Sekundarschule 75 Prozent bekommen keinen Platz
Das Interesse der Familien an einem Platz in der Sekundarschule LebenLernen in Schneidlingen ist groß.
Schneidlingen l „75 Prozent der angemeldeten Schüler mussten wir ablehnen“, sagt Schulleiterin Elke Atzler. Nur 23 Schüler kann sie in der fünften Klasse aufnehmen. Ihr Schulhaus in Schneidlingen lässt nur eine einzügige Schule zu. Jeweils eine Klasse gibt es pro Jahrgang. Dabei hätte sie nach den Anmeldungen fast vier Klassen in diesem Schuljahr eröffnen können.
Die Abstimmung der Eltern mit den Füßen zeigt, dass die Sekundarschule des privaten und freien Trägers Oskar Kämmer Schule offenbar einen sehr guten Ruf genießt. Weit über die Grenzen der Einheitsgemeinde Hecklingen hinaus melden die Eltern inzwischen ihre Kinder für einen Platz in der Sekundarschule an.
In ausführlichen Gesprächen sucht die Schule ihre neuen Schüler aus. Worauf dabei geachtet wird, will Elke Atzler nicht verraten. Das Auswahlverfahren soll intern bleiben, sagt sie. Ihre Kollegen, betont sie, nehmen die Auswahl aber sehr ernst.
In der ersten Woche nach dem Beginn des Schuljahres müssen sich die Neuen noch etwas eingewöhnen. Ungewohnt ist für sie vielleicht die Ruhe, die im ganzen Schulhaus herrscht. Selbst bei geöffneten Türen an heißen Tagen bleibt es ruhig im Haus.
Mit 135 Schülern ist die Schule bis auf den letzten Platz gefüllt. Schon einmal dachte die Schulleiterin an eine Erweiterung des Hauses nach. Doch der Träger winkte schließlich aus finanziellen Gründen ab. Zumindest am Standort Schneidlingen seien die notwendigen Investitionen in eine Ertüchtigung der benachbarten Grundschule nicht vorstellbar, ließ der Träger wissen. Das Schulgebäude hatte die Gemeinde vor Jahren gesperrt, weil die Dachkonstruktion nicht stabil sei, hieß es seinerzeit.
Aktuell spielen Erweiterungsgedanken keine Rolle, sagt Elke Atzler. Das wäre auch mit dem starken Förderverein im Rücken nicht fair, meint sie. Denn die Eltern unterstützen die Schule kräftig. Sie wolle sich auf die Arbeit konzentrieren. Ende November öffnet sich die Schule für einige Stunden den interessierten Familien. Hinter die Kulissen lassen die Lehrer und Schüler dann ihre Eltern und Verwandten schauen. Der Tag ist aber auch für die Familien interessant, die ihre Kinder an der Schule anmelden wollen. Bis Ende Januar ist dies möglich, sagt sie.
Nicht nur im Unterricht macht die Schule von sich reden. In der ganzen Region hat sich besonders bei den Unternehmen herumgesprochen, dass die Sekundarschule LebenLernen ihre Schulabgänger sehr gut auf den Berufsstart vorbereitet. In der Regel haben die Abgänger gute bis sehr gute Chancen auf dem Lehrstellenmarkt, hat die Schulleiterin in den vergangenen Jahren beobachtet.
Auch mit den Arbeitsgemeinschaften falle die Schule zunehmend positiv im Land auf, erzählt sie. So sei die Schülerzeitung des Hauses als beste Schülerzeitung im Land prämiert worden, sagt sie stolz.
Mit ihren Kollegen wolle sie den Schülern vor allem Lust auf die Schule und das gemeinsame Lernen machen, lautet das Motto. Dabei müssen sich die Schüler auch von Zeit zu Zeit den Stoff selbst erarbeiten. Das diszipliniert und veranlasse die Schüler, eigene Lernmethoden zu entwickeln.
98 Prozent der Schüler verlassen das Haus mit einem Abschluss. Landesweit, so war in dieser Woche zu lesen, verlassen rund zehn Prozent der Schüler die Schule ohne einen Abschluss.
Die freie Sekundarschule zeigt aber auch, dass nicht alle Kinder das Gymnasium besuchen müssen. Kinder, die später einmal einen handwerklichen Beruf ausüben wollen, müssen nicht unbedingt das Abitur machen. In zehn Schuljahren können sie das notwendige Wissen für ihren späteren Beruf sammeln. Nicht wenige Schüler haben in der Sekundarschule aber so viel Gefallen am Lernen gefunden, dass sie nach dem Abschluss freiwillig weiter die Schulbank besuchen, um ein Abitur zu machen und später zu studieren, kennt Elke Atzler viele derartige Geschichten aus den vergangenen Jahren.
Jeder Tag der offenen Tür wird an der Schule zu einem großen Familienfest, weil auch viele ehemalige Schüler den Termin nutzen, um an ihre alte Lernstätte zurück zu kehren. Oftmals bleiben der Schulleiterin dann nur einige Sekunden pro Schüler Zeit, wenn der Andrang besonders groß ist und alle mal mit ihr einige Worte wechseln wollen. Das war bereits beim zehnjährigen Jubiläum zu sehen. Überall, wo sie stehen blieb, bildete sich eine Menschentraube auf dem Schulhof.
Dass die Zahlen der angemeldeten Schüler in den zurückliegenden Jahren ständig gestiegen sind, sei auf der einen Seite sehr schön, schildert sie. „Das ist eine schöne Bestätigung für die Arbeit der Kollegen“, schätzt sie ein. Auf der anderen Seite sei es natürlich schade, dass sie nicht mehr Schüler aufnehmen könne, sagt sie ebenfalls.
Als großen Gewinn in der Schullandschaft schätzt ebenso die Stadt Hecklingen die Sekundarschule ein. Bürgermeister Uwe Epperlein möchte die Bildungseinrichtung in Schneidlingen nicht missen. Dabei war es damals ein mutiger Schritt, die Schule in dem Ort zu gründen, nachdem sich der Landkreis mit seiner Sekundarschule aus der Gemeinde verabschiedet hatte. Auch für den freien Träger sei es damals ein sehr mutiger Schritt gewesen, der vielleicht heute nicht mehr gewagt worden wäre, ließ der Träger zum zehnten Geburtstag wissen.
Dass sich die Einrichtung auch fern der großen Ballungszentren behauptet und einen immer größeren Zuspruch findet, wird beim Träger erfreut registriert. In den kommenden Jahren dürften dem Haus die Kinder nicht ausgehen. Denn anders als vom Land prognostiziert sinken die Kinderzahlen in den Gemeinden nicht. Im Gegenteil. Die Zahl der Kinder steigt in den Orten an. Das spüren mit Zeitverzögerung natürlich in den kommenden Jahren die Schulen. Vielleicht kommt dann doch noch einmal das Thema Vergrößerung des Hauses auf den Tisch. Elke Atzler macht auf Besucher den Eindruck, dass ihr dies keine allzu großen Sorgen bereiten würde.