1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Staßfurt
  6. >
  7. Glockenstuhl aus Eisen weicht neuem Gerüst aus harter Eiche

In Sankt Stephani Cochstedt erklingen bald wieder die Glocken Glockenstuhl aus Eisen weicht neuem Gerüst aus harter Eiche

Von Thomas Höfs 27.09.2012, 03:14

Die Cochstedter Kirche Sankt Stephani erhält in diesen Tagen einen neuen Glockenstuhl. Eichenholz hält künftig wieder die beiden Glocken.

Cochstedt l Die eiserne Glockenaufhängung war nicht ideal. Die Konstrukteure des Glockenstuhls hatten sich dies damals offenbar anders gedacht. Schließlich sollte die eiserne Konstruktion für die Ewigkeit gebaut sein.

Zwar hält die Konstruktion das Gewicht und die dynamischen Lasten beim Schwingen der Glocken gut aus. Problematisch ist nur, wenn sich die Kräfte auf die Mauern im Glockenturm übertragen. Da Eisen wenig flexibel ist, gibt das Material die Schwingungsenergie an die Turmmauern ab. Diese Eigenschaft wurde dem alten Glockenstuhl zum Verhängnis. Denn unter den Schwingungen leiden die Mauern im Turm deutlich, haben Fachleute herausgefunden.

Bis hin zu starken Schäden kann das Läuten der Glocken führen. Deswegen rieten die Fachleute zu einem Austausch des Glockenstuhls.

In dieser Woche wurde das gesamte Material für den Neubau angeliefert. Die Werkstätten für Denkmalpflege in Westerhausen haben den Auftrag für die Erneuerung erhalten. Vor dem Aufbau des neuen Glockenstuhls standen die Zimmerleute vor der Aufgabe, den alten zu entfernen.

Moderne Trenngeräte konnten die Bauarbeiter kaum einsetzen, erklärt Jörg Lamster. Der zu erwartende Funkenflug hätte das Holz und den Staub im Kirchturm in Brand stecken können, so Jörg Lamster. Deswegen hätten seine Männer auf eine Metallsäge zurück gegriffen. Mit dem Gerät haben sie den Glockenstuhl mühevoll zerlegt und aus dem Turm geschafft. Nach dieser anstrengenden Arbeit sind sie jetzt damit beschäftigt, den neuen Glockenstuhl zu bauen.

Über zwei Etagen wird die hölzerne Konstruktion reichen, bestätigt Jörg Lamster. Rund 60 Teile hat er für die Konstruktion zur Verfügung. Dabei müssen sich die Zimmerleute jeden Handgriff genau überlegen und auch planen. Denn die neuen Eichenbohlen haben ein großes Gewicht und sind sehr lang.

Geplant wurde der Glockenstuhl in einem modernen Abbundzentrum, erklärt der Zimmermann. Die Balken wurden entsprechend gefräst und vorbereitet. "Wir müssen die Teile nur noch miteinander verbinden", zeigt er auf die vielen Nummern auf den Holzstücken.

Mit Flaschenzügen wollen die Männer die Holzkonstruktion in dem dunklen Glockenturm aufbauen. Die mehrere Tonnen schwere Konstruktion halte der Jahrhunderte alte Turm dabei aus.

Das Eichenholz ist extra lang abgelagert, damit die Balken nicht mehr so stark arbeiten, bestätigt der Zimmermann. Mit frischem Holz sei das kaum zu machen, schätzt er ein. Noch besser wäre natürlich, wenn das Holz mehrere Jahrzehnte gelegen hätte, erklärt er. "Aber so etwas gibt es heute nicht mehr", weiß er auch.

Es sind vor allem die Eigenschaften des Holzes, die die Konstruktion so vorteilhaft machen. Die Schwingungen der Glocken werden von dem natürlichen Rohstoff viel besser aufgenommen und nicht an den Turm abgegeben. Damit werde das Mauerwerk nicht geschädigt.

Zwei Glocken befinden sich im Kirchturm. Darunter auch eine sehr alte Bronzeglocke. Sie überstand auf wundersame Weise die vergangenen Kriege, bei denen für die Rüstungsproduktion immer wieder auf die Glocken in den Kirchen zurückgegriffen wurde.

Langfristig hat sich die Kirchengemeinde für drei Glocken im Turm ausgesprochen. Früher hatte die Kirche nämlich diese Anzahl von Glocken. Eine Befestigungsmöglichkeit für eine dritte Glocke bringt der neue Glockenstuhl bereits mit, erklärt Karin Brune von der Kirchengemeinde. Sie wohnt direkt neben der Kirche und schaut sich zusammen mit ihrem Mann den Baufortschritt jeden Tag genau an. Sie sei froh, dass endlich etwas passiere, sagt sie am Rande der Bauarbeiten.