Ortsbürgermeister Kurt "Bodo" Kotzur (69) ist der zweitdienstälteste im Kreis / Bis 2015 will er weiter machen "Wenn der in Breitenhagen ist, ist er immer fröhlich"
Im Jugendklub Breitenhagen treffen sich regelmäßig die Damen und Herren der Volkssolidarität. Außer der Reihe lud jetzt Kurt "Bodo" Kotzur "seine" älteren Breitenhagener zu einer besonderen Feier ein: zum bürgermeisterlichen Dienstjubiläum.
Breitenhagen l Kurt "Bodo" Kotzur lenkt seit 30 Jahren ununterbrochen die Geschicke des Elbedorfes. Damit ist er fast ein Superlativ: Der 69-Jährige ist der zweitdienstälteste Bürgermeister im Salzlandkreis (die Volksstimme berichtete).
Darauf ist er stolz. Und will es feiern.
"Ich glaube, dass die Jüngeren denken, der heißt wirklich Bodo"
Im Jugendklub sitzen rund 40 Breitenhagener Senioren an den Tischen. Vor ihnen ein bunt gemixtes Sortiment von Kuchentellern und Kaffeetassen. Die Leute haben ihr Geschirr selbst mitgebracht. Schließlich ist ein Jugendtreff kein Sammeltassen-Archiv.
Zwei Nebentische biegen sich unter Cremetorten und Pfannkuchen, in der Küche knackern Kaffeemaschinen. "Bezahle ich alles aus meiner Tasche. Alle sind heute eingeladen", lässt Bodo erst gar keine spitzfindigen Interpretationen aufkommen. Von wegen Verschwendung kommunaler Mittel und so ...
Warum er diesem Personenkreis einen ausgibt? Es ist doch noch gar keine Wahl ... "Das will ich dir sagen", guckt er den neugierigen Reporter ein bisschen vorwurfsvoll an. "Das sind alles Leute, die mich in den vergangenen Jahrzehnten getragen haben."
Unter ihnen sind auch Ortschaftsräte, die früher mal Gemeinderäte oder Volksvertreter hießen. Also eine Dankeschön-Veranstaltung.
"Wenn man so will, ja", sagt Bodo.
Zeitgleich tuscheln Kerstin Schlegel und DJ Andy aus Tornitz miteinander. "Wenn ich eine Pause mache - und das merkst du", erklärt die Volksolidarität-Ortsgruppenvorsitzende, "spielst du einen Tusch."
Andy nickt.
"Bodo war uns immer ein guter Bürgermeister".
Tusch!
"Er ist mit der Dienstälteste im Kreis."
Tusch!
"Er hat unser Dorf durch viele Sehenswürdigkeiten attraktiver gemacht."
Tusch!
So geht es mit der Laudatio noch ein knappes Dutzend Tuschs weiter.
Kerstin Schlegel wünscht dem 69-Jährigen zum Schluss "viel neuen Elan", gleichzeitig für die Bürger aber auch "eine Einkaufsmöglichkeit für Breitenhagen".
Sätze wie diesen versteht Bodo Kotzur als Auftrag: "Ja, das will ich noch schaffen." Dann klärt er aber gleich auf, dass mit Ablauf der jetzigen Legislatur 2015 "Schluss ist". Schließlich ist es die siebte und das reicht. Jetzt kommt Evelyn Rehse an die Reihe. Die 77-Jährige wiederholt in Reimform, was ihre Vorrednerin sagte. Ihr Fazit: Breitenhagen ist schöner geworden, man sollte es nur mit offenen Augen wahrnehmen.
Nun ist Kurt-Henning Kotzur an der Reihe, um sich zu bedanken. Kein Mensch nennt ihn bei diesem Namen. "Ich glaube", raunt mir mein Nebenmann zu, "dass die Jüngeren denken, der heißt wirklich Bodo." Als der in Zuchau aufwuchs, habe es eine überdurchschnittlich große Anzahl von Kurts gegeben, sodass seine Verwandten ihm diesen Spitznamen verpassten.
Doch dererlei Ego-Episoden gibt der Ortschef heute nicht zum besten. Dafür andere, als er seine 30 Dienstjahre Revue passieren lässt.
Als man zu DDR-Zeiten einen Kindergarten bauen wollte, gab es dafür keine Materialfreigabe. Der Hersteller VEB MLK-Calbe hatte dafür keine Gasbetonsteine über, wohl aber konnte man dort Bungalows kaufen. Also bestellte die Gemeinde zwei Bungalows, die zum Kindergarten "umgewidmet" wurden. Was natürlich nicht legal war, da Bungalows für den Bevölkerungsbedarf bestimmt waren. Aber ein gesundes Maß an Schlitzohrigkeit brauchte man als Bürgermeister. Und Bodo hatte davon.
Der 69-Jährige beendet seine Rede nicht ohne zwei obligatorische Sätze: "Früher hatten wir Geld und kein Material. Heute ist es umgekehrt." Und: "Die Einheitsgemeinde lässt kaum noch kommunale Selbstbestimmung zu."
"Das gesellschaftliche Leben auf dem Land muss aufrecht erhalten werden"
Die Bürgernähe heutiger Kommunalpolitiker gehe im Konstrukt Einheitsgemeinde immer mehr zurück. "Das gesellschaftliche Leben auf dem Land muss aufrecht erhalten werden. Das ist eine große Aufgabe", mahnt Bodo. Deswegen wolle er seine Kraft für den Erhalt des Schiffsmuseums "Marie Gerda" und der Reaktivierung des maroden "Goldenen Schiffchens" einsetzen.
Nach soviel binnenmaritimer Themen übernehmen nun wieder Bodos Gäste die Regie: Christine Lenze sagt einen Liedtext auf, der an Breitenhagens große Schifferzeit erinnert. Dann erklingt das alte "Möwelied" des gleichnamigen Schiffervereins.
Der Ortsbürgermeister hat seine Schiffermütze aufgesetzt, als er den Tanz eröffnet. DJ Andy legt passende Musik auf.
Bodo strahlt.
"Wenn der in Breitenhagen ist, ist er immer ganz fröhlich", lächelt Lebensgefährtin Margit Seibert aus Barby, als wüsste sie, was der Reporter gerade fragen wollte ...