Heftige Niederschläge richteten große Schäden an Hecklingen: Hochwasser rollte 1937 durch den Ort
Die Hochwasserkatastrophe von 1937 erschütterte Hecklingen. Infos aus Zeitungen und Protokollbüchern verbunden mit Erinnerungen über das Ereignis, das dem Ort den Namen "Wolkenbuchhausen" einbrachte, hat ein Leser der Volksstimme zusammengetragen.
Hecklingen l Nichts war so wie es anfänglich schien am 21. Mai 1937 in Hecklingen. Der Tag soll mit herrlichem Sonnenschein begonnen haben. "Die Bäume blühten, die Saaten standen in saftigem Grün. Die Hecklinger waren beim Frühjahresputz", heißt es in einem Beitrag, den Ernst Meyer verfasst hat. Er schreibt, dass sich eine den ganzen Nachmittag stehende Gewitterfront gegen 18.30 Uhr über der Stadt und der umliegenden Feldflur entlud. Augenzeugen sollen seinen Aufzeichnungen nach berichtet haben, dass eine riesige Wolke plötzlich auf die Erde nieder fiel und in ungefähr zwei Metern Höhe auf Hecklingen strömte. "Großvieh, Ackerwagen, landwirtschaftliche Maschinen, Wohnungseinrichtungen, Lebensmittellager aus Geschäften und Futtervorräte wurden von der Gewalt des niedergehenden Wassers hunderte von Metern mitgerissen, weggespült und im Schlamm begraben." Literatur, die im Text zitiert wird, besagt, dass innerhalb von 30 Minuten ein Niederschlag von 45 Millimetern Höhe in der Stadt und 65 Millimetern Höhe in der Feldflur fiel. Es ist von ungeheuren Wassermassen die Rede. Im tiefsten Punkt der Stadt am heutigen Karl-Liebknecht-Platz habe die Flutwelle, auch durch Stauung, eine Höhe von vier Metern erreicht, heißt es. Aber: Bereits wenige Stunden nach der Katastrophe startete eine groß angelegte Aktion, so Meyer. Er berichtet von einem Großeinsatz vom 22. Mai bis 5. Juni und schreibt, dass 18 054 Personen mit dabei waren.
Tatkräftige Unterstützung kam auch von der Schule des Ortes, weiß der Hecklinger aus Schulprotokollbüchern von einer 8. Klasse, die mit anpackte. In den Aufzeichnungen wird berichtet: "Die ... Schüler standen der Einsatzleitung zur Verfügung, um den zum Einsatz gelangenden Fuhrwerken und Lkw als Begleiter auf der Fahrt nach ihren Aufladestellen beigegeben zu werden. Sie haben in der Zeit vom 22. Mai bis 5. Juni ihren Dienst, der nicht unwesentlich zum reibungslosen Verkehr in den Straßen beigetragen hat, ständig mit Lust und Liebe getan."
Am 14. Juni ging schließlich ein zweites Unwetter auf Hecklingen nieder. Nur dem Umstand, dass die Mauern des Trothaschen Schlossgartens schon eingestürzt waren und das Wasser in der ganzen Breite durch den Garten (heute Zahnarztpraxis Ohlinger und Altenpflegeheim) abfließen konnte, sei es zu verdanken gewesen, dass dieses Unwetter nicht so große Schäden anrichtete. Dennoch seien danach aber viele Menschen aus dem Ort weggezogen. Hecklingen soll damals auch "Wolkenbruchhausen" genannt worden sein.
Meyer, der heute 75 Jahre ist, berichtet, dass wenn er sich selbst an seine Kindheit erinnert, in den folgenden Jahren nach dem Hochwasser in der Familie und im Bekanntenkreis oft über die Hochwasserkatastrophe gesprochen wurde. "Auch für uns Kinder war es traurig zu hören, dass mit Frau Obeck auch die achtjährige Lieselotte Rieche bei diesem Hochwasser ihr Leben verloren hatte. Aber immer wieder kam in den Gesprächen auch die Hilfsbereitschaft das Zupacken vieler freiwilliger Helfer zum Ausdruck, die ... Lebensmut und Hoffnungen gaben."
Meyers Vater half auch mit. Der Sohn hat viele Presseartikel aus der damaligen Zeit, erschienen in der Staßfurter Zeitung. Aus einem Bericht, der am 26. Mai 1937 erschien, geht etwa hervor, dass zahlreiche Spenden in Sach- und Geldwerten eintrafen. "Diese spontane Hilfsbereitschaft, dieses Mitempfinden in Zeiten großer Not nahmen den Hecklingern die Zukunftsängste, gaben ihnen Hoffnung und Zuversicht." Viele Einwohner wollten nun wohl doch nicht mehr ihre Heimatstadt "Wolkenbruchhausen" verlassen, schätzt der Zeitzeuge.