Pfarrer Thomas Thorak bringt Licht ins Dunkel einer Leserfrage Wann und warum läuten die Kirchenglocken?
Schönebeck. Die Glocken der Schönebecker St.-Marienkirche beschäftigen unseren Leser Henry Arndt. "Anscheinend bei jeder Gelegenheit" würden sie läuten, schrieb der Anwohner an die Volksstimme. "Für mich ist das Krach und ich frage mich nach dem Sinn des Läutens. Früher war das mal gut, wenn es um Feuer oder Überfälle ging, heute hat man da doch andere Möglichkeiten", rätselte er in seiner E-Mail. "Oder ist das für die Kirchgänger gedacht? Ich habe sehr oberflächlich versucht, ein Muster zu erkennen, meine Erfolge sind allerdings mäßig."
Dr. Thomas Thorak, Pfarrer in der katholischen Gemeinde St. Marien, bringt Licht ins Dunkel der Muster-Frage: "Ein Sinn des Läutens ist es, zum Gottesdienst einzuladen – also immer sonntags und zum Beispiel bei Trauungsgottesdiensten", erzählt er. Pfarrer Thorak führt noch einen zweiten Zweck an. Der erklärt, warum die Eisengebilde auch unter der Woche oft zu hören sind: "Jeden Tag um 12 und um 18 Uhr läuten die Kirchenglocken, um an die Gebetszeiten zu erinnnern", erzählt er. "Zu diesen Zeiten beten wir das ¿Engel des Herrn‘. Es erinnert an die Botschaft, in der der Engel Maria die Menschwerdung Gottes verkündet."
Das Läuten zum Gebet gebe es nicht nur in katholischen, sondern auch in evangelischen Kirchen. "Die Tradition ist schon Jahrhunderte alt. Früher haben die Glocken sogar zusätzlich morgens um 6 Uhr zum Engel des Herrn gerufen", erzählt der Pfarrer.
Was Henry Arndt zur früheren Funktion des Kirchenglockenläutens schrieb, bestätigt der Pfarrer. "Damals gab es für jeden Anlass ein bestimmtes Läuten – zum Beispiel bei einem Überfall oder wenn jemand gestorben war." Einst habe das Läuten auch den Menschen auf den Feldern angezeigt, wie spät es ist. "Heute hat jeder eine Uhr."
Für Thorak hat das Kirchenläuten noch einen weiteren Sinn. "Es erinnert mich daran, mir kurz Zeit zu nehmen, um in mich zu gehen."