Versteigerung Happy End für die Ruine?
Die unendliche Geschichte eines einstigen Prachthauses in Staßfurt scheint nun doch ein glückliches Ende zu finden.
Staßfurt l In der scheinbar ausweglosen Situation einer verfallenden Villa in Staßfurt wird offenbar doch eine Lösung möglich. Im Dezember 2016 hieß es in der Staßfurter Volksstimme zu dem Gebäude noch: „Wenn alle Beteiligten machtlos sind“. Schon damals ging es um das einst schöne Haus in der Parkstraße 6.
Nach mindestens drei Jahren kann der Salzlandkreis das Haus jetzt in die Zwangsversteigerung führen. Diese findet in der kommenden Woche am Amtsgericht Aschersleben statt. Unter den anderen Immobilen, die meist über Banken oder andere Gläubiger unter den Hammer kommen, sticht dieses Haus hervor.
Denn auch wenn viele Ruinen im Salzlandkreis das Ortsbild stören, greift die öffentliche Hand eher selten zur Zwangsversteigerung. Der Sprecher des Salzlandkreises, Marco Jeschor, ordnet die Parkstraße 6 als Sonderfall im Vergleich zu ähnlichen Fällen ein: „Die Einleitung eines Zwangsversteigerungsverfahrens mit den daraus resultierenden Kosten für gerichtliche Auslagen zur Ermittlung eines Verkehrswertes ist aus wirtschaftlicher Sicht nicht sinnvoll.“
Das einstige Prachtgebäude mit Jugendstil-Elementen in der Parkstraße war über die Jahre mehr und mehr verfallen. Weil Hausschwamm nachgewiesen wurde, beschwerten sich 2016 auch die Nachbarn. Die Salzlandkreisverwaltung erklärte damals, dass sie in der Sache nicht vorankomme. Denn alle Schreiben an den Eigentümer verliefen ins Leere, er reagierte nicht. Sein Wohnort war unbekannt. Bei keiner Behörde hatte er seine richtige neue Adresse angegeben.
Drei Jahre später entscheidet sich die Salzlandkreisverwaltung für eine Zwangsversteigerung. Zum einen weil „nur eine geringe Belastung im Grundbuch vermerkt“ ist und „zum anderen bereits bestehendes Kaufinteresse bekannt war“. Der Salzlandkreis übernimmt zunächst die Kosten für das Verfahren vor Gericht. Denn für eine Versteigerung am Amtsgericht musste der Verkehrswert des Grundstückes festgestellt werden. Das Amtsgericht beauftragte einen Sachverständigen, der ein Gutachten erstellte und auf einen Verkehrswert von 30.000 Euro kam. „Die entstanden Kosten über 2500 Euro für gerichtliche Auslagen hat der Salzlandkreis zu tragen“, so der Sprecher.
Zwangsversteigerung klingt zwar drastisch. Sie ist für die Behörde aber die einzige Möglichkeit, in der Sache voranzukommen.
Denn nicht nur der Hausschwamm im Gebäude hätte damals die Nachbarhäuser angreifen können. Auch vom Dach drohten Teile herabzustürzen. Im November 2017 ließ der Salzlandkreis ein Baugerüst aufstellen und das Dach von einer Firma für 20.000 Euro notdürftig sichern.
Die Kosten dieser „Ersatzvornahme“ stellte der Salzlandkreis dem Eigentümer wie immer in Rechnung. Von diesem gab es wieder keine Reaktion. Also zahlte der Salzlandkreis und letztendlich der Steuerzahler die Dachreparaturen.
Das Problem solcher Ruinen zieht sich durch den gesamten Salzlandkreis: „Die Ausgaben für Gefahrenabwehrmaßnahmen 2019 belaufen sich mit Stand 10. Oktober auf 858.000 Euro“, erklärt der Sprecher. „In Rechnung gestellt wurde den jeweiligen Eigentümern insgesamt 657.700 Euro, wobei davon bisher lediglich 42.600 Euro beglichen worden sind.“
Der Salzlandkreis bleibt 2019 also auf 615.100 Euro sitzen, die Grundstückseigentümer noch schulden. Bis solche Kostenerstattungen der Behörden an Privat durchgesetzt sind, vergehe meist ein „längerer Zeitraum“.
Durch die Sicherungsarbeiten am Dach in der Parkstraße konnte der Salzlandkreis aber die Zwangsversteigerung vorantreiben: Wegen des unbekannten Aufenthalts des Eigentümers wurden der Gebührenbescheid und die Vollstreckungsankündigung im Amtsblatt und Bundesanzeiger veröffentlicht und damit „öffentlich zugestellt“. Die Sicherungshypothek für die Kosten der Ersatzvornahme am Dach wurde im Grundbuch eingetragen. Durch diese „Schuld“ konnte der Salzlandkreis als Gläubiger am Amtsgericht Aschersleben einen „Antrag auf Eröffnung eines Zwangsversteigerungsverfahrens“ stellen.
Die Parkstraße 6 ist eine seltene Ausnahme, wie Behörden bei verfallenden Häusern vorgehen können. Solche Voraussetzungen wie dort seien laut Kreissprecher Jeschor „selten gegeben“. Solche Verfahren gehörten kaum zum Tagesgeschäft des Salzlandkreises. „Im Regelfall bestehen mitunter erhebliche im Grundbuch eingetragene Belastungen, die vorrangig bedient werden.“