäumen sind. "Und die gibt es wiederum eher im Wald. Wenn man sich dort nachts allein den Fuß verknackst, hat man ein Problem."
Außer in Bäumen sind die kleinen Schätze an allerlei anderen Orten zu finden: In einem Gebüsch etwa, oder unter einem Stein. "Ich hatte sogar mal einen in einer Regentonne. Der Kreativität sind da keine Grenzen gesetzt."
Kritiker werfen Geocachern vor, durch ihre Suche in die Natur einzugreifen. Was entgegnet Martin solchen Menschen? "Wir hinterlassen alles so, wie wir es vorgefunden haben." Das Motto lautet: Leave nothing but a footprint - hinterlasse nichts außer einen Fußabdruck. "Es gibt sogar Aktionen, in denen wir in der Natur aufräumen." Damit die Caches nicht an illegalen versteckt werden, überprüfen Revisoren die Standorte, die im Internet angegeben werden - etwa darauf, dass sie sich nicht auf Privatgrundstücken befinden. Erst dann werden sie im Internet freigeschalten.
An diesem Tag findet Martin Elke seinen Cache übrigens nicht. "So etwas wurmt mich immer", erzählt er. "Einmal habe ich geschlagene vier Stunden auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt nach einem Cache gesucht."
"Es gibt hier noch viel außergewöhnlichere Verstecke."
Zum Zeigen birgt er dann aber noch einen Schatz, den er bereits gehoben hat: In einer kleinen Filmdose kommen ein Stift und ein Logbuch zum Vorschein. In dieser Zettel-Sammlung tragen die Cacher Datum und Uhrzeit der Bergung ein, sowie ihren Cachernamen - Martin behält seinen für sich. Der Cache steckt übrigens an einer Werbetafel. "In Schönebeck gibt es noch viel außergewöhnlichere Verstecke", sagt er mit glänzenden Augen. "Aber die verrate ich natürlich nicht."