Badesee Alter Pächter will Albertinesee zurück
Enrico Loos hat sich wieder als Pächter für den Albertinesee in Üllnitz beworben. Die Stadt lehnt ab und arbeitet weiter an eigenen Plänen.
Üllnitz l Enrico Loos ist ein Prominenter. So fühlt er sich zumindest manchmal, wenn er alltäglichen Dingen nachgeht. Ein paar Getränke holen in der Getränkequelle in Förderstedt? Geld holen bei der Sparkasse im gleichen Ort? „Ist manchmal fast nicht möglich“, sagt er. „Ich komme gar nicht rein, weil ich mit Fragen bombardiert werde.“
Der 44-jährige Atzendorfer ist in den nördlichen Staßfurter Ortsteilen bekannt wie ein bunter Hund. Kein Wunder: Von 2009 bis 2017 war er Pächter der Gastronomie am Albertinesee in Üllnitz. Im Jahr 2011 übernahm er dann auch den See. Im Herbst 2017 wurde ihm der Pachtvertrag von der Stadt gekündigt. Zur Badesaison 2018 übernahm die Stadt den See. „Ich werde immer wieder gefragt, ob ich den See nicht wieder übernehmen möchte. Früher wäre alles schöner gewesen“, berichtet Loos. Längere Öffnungszeiten, Tretboote, der Steg, eine überdachte Außenterrasse, eine Strandterrasse samt Liegestühle. All das wünschen sich einige alteingesessene Besucher zurück.
All das musste Enrico Loos nach der Kündigung zurückbauen. Und es kam nicht zurück, als die Stadt 2018 das Bad wieder öffnete. Dafür wurde die Elektrik ausgebessert, ein vom Wasser beschädigter Raum auf Vordermann gebracht, dazu wurde der Gastrobereich neu gefliest und zukunftsfest gemacht. Das kostete 50.000 Euro.
In 2019 waren 10.000 Euro für ein Konzept zur Umgestaltung des Albertinesees eingeplant. Seitdem gab es kaum Arbeiten am See. Weil Enrico Loos laut eigenen Angaben daher nun vermehrt angesprochen wird und er „seinen“ See, in dem er schon als Kind baden war, nicht vergessen hat, entschloss er sich nun, sich wieder zu bewerben.
Am 10. Mai reichte er bei der Stadt ein Konzept für die erneute Übernahme des Sees ein. Er wollte den ursprünglichen Zustand wieder herstellen und dabei auf Zuschüsse der Stadt komplett verzichten. Fast vier Wochen warteten seine Frau und er auf Rückmeldung, am vergangenen Donnerstag kam die Info: Die Stadt möchte nicht, dass er den See erneut pachtet. „Irgendwie haben wir damit gerechnet. Und doch hatte ich die Hoffnung, dass es möglich ist, dass wir uns noch mal an einen Tisch setzen“, so Loos.
2017 wurde ihm der Vertrag gekündigt, weil es „Hygiene- und Sicherheitsbedenken gab“, wie Ina Siebert, Fachdienstleiterin Schule, Jugend und Kultur, sagt. Laut Loos stand im Kündigungsschreiben, dass dieser als Pächter, der gleichzeitig auch als Rettungsschwimmer eingetragen war, für mindestens zwölf Minuten nicht den See im Blick hatte. Das gibt er auch zu. „Ich hatte im Gastronomiebereich ausgeholfen, weil in der Küche viel los war. Das war ein Fehler von mir“, sagt er heute. Ein einmaliger Fehler, wie er betont.
Angeblich soll er auch gar kein ausgebildeter Rettungsschwimmer gewesen sein. Was dieser von sich weist. Er habe 2009 einen Kurs dazu belegt. Seine Zulassung sei zuletzt 2017 verlängert worden. Auch die hygienischen Probleme weist er zurück. „Es gab regelmäßige Hygienekontrollen. Da wurde nie etwas beanstandet“, sagt er.
Fakt ist: Die Stadt hat kein Interesse daran, den See abzugeben. „Im Moment ist das kein Thema. Wir haben nicht vor, den See zu verpachten“, sagt Ina Siebert. Auch Ortsbürgermeister Peter Rotter (CDU) hält nichts von der Idee, den Albertinesee wieder an Enrico Loos zu geben. „Das kommt gar nicht in Frage. Das ist keine Option“, sagt er. „Enrico Loos hat seine Pflichten als Betreiber gründlichst vernachlässigt.“ Ohne Zuschuss den See zu betreiben wäre laut Rotter dabei utopisch. „Ich will, dass die Stadt sich ordentlich kümmert.“ Hier bekommt sein Tonfall wieder einen energischen Unterton. Es brodelt noch immer in Peter Rotter.
In der Sitzung des Ortschaftsrates Förderstedt am vergangenen Dienstag war dieser für seine Verhältnisse ziemlich laut und ungehalten gewesen. Er schimpfte lauthals und mit klaren Forderungen gegen die Stadt. Ina Siebert hatte ein „Leistungsverzeichnis für die Ausschreibung der Erstellung eines Konzeptes für das Bad im Albertinesee“ vorgestellt.
Sieben Schwerpunkte wurden festgelegt. Der Einstieg ins Wasser über die Sandfläche soll barrierefrei erfolgen. Der Spielplatz soll umgestaltet werden. Das Gelände soll eingefriedet werden. Die Aufenthaltsqualität soll durch Bänke oder andere Sitzbereiche verbessert werden. Eine Schwimmplattform sowie ein Steg sollen neu gebaut werden. Für Fahrräder sollen Stellplätze samt Ladestationen für E-Bikes angeschafft werden. Zu guter letzt sollen die Funktionsbauten inklusive Imbissbereich saniert werden. Gegebenenfalls soll es einen Neubau geben.
Für Rotter ist das zu wenig, viel zu wenig. „Wir wollten schon 2019 ein fertiges Konzept haben. Jetzt sind wir noch immer zwei Schritte davor. Das kann ich so nicht akzeptieren. Wenn wir so weiter machen, sind wir in zehn Jahren nicht fertig. Ich erwarte, dass die Verwaltung fähiger und konzentrierter arbeitet“, sagt er.
Auch Tage später ist sein Ärger nicht verflogen. Es sei eine Unverfrorenheit und ein Witz, was die Verwaltung anbiete. „Die Verwaltung hat nichts gemacht. Meine Enttäuschung hat sich in Wut verwandelt. Es war so viel Zeit“, sagt Rotter. Obwohl von Bürgern und Ortschaftsräten viele Vorschläge kamen. Ina Siebert hat sogar Verständnis für den Unmut. „Ich kann das ein Stück weit nachvollziehen“, sagt sie. „Es sollte schon 2019 ausgeschrieben werden. Dann hatten wir in diesem Jahr wegen der Corona-Krise anderes im Kopf.“
Die Verwaltung hat nun auch die Idee ins Spiel gebracht, den See zu einem Natursee umzunutzen. Also ohne Eintritt, aber auch ohne Aufsicht. Womit die Stadt auch Kosten sparen würde. Die Option sei offen zur Diskussion. Davon hält Rotter nichts. „Wir haben im Glöther Park bereits ein solches Naturbad. Die Verwaltung soll einfach ihre Hausaufgaben machen“, sagt er.
Johann Hauser (FDP) sagte im Ortschaftsrat: „Ich bin erschrocken über den Zeitverzug“ und fragte sogleich: „Wann soll der Umbau geschehen?“ Ina Siebert sagte dazu: „Wir werden die Ausschreibung in den nächsten Tagen auf den Weg bringen. In acht Wochen soll das Planungsbüro gefunden sein, das das Konzept erarbeitet. Dieses soll Ende September vorliegen.“
Die Idee, aus dem Albertinesee ein Naturbad zu machen, kam nicht gut an bei den Kommunalpolitikern im Förderstedter Ortschaftsrat. „Ich bitte darum, dass das gestrichen wird. Das kommt einem halben Rückzug gleich“, sagt Peter Maier (Linke). Detlev Kiel (SPD) meinte: „Es gibt sehr viele Leute in der Verwaltung, die den Albertinesee nicht wollen. Vielleicht sollte man mal einen Antrag in den Stadtrat bringen.“
Enrico Loos hingegen will nach der Ablehnung nun eine Unterschriftensammlung unter den Bürgern starten. „Es wäre mir ein Herzensanliegen, den See wieder zu übernehmen. Natürlich in Zusammenarbeit mit der Stadt“, sagt er. Er würde den Gastronomiebereich wie früher dann auch im Herbst und Winter öffnen. Die Stadt müsste ihm dabei entgegenkommen. Dazu bräuchte es aber neue Zeichen.