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Bildungsverein startet in Staßfurt mit vier Jugendlichen das neue Projekt "Frühzeitige Bindung" Firmen suchen Nachwuchs, Schüler ihren Beruf - und das BBRZ will dabei vermitteln

Von Falk Rockmann 17.04.2012, 05:19

Firmen beklagen das Fehlen geeigneter Auszubildender. Gleichzeitig wissen viele Jugendliche kurz vor Abschluss ihrer Schule nicht, was sie werden wollen. Das BBRZ will beide Seiten mit einem neuen Projekt zusammenbringen.

Staßfurt l Vier Jungs im Alter von 15 bis 18 Jahren haben gestern Nachmittag damit begonnen, in ihrer Freizeit eine Feile in die Hand zu nehmen. Freiwillig wohlgemerkt. Sie sind willens, in das Berufsfeld der Metallverarbeitung hineinzuschnuppern. Das Berufliche Bildungs- und Rehabilitationszentrum (BBRZ) mit Hauptsitz in Aschersleben gibt ihnen dazu die Möglichkeit im Motivations- und Orientierungszentrum (MOZ) Staßfurt.

"Aber den Beruf brauche ich länger im Leben als den Sport"

Florian Beyer, Schüler 9. Klasse

"Ich habe schon drei metallverarbeitende Firmen im Schülerpraktikum erlebt", beschreibt Markus Bleul seine bisherigen Erfahrungen, die er nun ausbauen will. Zwar spielt er Handball in der Freizeit, doch für die Wahl seiner beruflichen Zukunft nimmt er sich ebenfalls Zeit. "Das ist mir sehr wichtig", findet ebenso Florian Beyer, der auch sportlich engagiert ist als Badmintonspieler. "Aber den Beruf brauche ich länger im Leben als den Sport", ist sich der 15-jährige Staßfurter bewusst. Ähnlich sehen es Florian Drachenberg und Christopher Timpe. Für sie und ihre Altersgenossen wird spätestens im nächsten Sommer die Frage stehen, wie es nach der Schule weitergehen soll.

"Hiesige Firmen schreien förmlich nach Nachwuchskräften. Und es kann doch nicht sein, dass immer mehr junge Leute abwandern", erklärt Alfred Radl vom BBRZ-Standort Rathmannsdorf das Projekt "Frühzeitige Bindung", mit dem Schüler und Firmen zusammengeführt werden sollen.

Alle zwei Wochen freiwillig für zwei bis vier Stunden

Der Bildungsträger fand nun dafür besagte vier interessierte junge Herren und auch vier Firmen, die das Projekt unterstützen. Das sind das Achslagerwerk und der Kunststoffhersteller Novo-Tech in Staßfurt, das Aluminiumwerk in Nachterstedt und der Förderanlagenbauer Rulmeca in Aschersleben.

Die Jugendlichen haben erste Bekanntschaft mit dem Berufsleben in 14-tägigen Schülerpraktika gemacht. "Das reicht aber meist nicht aus, um eine engere Bindung aufzubauen", meint Alfred Radl. Ziel des Projekts sei es, die Teilnehmer über einen längeren Zeitraum zu begleiten - einschließlich Bewerbungstraining, einschließlich Gespräche mit Personalverantwortlichen, einschließlich Praktika in den Firmen - möglichst bis der Lehrvertrag unter Dach und Fach ist. Die Jugendlichen, die jetzt damit begonnen haben, werden sich mindestens ein Jahr alle zwei Wochen für zwei bis vier Stunden im MOZ am Athenslebener Weg treffen, um unter fachlicher Anleitung eines Ausbilders erste Kenntnisse anzueignen und Fingerfertigkeiten zu vertiefen. "Aber auch eventuelle mathematische Kenntnisse können wir verbessern helfen", ergänzt Radl. Vielfach sei nämlich festzustellen, dass junge Menschen wegen vermeintlicher Defizite den Weg zu Firmen scheuen. Das müsse nicht sein. "Hier bei uns im MOZ haben sie die Chance, solche Dinge aus dem Weg zu räumen."

"Im Bereich Metalltechnik ist der Bedarf am größten", weiß Projektleiterin Doris Ackermann. Deshalb habe man damit begonnen. Sie könnte sich vorstellen, dass dieses Angebot um Berufe aus dem grünen Bereich erweitert wird. Die Zielgruppen sind Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 8 bis 10 aus Realschulen, die den direkten Übergang in eine Ausbildung anstreben. Der Einstieg ist jederzeit möglich - übrigens auch für interessierte Firmen.

Eltern und Schulen - bislang machen die Sekundarschulen "Am Tierpark" und "Hermann Kasten" aus Staßfurt mit - werden grundsätzlich mit einbezogen.

Im kommenden Monat wird das Projekt am BBRZ-Standort Aschersleben mit drei Teilnehmern gestartet.

"Wir sehen auf jeden Fall Vorteile für beide Seiten"

Doris Ackermann, Projektleiterin

"Wir sehen auf jeden Fall Vorteile für beide Seiten, für Firmen wie für die Jugendlichen", so Doris Ackermann. Und man verspreche sich davon auch, die Abbrecherquote zu senken, wenn jemand wisse, was auf ihn im Beruf zukommen wird.

Das BBRZ hat erfolgreiche Erfahrungen mit ähnlichen Projekten - auch für die Bereiche Farbe und Hauswirtschaft - gemacht, die von Hunderten Schülern genutzt wurden teilweise schon in sechsten Klassen. "Wir konnten die Schulen auf jeden Fall mit dem Thema sensibilisieren", so Alfred Radl, ohne genaue Zahlen für spätere Lehrverträge zu nennen.