Frühjahrsputz Es hört nie auf

Müll in der Natur und kein Ende. Frühjahrsputz zwischen Atzendorf und Hohenerxleben.

24.04.2017, 23:01

Hohenerxleben/Atzendorf/Förderstedt l Die Bilanz ist wieder niederschmetternd: Ein sieben Kubikmeter fassender Container ist nach nichtmal drei Stunden Frühjahrsputz in der Hohenerxleber Feldflur randvoll mit Abfall gefüllt. „Es wird leider einfach nicht weniger“, blickt Sven Wagner nach dem Einsatz auf das Sammelergebnis. „Das sind alles Straftaten. Wir müssen uns da geeignete Maßnahmen einfallen lassen“, sagt Wagner hier nicht nur als Oberbürgermeister, sondern auch als Naturfreund und Vorsitzender der Jagdgenossenschaft Hohenerxleben.

Deren Aufruf waren wieder Mitglieder der Reitsportgemeinschaft, große und kleine Feuerwehrleute, der Heimatverein, Landwirte und Privatleute gefolgt. 40 etwa insgesamt.

Wo es denn am schlimmsten sei mit den wilden Müllverkippungen beantwortet ein Hohenerxleber so: „Es ist überall schlimm.“ Sven Wagner findet, dass besonders viele Altreifen im Grünen gelandet sind, dazu Mengen von Kabelresten. Reitsportler Frank Müller kämpft beim Aufladen mit einer Couch: „Das wird sich wohl nicht ändern, solange jeder die Feldwege nutzen kann.“ Und die Vernunft mancher Mitmenschen, denn keine zwei Kilometer entfernt liegt die Mülldeponie, wo solche Dinge kostenlos abgegeben werden könnten.

Und warum lassen sich die Frühjahrsputzer dennoch nicht entmutigen, wo sie im nächsten Jahr erwartungsgemäß doch wieder zu tun haben werden? „Weil wir einen ordentlichen Ort und eine saubere Umgebung haben wollen“, erklärt Ursula Pennigsdorf vom Heimatverein. Dana Rozynek sieht das ähnlich: „Wir halten uns gern in der Natur auf. Deshalb machen wir sie immer wieder mit sauber.“ Auch wenn ihr Partner Mario Gärtner feststellen muss: „Es nimmt kein Ende.“

Da sind geeignete Maßnahmen gefragt. Die Hohenerxlebener wollen sich Gedanken machen. Eine kleine Maßnahme wäre schon, den alten „Bunker“ an der Chaussee nach Staßfurt abzureißen oder zumindest zuzumauern, meint Jürgen Daumann. Denn dieses Objekt ist offensichtlich das ganze Jahr über Müllabladeplatz.

Ein Zeichen gegen solche illegalen Entsorgungen und für das Engagement der Einwohner wollte auch der Förderstedter Ortsbürgermeister Peter Rotter setzen. „Es kommt nicht darauf an, größte Müllmengen einzusammeln. Mir ist die Sensibilisierung der Einwohner für einen aufgeräumten Ort und seine Umgebung wichtig“, blickte er Sonnabendmorgen in Förderstedt etwas enttäuscht auf insgesamt nur sechs Einwohner, die ihrem Wunsch nach Sauberkeit in ihrem Wohnumfeld mit Taten untersetzen wollten.

Vorbildlich die kleine Luisa, die aus Frankfurt/Main in Förderstedt zu Besuch war und sich mit einem Laubbesen bewaffnet hatte. Gern hätte sie den Frühjahrsputz gemeinsam mit Kindern aus dem Ort erledigt. Aber die und auch deren Eltern waren lieber zu Hause geblieben. Die wenigen Helfer entschlossen sich, um den Spielplatz am Klei nach dem Rechten zu sehen.

Derweil wurde der Ortsbürgermeister in der Macrene schnell fündig: Erst ein Berg Müll am Wegesrand, dann an der Wegkreuzung nach Atzendorf fast ein komplettes Wohnzimmer im Abflussgraben. Den Rohreinlauf blockierte ein alter Sessel. Rotter konnte nur den Kopf schütteln über soviel Unvernunft.

In Atzendorf konnten sich derweil die Initiatoren des dortigen Frühjahrsputzes Günter Döbbel und Matthias Cosic über 50 Teilnehmer freuen, darunter die Landfrauen, die Oldtimerfreunde, das Personal der Firma Cosic und viele Einwohner.

Im Bornschen Weg war eine Brigade aus Frauen mit gefüllten Müllsäcken anzutreffen. Mit Harken kratzen sie den Unrat aus dem Gebüsch und freuen sich darüber, dass ihr Ort wieder zunehmend sauberer wird.

Andere säubern den Weg am Sportplatz in Richtung Staßfurt und das Gelände rund um das Biotop. Auf dem Hof der Fassadenfirma verladen die Oldtimerfreunde Müll in einen Container, später auch Sofa und Sessel, die sie inzwischen aus der Flur geholt hatten. Zum Ende des Einsatzes warteten im Atzendorfer Park ein Zelt und der Grill auf die Rückkehrer von den Sammelorten.

ZLG-Vorsitzender Günter Döbbel ist der Meinung, dass mit solchen Aktionen alle Einwohner angesprochen werden, für Sauberkeit im Dorf aufzutreten. Schließlich dankte er noch den einheimischen Sponsoren, die Logistik und Versorgung des Einsatzes unterstützten.

Für den diesjährigen Frühjahrsputz, zu dem Landrat Markus Bauer wieder aufgerufen hatte, stellte der Kreiswirtschaftsbetrieb (KWB) im Vorfeld 1845 Paar Handschuhe und 2100 Müllsäcke zur Verfügung. KWB-Chef Ralf Felgenträger zählt auf, was dank der freiwilligen Helfer unter anderem in diesem Jahr zusammenkam: 35 Tonnen Hausmüll, rund 180 Pkw-Reifen, fünf Lkw-Reifen, 15 Fernsehegeräte, acht Kühlschränke, zwei Gefrierschränke und elf weitere elektrische Geräte.

Felgenträger bedankt sich bei allen freiwilligen Teilnehmern der Frühjahrsputz-Aktion, ohne die es um die Natur im Salzlandkreis garantiert schlechter bestellt. Denn: „Ein Lkw des KWB mit Ladekran ist permanent im Einsatz im gesamten Territorium.“ Dazu kämen die Umweltinspektoren der Kernverwaltung des Salzlandkreises, die auch immer versuchen, den Umweltsündern auf die Spur zu kommen.

Dass es eben kein Kavaliersdelikt ist, die Natur als Müllhalde zu betrachten, zeigen allein die Entsorgungskosten für die 35 Tonnen Unrat. Ralf Felgenträger spricht von rund 6000 Euro.