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Leiter des Forstbetriebes Oberharz spricht im Gemeinderat Jörg-Peter Kaschner: Einschlag im Hakel ist Pflege für die nächsten 200 Jahre

Von Nadja Bergling 22.06.2010, 05:23

Hakeborn. Die Abholzung im Hakel spielte auf der Sitzung des Gemeinderates Börde-Hakel in der vergangenen Woche eine wichtige Rolle. "Die Bürgerinitiative, die sich in Hakeborn gegründet hat, hat hier schon einige Dinge ins Rollen gebracht. Wir haben uns gemeinsam den Hakel angeschaut", erklärte Bürgermeister André Kulak. Und zu diesem Thema wurde nun Jörg-Peter Kaschner, Leiter des Landesforsbetriebes Ostharz, eingeladen und schilderte die Problematik einmal aus einer anderen Sicht.

"Ich bin der Überzeugungstäter für das, was forstlich im Hakel passiert", machte Kaschner gleich zu Beginn deutlich. Er habe seit 1983 die Verantwortung für den Hakel. Trotzdem sei er verärgert darüber gewesen, dass er über die Medien mit den Problemen konfrontiert wurde, die sich über den Hakel in der Bevölkerung aufgebaut haben.

"Eigentlich haben wir doch alle das gleiche Ziel. Wir wollen einen gesunden Hakel mit einem stabilen Wald, der gut strukturiert und zukunftsorientiert ist", machte der Leiter des Landesforstbetriebes deutlich. Eines sei jedoch klar, die Vielzahl der Probleme können nicht an einem Abend geklärt werden. "Ich kann nur dazu aufrufen, dass wir uns die konkreten Waldprobleme vor Ort anschauen", so Kaschner weiter.

Verständnis für Ärger der Bürger

Der Forstbetriebsleiter zeigte auch Verständnis für die Dinge, die der Bürgerinitiative aufstoßen. "Wenn man um diese Jahreszeit von Heteborn kommend in den Hakel an die Cochstedter Straße fährt, und sieht die Bänke von Holz, dann dreht sich nicht nur der Laie, sondern auch der Fachmann um und fragt sich, was denn hier los sei", so Kaschner. Das sei eine Reaktion, die auch er nachvollziehen könne. Er erklärte aber auch den Grund dafür: "Früher konnte auf der ganzen Fläche des Hakels das Holz gelagert werden. Heute wird alles an die Cochstedter Straße gefahren und wird von dort abtransportiert." Diese Konzentration sehe besorgniserregend aus.

Dann sehe man die kaputtgefahrenen Arbeitsschneisen. Dabei handelt es sich aber nicht um die Wege. Eine Forderung des Naturschutzes war es, den Bodendruck auf der Gesamtfläche zu reduzieren, alles Holz nur noch über diese Schneisen zur Abfuhrstelle zu transportieren. "Früher war der Druck auf der ganzen Fläche, heute konzentrieren wir das auf diese Schneisen, die wir von anfangs 20 Meter auf 40 Meter erweitert haben", erklärte Kaschner den Anwesenden.

In diesem Winter sei der Eindruck des Holzeinschlages besonders stark. "Das ist auch richtig. Ich habe, nachdem sich im Januar die stabile Hochwetterlage abzeichnete, beim Naturschutz in Halle, einen Nachschlag beantragt, weil nach so vielen Jahren erstmals diese stabile Frost- und Schneewetterlage hatten. Und wenn man die Schläge sieht, die im Januar und Februar gelaufen sind, sehen sie auch nicht die Spuren auf dem Waldboden, weil dies sehr boden- und waldschonend bei Frost und Schnee ist", so Kaschner weiter.

Das sei übrigens wirklich der erste Einschlag 2009, der dem Durchschnitt entspricht, der für zehn Jahre genehmigt wurde.

80 Prozent der Eichen sind über 160 Jahre alt

Alle zehn Jahre wird von unabhängigen Gutachtern jeder Quadratmeter des Waldes aufgenommen. Das ist auch 2004 im Hakel gelaufen. Dabei wird festgestellt, was steht, wie viele Bäume, wie viel Festmeter in welcher Baumart, wie alt diese Bäume sind. Größe, Dicke, wie viel Verjüngung gibt es, spielen dabei ebenfalls eine Rolle. Und es wird das Ziel festgelegt, das man nach zehn Jahren erreicht haben will. "Und da haben wir den Vorrat im Hakel schon jetzt wieder in den letzten zehn Jahren um fünf Festmeter pro Hektar angereichert. Also ist es nicht weniger, sondern mehr Holz auf der Fläche geworden", erklärte Jörg-Peter Kaschner.

80 Prozent des Hakelwaldes sind Eichen mit einem Alter über 160 Jahren. "Nun muss man das mit einem Dorf vergleichen, in dem keine Kinder mehr geboren werden, das völlig veraltert und plötzlich alles bei 70 Jahren ist. Dann wird man schnell feststellen, dass sich die Reihen lichten. Nichts anderes passiert jetzt im Hakel", brachte Kaschner ein Beispiel.

Ob man das will, oder nicht. Wenn 80 Prozent der Fläche so alt sind und nichts getan wird, dann beginnen, so Kaschner, die Eichen zu faulen, brechen ein, werden anfälliger für Krankheiten und sterben dann ab.

Nach dem Unterschied zur Forstwirtschaft zu DDR-Zeiten und der heutigen erkundigte sich Bürgermeister André Kulak. "Damals war der Wald viel jünger und die Schonung des Bestandes wichtig", erklärte Kaschner. Der Bestand wurde über Kahlschlag verjüngt. "Das ist aber seit den 90er Jahren nicht mehr gewünscht. Und da es sich bei der Eiche um eine Lichtbaumart handelt, die Licht im Kopf haben muss, muss im Oberbestand Licht geschaffen werden. Und somit ist der Eingriff in den Oberbestand des Hakels, der am sichtbarsten ist, nötig.

"Heute nutzen wir die Verjüngung auf der ganzen Fläche. Und die kommt super. Wir wollen für den Hakel einen Eichenwald erhalten. Das ist auch die Ursache, warum wir jetzt Eichenpflege machen. Und der Einschlag ist eine Maßnahme für die nächsten 200 Jahre. Wenn wir heute aufhören, im Hakel tätig zu sein, wird es ein Buchenwald mit Haselnuss und Holunder. Das sehen wir in den Totalreservaten", so Kaschner.

Weitere Probleme möchte der Leiter des Forstbetriebes Ostharz bei der nächsten Hakelwanderung am 3. Juli klären und steht für weitere Fragen gerne bereit.