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Details zu den umstrittenen Berechnungen Güsten als Überschwemmungsgebiet: "Absoluter Blödsinn"

Von Franziska Richter 26.10.2013, 03:10

Güsten l Bürgermeister Helmut Zander (SPD) lud am Mittwoch zu einer ersten Informationsveranstaltung für Bürger zu den Neuberechnungen im Falle eines Jahrhunderthochwassers in das Güstener Rathaus ein. Zu seiner Enttäuschung waren nicht viele gekommen, wollte der "Deichgraf" doch alle Bürger noch einmal auffordern, gegen die Pläne Widerspruch einzulegen.

Dabei ist dies kein Widerspruch im herkömmlichen Sinne, sondern eine Art Unterschriftenliste, die Helmut Zander führt. "Das Landesverwaltungsamt möchte, dass ich der Behörde mitteile, wie viele Bürger die Pläne im Rathaus eingesehen haben. Daher brauchen wir möglichst viele Unterschriften", erklärt er. Je mehr Unterschriften der Stadt Güsten vorliegen würden, desto ehe würde man von Seiten des Landes her merken, wie groß der Widerstand gegen die Pläne sei. Helmut Zander habe mittlerweile auch Unterstützung für seinen Protest beim Kreistag erhalten, berichtete er.

Daher diente die Informationsveranstaltung noch einmal dazu, Bürger zur Unterschrift zu bewegen. Denn für Zander sind die Überschwemmungspläne ein absoluter Skandal: Kein Bauvorhaben könnten mehr ausgeführt werden, würde die Stadt Güsten komplett als Überschwemmungsgebiet im Falle eines HQ 100, ein Hochwasser, das alle 100 Jahre vorkommt, ausgewiesen werden. Ebenso äußerte sich Gerhard Malkowski (CDU), sein Stellvertreter: "Es ist wichtig, dass wir alle geschlossen hinter dem Widerspruch stehen." Stadtrat Hans Pfeiffer (SPD) meinte: "Kommen diese Pläne durch, entsteht für Güsten ein enormer Schaden für die Zukunft".

Ebenso sprach Steffen Globig, Verbandsgemeindechef, von einer "Katastrophe" und entschuldigte sich bei Helmut Zander während der Veranstaltung: "Herr Zander, Sie haben mich überzeugt. Ich entschuldige mich, dass ich das so nicht erkannt habe", und meinte damit seine Aussage (Volksstimme berichtete), die Pläne seien so hinzunehmen.

Denn Globig, die anwesenden Bürger und der Stadtrat ließen sich von Zander überzeugen, dass die Pläne - wie dieser sagt - größtenteils "absoluter Blödsinn" seien.

Helmut Zander hat sich mit Unterstützung des "Wasserexperten" Joachim Rosenthal die Karten genau angesehen und kam dabei auf Ungereimtheiten. Joachim Rosenthal sagte: "Ich kann das alles nicht nachvollziehen. Diese Berechnungen sind wie ein Damoklesschwert, das über Güsten schwebt. Ich kann auch nicht nachvollziehen, welche Ablaufwerte hier angewandt wurden. Mit den Ablaufwerten des Hochwassers 1994 können derartige Überflutungen gar nicht erreicht werden."

Hier einige Beispiele, die Zander als Ungereimtheiten in den Berechnungen anführte:

- Das Wasser, das bei einem HQ 100 in Güsten stehen würde, endet laut Karte an der B6 und würde die Straße nicht überschreiten. "Jeder weiß, dass die Straße nicht erhöht ist. Dass das Wasser dort Halt macht, ist der größte Witz des Jahrhunderts", so Zander.

- Laut Überflutungskarte würde in Warmdorf das Wasser vier Meter hoch stehen. Auch dies sei absolut unrealistisch. Das letzte große Hochwasser 1994 habe überhaupt nur einige wenige Bereiche der Stadt Güsten überschwemmt.

  • Die Überflutungsfläche, die extra neben den Bahnschienen an der B6-Brücke frei gelassen wurde, um Wasser im Notfall dort entlangzuführen, sei nicht berücksichtigt worden. "Warum das nicht enthalten ist, verstehe ich nicht", sagte Joachim Rosenthal.
  • Auch der Bahnhof in Ilberstedt wird nach den Berechnungen überflutet. "Dort stand noch nie Wasser", erklärt Zander und schüttelt nur den Kopf.
  • Die Flutmulde ist extra Hochwasser-Situationen eingerichtet worden und kann eine Million Kubikmeter Wasser fassen. Diese Fläche ist jedoch in den Berechnungen weiß - dort stünde bei einer Flut kein Wasser. Damit wäre die Hochwasserschutzmaßnahme, für die das Landesamt für Wasserwirtschaft und Hochwasserschutz (LHW) Sachsen-Anhalt Millionen investiert hat, nutzlos.
  • In der Ascherslebener Straße würde das Wasser ebenfalls vier Meter hoch stehen. Klaus Gerner aus Warmsdorf sagt dazu: "Da kann doch der Laie erkennen, dass das völlig falsch ist."