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Am Sonnabend öffnen die Schlecker-Filialen in Güsten und Alsleben zum letzten Mal vor der endgültigen Schließung Bitterer Beigeschmack bei Ansturm auf Drogerien

Von Karolin Aertel und Stefanie Greiner 22.03.2012, 03:08

Die Schlecker-Filialen in Güsten und Alsleben werden am Sonnabend das letzte Mal öffnen. Viele Einwohner wissen nicht, was sie davon halten sollen. Andere sind entsetzt, ahnen, dass sie künftig weite Strecken für ihre Besorgungen in Kauf nehmen müssen.

Güsten/Alsleben/Staßfurt (vs/mz) l Die Regale der Schlecker-Filiale in Güsten sind beinah gänzlich leergeräumt. 30 Prozent Rabatt locken derzeit zum Kauf. Die Vergünstigung hat jedoch einen bitteren Beigeschmack. Die Drogerie-Filiale wird am Sonnabend das letzte Mal öffnen. Sie gehört zu den 2200 Filialen, die bundesweit wegen der Insolvenz des Unternehmens schließen müssen.

Die Stimmung in dem Güstener Markt ist gedrückt. Sprechen möchten die Mitarbeiter nicht über das Geschehen. Sie sehen jedoch deutlich mitgenommen aus.

"In Kaufhallen gibt es alles zu kaufen, wie soll so ein Geschäft langfristig überleben?"

Christa Henning, Güsten

Vor der Drogerie unterhalten sich Christa Henning und Hannelore Riebe. Christa Henning ist Güstenerin. Begeistert ist die Rentnerin von der Schließung nicht, sie sah es jedoch kommen. "In den Kaufhallen gibt es heutzutage doch alles zu kaufen", sagt sie. "Wie soll so ein Geschäft da langfristig überleben?" Andererseits, wenn sie genauer überlege, sei die Filiale eigentlich immer gut besucht gewesen. Es war schließlich die einzige ihrer Art in Güsten. "Wenn ich nun etwas Spezielles benötige, werde ich wohl nach Bernburg fahren müssen", sagt sie etwas resigniert.

Leichter hat es da ihre Bekannte Hannelore Riedel. Die Staßfurterin hat in der Bodestadt, in der sogar alle vier Filialen geschlossen werden, mehrere Ausweichmöglichkeiten. "Vier Geschäfte waren für so eine kleine Stadt dann doch zu viel", sagt sie. Dennoch sieht sie es wie ihre Bekannte: "Die Kaufhallen haben heutzutage alles in ihrem Sortiment - Blumen, Drogerie-Artikel und sogar Kleidung." Da könne der Kunde mit einem "Abwasch" alles erledigen.

Doch nicht nur in Güsten und Staßfurt werden die Schlecker-Märkte geschlossen. Auch in Alsleben wird der Markt zugemacht.

Die Tür der dortigen Filiale am Saaleplatz steht derzeit nicht still. Alle paar Minuten betritt eine Kundin die Drogerie. Es sind vor allem junge Frauen mit Kinderwagen, die an diesem Vormittag einkaufen. Rabatte locken. "Sie hätten Ende vergangener Woche mal kommen müssen", sagt Angela Nitze-Röhr. Laut der Filialleiterin mussten die Kunden zum Teil eine Stunde an der Kasse anstehen. Bis in die hintersten Regalreihen habe sich die Schlange wartender Käufer gewunden.

Eigentlich müsste sich Angela Nitze-Röhr über so viele Abnehmer freuen. Eigentlich. Nach Frohsinn ist ihr nämlich nicht zumute. Am Sonnabend schließt das Geschäft in Alsleben. Wie es danach für sie und ihre beiden Mitarbeiterinnen weitergeht, weiß die Filialleiterin nicht.

Seit 2005 arbeitet die Köthenerin in der Stadt an der Saale. Viele Kunden kennt sie über Jahre. So auch Anika Bohlmann. "Ich finde das sch...", sagt die junge Mutter aus Alsleben über die Schließung. Sie kauft jeden Tag in der Drogerie ein. Vor allem Babyartikel. Künftig muss Anika Bohlmann nach Bernburg fahren. Einen anderen Drogeriemarkt gibt es dann in Alsleben nämlich nicht.

Aus genau diesem Grund waren die Mitarbeiterinnen des Ladens auch so überrascht, dass ihr Markt auf der Streichliste des insolventen Unternehmens steht. "Wir haben nicht damit gerechnet, dass die Filiale schließt", sagt Angela Nitze-Röhr.

Dass es seit einigen Monaten schlecht um die Firma bestellt ist, sei den Mitarbeitern in Alsleben freilich nicht entgangen. Die Filialleiterin spricht von Lieferproblemen und Verkaufsstellen im Salzlandkreis, die bereits geschlossen worden sind. Unter anderem in Könnern.

"Ich finde es schade - auch für die Mitarbeiter, die sich nun neue Jobs suchen müssen"

Angela Nitze-Röhr, Schlecker-Filialleiterin in Alsleben

Ihre Verunsicherung im Hinblick auf die eigene berufliche Zukunft lässt sich Angela Nitze-Röhr nicht anmerken. Sie ist freundlich und hilft gern weiter. "Unsere Kunden können nichts dafür", begründet die Filialleiterin. Worte der Entrüstung haben die Käufer ihr gegenüber auch schon geäußert. Worte, die deutlich machen, wie unverständlich es vor allem für Stammkunden ist, dass die Filiale in Alsleben schließt. Mehr als zehn Jahre war die Drogerie Anlaufpunkt für Jung wie Alt.

"Ich finde es schade - auch für die Mitarbeiter, die sich nun neue Jobs suchen müssen", sagt Viktoria Gruner. Parfüm und Schminke hat die junge Frau aus Alsleben bei Schlecker gekauft. Jetzt muss auch sie nach Bernburg fahren. Mit Rabattaktionen sollen die letzten Produkte aus den Regalen verschwinden. Um bis zu 30 Prozent sind die Artikel reduziert. Die Kunden schlagen zu. Für die Mitarbeiter bleibt eines zurück: Ungewissheit.