Fußball Ein Trainer, der andere groß macht
Die ZLG Atzendorf hat mit Heinz Weile einen Trainer, der auf eine lange und erfolgreiche Karriere zurückblickt.
Atzendorf l Stolz zückt Heinz Weile seine Digitalkamera und präsentiert die Bilder von seinem jüngsten Erlebnis, berichtet mit einem breiten Lächeln im Gesicht darüber. Der 65-Jährige war auf dem 50. Geburtstag von Jens Haustein, einem seiner ehemaligen Schützlinge. Und einer von vielen, teilweise sehr bekannten Spielern, die durch Weiles Hände gingen. Ebenfalls auf dieser Feier zu Gast waren Sven Köhler, Rico Steinmann oder Steffen Heidrich. Spieler, die Weile damals trainiert hat und die den Weg bis in die höchste deutsche Spielklasse fanden.
Der heutige Trainer der Landesklasse-Mannschaft aus Atzendorf blickt auf eine sehr erfolgreiche Karriere zurück. Und die Wurzeln dieser liegen ebenfalls im Salzlandkreis. „Ich bin in Hakeborn aufgewachsen und hab ab meinem zehnten Lebensjahr Fußball gespielt“, berichtet Weile. „Wir hatten eine sehr gute Mannschaft dort.“ Seine gesamte fußballerische Jugend verbrachte er beim damaligen Verein Traktor Hakeborn.
Nach dem Abitur ging Weile zur Armee, dem Fußball blieb er aber immer verbunden. Und so entschied er sich, an der DHfK in Leipzig Sportwissenschaften zu studieren. Nebenher spielte er mit der HSG DHfK in der Bezirksliga (vergleichbar mit der heutigen 3. Liga) und feierte einige Erfolge. „Wir sind DDR-Studentenmeister geworden und haben auch mal im FDGB-Pokal gespielt“, erzählt Weile. Im Jahr 1977 schloss er sein Studium ab - für seine aktive Fußballkarriere ein Einschnitt. „In der DDR war es so üblich. Nach diesem Studium habe ich mich für die Trainerlaufbahn entschieden.“
Und so hing er bereits sehr früh die Fußballschuhe an den Nagel, wurde mit nur 26 Jahren zum Trainer. „Es war damals eine Ehre für mich, diese Laufbahn im Leistungssport einschlagen zu dürfen“, sagt Weile. Und seine erste Station als Trainer war der FC Carl Zeiss in Jena, wo er zum Trainerassistenten wurde. „Ich war da noch sehr jung, aber wurde prima aufgenommen und habe sehr interessante Leute kennengelernt.“
Und das ist schon etwas untertrieben. In seinen zwei Jahren in Jena, in denen er unter den Fittichen von zehn bis zwölf verschiedenen Trainern stand und „von allen etwas lernte“, traf er auch zwei Personen, die zur großen Fußball-Prominenz der DDR zählen. Sechs Wochen war Weile Assistent vom großen Hans Meyer, der als einziger Trainer sowohl den FDGB-Pokal als auch den DFB-Pokal gewinnen konnte. Ebenfalls einer seiner Trainerkollegen in Jena war Peter Ducke, laut Weile „einer der besten Stürmer, die es in der DDR je gab“. Ducke, der sein fußballerisches ABC in Schönebeck lernte, beendete nach der Saison 1976/77 seine Karriere und wurde ein Trainerkollege und sogar ein Freund von Weile. „Auch wenn er ein Hitzkopf war, haben wir uns sehr gut verstanden.“
Seine erste Position als verantwortlicher Trainer übernahm Weile dann 1979 beim FC Karl-Marx-Stadt. „Dort habe ich die Jugendliga-Mannschaft trainiert. Das war ein guter Einstieg. Einmal sind wir nur ganz knapp am Titel vorbeigeschrammt.“ In der Saison 1980/81 holte Weile mit einem Team der Kinder AK 12/13 bei der Fußballmeisterschaft der DDR die Silbermedaille.
In diesem Team spielten unter anderen Dirk Schuster (späterer Trainer vom SV Darmstadt, mit dem er den Durchmarsch von der dritten in die erste Liga schaffe), Rico Steinmann (DDR-Nationalspieler und viele Jahre für den 1. FC Köln aktiv) oder auch Steffen Heidrich, der viele Jahre bei Energie Cottbus und Dynamo Dreseden spielte. „Über die Hälfte dieser Mannschaft hat später in der Bundesliga gespielt“, berichtet Weile stolz. Und auch die Gegner von Weiles Elf konnten sich sehen lassen. Mit diesem Team spielte er Anfang der 80er Jahre gegen Dynamo Dresden und traf dabei auf Matthias Sammer. „Wir haben uns in dem Spiel damals knapp durchgesetzt.“
Dass Weile ein sehr talentierter Trainer war und reihenweise gute Spieler hervorbrachte, ist in den darauf folgenden Jahren auch den Verantwortlichen des FC Karl-Marx-Stadt nicht entgangen. Und so durfte Weile ab der Saison 1983/84 die zweite Mannschaft betreuen. Mit diesem Team holte er den Bezirksmeistertitel. „Ich habe das Maximale aus diesem Team rausgeholt.“ Im Jahr 1987 zog es Weile wieder in seine alte Heimat zurück. Er trainierte zwei Jahre die zweite Mannschaft des 1. FC Magdeburg und war anschließend auch zwei Jahre als Trainer bei Lok Halberstadt tätig.
Dabei folgte der wohl größte Einschnitt in der fußballerischen Karriere von Weile: Die deutsche Wiedervereinigung. „Mit der Wende war das Kapitel Fußball für mich zunächst abgeschlossen“, so Weile. Im wiedervereinten Deutschland konnte er nicht mehr hauptamtlich als Trainer arbeiten. „Es führte nicht zum Happy End. Ich hätte gerne noch mehr erreicht“, blickt Weile etwas wehmütig zurück. War die Wende gar etwas negatives für ihn? „Insgesamt natürlich nicht, aber was den Fußball angeht schon.“
Weile orientierte sich beruflich neu, arbeitete fortan bei der AOK im Bereich des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Aber auch der Fußball ließ ihn nicht los. Nach einer kurzen Auszeit ging es für den ehrgeizigen Mann schon im Oktober 1991 weiter. Er trainierte in den 90ern viele Jahre den Fermersleber SV. Zur Jahrtausendwende zog es Weile fußballerisch dann wieder in seine Heimat, den Salzlandkreis. Er tranierte drei Jahre lang den Schönebecker SV, erlebte auch dabei Höhepunkte. „Wir haben mal im Landespokal gegen den FCM gespielt.“ Es folgten Engagements in Förderstedt und in Irxleben. Irgendwann jedoch hatte Weile nach einer langen Karriere genug. Er zog einen Schlussstrich und sich aus dem Fußball zurück.
Doch im Rentenalter sollte nochmal ein neues Kapitel seiner Trainerkarriere auf ihn zukommen. Steffen Grohe, damals Trainer der ZLG Atzendorf und ein alter Bekannter von Weile aus Schönebeck, wollte seinen „alten Freund“ in der Saison 2015/16 mit ins Boot holen. Und nachdem Weile schon zweimal abgesagt hatte, ließ er sich doch überreden und betreute die Mannschaft ein halbes Jahr als Co-Trainer. Die Atzendorfer schafften den Klassenerhalt und auch Weile hatte seinen Anteil daran.
Als Grohe dann vor der Saison 2016/17 sein Amt niederlegte, war schnell klar, dass der neue Chefcoach Heinz Weile sein sollte. „Ich hatte wieder Gefallen daran gefunden. Das ist eine gute Mannschaft mit einem interessanten Umfeld. Es gibt viele engagierte Leute im Verein und es macht viel Spaß, dort zu arbeiten.“ Nur lobende Worte findet Weile nach seiner ersten Saison als Chefcoach, die er auf Platz elf beendete. Macht Weile noch weiter? Na klar, er hat jetzt schon Ziele für die kommende Saison: „Wir wollen stabiler werden und uns nochmal steigern.“ Kann er sich sogar vorstellen, noch länger zu bleiben? „Ich denke von Jahr zu Jahr. Man soll niemals nie sagen. Solange es mir Spaß macht, werde ich Trainer sein.“
Da bleibt bei so einer langen und intensiven Karriere als Trainer eigentlich nur eine Frage offen: Gibt es einen Höhepunkt? Lange hat Weile überlegt. Aber er verneint. Kein Spiel oder keine Saison explizit. Es war viel mehr das große Ganze. „Überall da, wo ich war, habe ich einiges erreicht. Auch wenn teilweise mehr drin war“, so der Trainer aus Leidenschaft. „Dass aus meinen ehemaligen Spielern richtig gute Fußballer geworden sind, macht mich stolz“, betont er in diesem Zusammenhang.
„Das sind doch die Dinge, die den Fußball ausmachen. Dass wir gute Fußballer hervorbringen und sie entwickeln, das hat schon gut funktioniert. Und dass ich nach 30, 35 Jahren noch zu Geburtstagen eingeladen werde, ist doch ein Zeichen für eine gute Zusammenarbeit.“ Der Kontakt zu seinen alten Schützlingen besteht noch. Heinz Weile war und ist ein Trainer, der andere groß macht. Und sich selbst eher zurückhält. Das macht ihn glücklich. Und das zeichnet ihn aus. Und vielleicht folgt ja dann bald schon die nächste Einladung eines ehemaligen Schützlings.