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Pflege Betreutes Wohnen in Förderstedt

In Förderstedt soll ein neues Zentrum für Betreutes Wohnen entstehen.

16.03.2020, 04:00

Förderstedt l Vor etwa einem halben Jahr stand Detlev Kiel, der große Mann aus Förderstedt, mit seinen Mitstreitern vom Feuerwehrförderverein am alten Gerätehaus und dachte laut: „Mein Gott, die Häuser hier rundherum sehen wirklich furchtbar aus“. Die Villa mal ausgenommen, sind viele Gebäude sanierungsbedürftig und stehen teilweise leer.

So entstand die Idee des Betreuten Wohnens in Förderstedt. „Diese haben wir dem Ortsbürgermeister vorgestellt.“ Peter Rotter (CDU) war sofort begeistert: „Das würde das Leben rund machen in Förderstedt und Menschen eine Perspektive bieten, die nicht mehr ganz allein zurechtkommen, aber in ihrem Heimatort alt werden wollen.“

Detlev Kiel erklärt: „Wir wollen in den Häusern an der Bobie Betreutes Wohnen etablieren. Das heißt Leben in der eigenen Wohnung mit Unterstützung in den Pflegestufen 1 bis 3. Es soll kein Altersheim werden.“ Also eine moderne Form der ambulanten Pflege.

Seit einem halben Jahr wurden schon viele Schritte unternommen, um die Idee wahr werden zu lassen. Die neue Gesellschaft, die Detlev Kiel für das Betreute Wohnen in Förderstedt gegründet hat und die seit Anfang Februar im Handelsregister eingetragen ist, soll die Geschäfte des Unternehmens leiten und hat vor einigen Wochen mehrere Gebäude an der Bobie gekaut. Es handelt sich um die älteren Häuser, die um den Platz am alten Feuerwehrgerätehaus herum gruppiert sind.

Sie gehörten der Wobau. Die Mieter wurden bei einer Versammlung informiert und sollen von der Wobau andere Mietobjekte angeboten bekommen. „Die Wobau ist natürlich an einer Verringerung ihres Leerstands interessiert, wir haben ihnen unser Konzept vorgestellt und wurden von Anfang an unterstützt“, erzählt Detlev Kiel.

Der Standort der neuen Einrichtung soll das Zentrum des Ortes bereichern. Da für Ortsbürgermeister Peter Rotter Förderstedt und seine Ortsteile mittlerweile als „Speckgürtel von Magdeburg“ gelten und sich hier Menschen ein Haus kaufen, die in Magdeburg arbeiten, werden diese in Zukunft ihre Eltern in der Nähe unterbringen wollen.

Die Häuser an der Bobie – neben dem Gerätehaus, gegenüber sowie die Reihe dahinter und die Villa – will die neue Gesellschaft nun Stück für Stück sanieren, über einen Kredit finanziert. Frühestens nächstes Jahr können die ersten Bewohner ins erste fertige Gebäude einziehen. „Solche Dinge dauern immer ihre Zeit, Planung, Genehmigungen und so weiter“, so Detlev Kiel.

Ein Architekt ist beauftragt, der jetzt mit den Planungen beginnt. Start ist an der Bobie 5. Dort will man die ersten 20 Wohneinheiten herrichten. Bis Ende des Jahres soll dort die erste Vorzeigewohnung fertig sein. Die zwei Mieter, die noch im Haus sind, wollten sowieso umziehen, sodass der Block bald leergezogen wird.

In etwa drei Jahren könnten alle Häuser fertig sein. „Bei uns soll jede Wohnung etwa 40 bis 50 Quadratmeter Wohnfläche haben“, so Detlev Kiel. Mit allen Häusern zusammen wird man bei 1630 Quadratmetern Wohnfläche landen. Die Senioren zahlen dann eine Miete, die nicht über 6 Euro pro Quadratmeter liegen soll, wählen Zusatzleistungen der Gesellschaft und die Pflegeleistungen werden über den Pflegedienst und die Krankenkassen abgedeckt. „Wir wissen ja, dass Pflegeleistungen von den Krankenkassen zu gering bezahlt werden, aber wir hoffen, dass wir durch die Nähe eine Optimierung in der Pflege hinbekommen“, so Detlev Kiel.

In eines der Häuser an der Bobie soll eine Dauerbetreuung eingerichtet werden. Dort sollen zusätzliche Plätze nach dem Modell von Wohngemeinschaften mit Pflegepersonal entstehen, während die Häuser drumherum für das Betreute Wohnen vorgesehen sind. In dem Karree könnte man durchaus noch ein Café oder etwas Ähnliches etablieren. Das Feuerwehrgerätehaus mit dem Saal, das der Förderverein besitzt, kann dann für Treffen der Senioren, Veranstaltungen und Freizeitbeschäftigungen mit dem Verein genutzt werden.

Jetzt werden natürlich Pfleger gesucht. Die Führungskräfte für das Projekt hat Detlev Kiel schon gefunden. Stellenanzeigen wurden geschaltet. Detlev Kiel verrät auch: „Einige Krankenhausschwestern aus Schönebeck werden zu uns kommen, die während des Streiks bei Ameos eine neue Anstellung gesucht haben.“

Weil aber Pflegekräfte generell rar sind, wird die neue Gesellschaft demnächst eine Partnerschaft mit einem rumänischen Ausbildungsinstitut abschließen. „Die jungen Menschen werden dort ausgebildet und lernen die deutsche Sprache, die für unsere Arbeit dringend erforderlich ist, und kommen dann Förderstedt“, so Detlev Kiel. Die rumänischen Pfleger sollen auch Wohnungen im Komplex bekommen.

Der neue Pflegedienst soll ab 1. Oktober seine Arbeit aufnehmen und sich zunächst einspielen, indem ambulante Pflege nach dem klassischen Muster zuhause im Raum Förderstedt angeboten wird.

Peter Rotter meint: „Der Bedarf an Pflegeplätzen ist in Förderstedt und Umgebung auf jeden Fall da.“ Detlev Kiel sagt: „Man muss auch neue Wege gehen, was das Alter angeht“. Das Leben in der eigenen Wohnung, aber dennoch in einer Gemeinschaft, garantiert älteren Menschen soziale Teilhabe. Sie können ins dörfliche Leben integriert werden, zum Beispiel über den Förderverein.

Mitbegründer und Partner der Gesellschaft ist Remo Kannegießer, der im Altkreis Schönebeck den Verein „Nestwärme“ betreibt. Das ist der Verein, der kürzlich in der öffentlichen Diskussion stand, weil Jugendliche, die vom Verein betreut werden, eine Villa in Glinde verwüstet hatten. „Remo Kannegießer wollte sich im Altkreis Schönebeck sowieso ein weiteres Standbein aufbauen, da trafen sich unsere Vorhaben gut“, so Detlev Kiel.

Kannegießer sei erfahren in Sachen Soziales und Betreuung, daher wichtiger Partner für das Projekt. „Er stand im Fokus der öffentlichen Debatte, ja, aber die Probleme mit den Jugendlichen sind ein gesellschaftliches Problem, die man nicht auf eine einzelne Person schieben kann.“