50 Jahre FSGW Combo Staßfurt mit großer Party im Sodawerk-Saal gefeiert Mit fast 70 kein bisschen leise, jetzt aber sind die Jungen dran
Mit Rollstuhl und Rollator schoben die schon etwas betagten Jungs in den Sodawerk-Saal, umsorgt von drei reizenden Schwestern. Der Gag der FSGW-Combo kam bei den Gästen an, genau wie ihre Titel von vor 50 Jahren. Das Musikertreffen, hauptsächlich organisiert von den mittlerweile fast 70-Jährigen, sollte seine Fortsetzung finden. Dann aber durch den Verein Aktiver Musiker einschließich Nachwuchsband Take Off, die dafür den Staffelstab überreicht bekamen.
Staßfurt. Die roten Jacken von einst passten längst nicht mehr. Doch auch für diesen Erkennungs-Part scheuten die Mitglieder der FSGW-Combo weder Kosten noch Mühe. 50 wird man schließlich nur einmal. Sänger und Saxophonist Klaus Poschke hatte sogar seinen Original-Lederschlips umgebunden.
Drei reizende Schwestern führten die Oldies nun besorgt zur Bühne. Und auch die bedeutete ein Jungbrunnen für die fast 70-jährigen Jubiläumsmusiker. Jürgen Becke, Ewald Egerer, Hans-Joachim Müller, Klaus Poschke und Ingo Neubert (in Vertretung seines Vaters) stellten alle Gehhilfen in die Ecke und nahmen Instrumente und Mikrofone in die Hand. "Eigentlich wollten wir gar nicht mehr spielen, mit Samplern nur so tun als ob", verriet "Ami" Müller später. Das lehnte Jürgen Becke kategorisch ab: "Nicht mit mir!" Und so ging die Post ab und zwar live. Unter den staunenden Augen der Gäste – überwiegend Musiker und Fans der Staßfurter Band. Die einzige übrigens in der Region mit Sonderstufe in den 60er und 70er Jahren.
Von ihrer Erkennungsmelodie "Hoots Mon" an über "Rote Lippen" und "Souvenirs, Souvenirs" – 20 Minuten lang fühlten sie sich garantiert wie 20 und mit ihnen wohl auch ein Großteil im Saal. Es lief wie damals. Ein Heimspiel. Denn als die FSGW-Combo (FSGW steht für Fernsehgerätewerk) begann, hatte das Fernsehwerk noch keinen Saal und "Hier auf der Soda und im Ernst-Thälmann-Saal vom CAS haben wir uns viel ,rumgetrieben‘", bemerkte Jürgen Becke nach dem gelungenen Comeback. Mit ihrer Einstufung hatte die FSGW-Combo einst sogar die Ehre, vor Konzerten von Karat und den Puhdys zu spielen.
"Das sind Musiker, und da hört man mal gute Kritik aus berufenem Munde"
Nun hieß es aber für sie, den Abend zu genießen. An alles war gedacht. Von der Mucke der Gästebands Take Off, Taste, Sticky Strings und Roots (mit Juny-Sängerin Antje Reich) bis zum Imbiss. Selbst ein Moderator aus Berlin wurde engagiert. Das Programm geriet zwar dank der Bahama Blues etwas aus dem Ruder – die Bernburger Band (super Handwerk) nahm die Veranstalter in ihrer Ankündigung wörtlich und stöpselte sich kurzerhand ein. Doch dann gehörte die Bühne endlich wie geplant der Staßfurter Nachwuchsband Take Off. Die 14- und 15-Jährigen wussten die Gelegenheit zu schätzen und spielten was das Zeug hielt. "Das Publikum fetzt. Das sind Musiker, und da hört man mal gute Kritik aus berufenem Munde", so die begeisterte Take-Off-Sängerin Katharina Kaufmann kurz nach dem Auftritt. Sie und ihre Jungs waren zudem auserkoren, über "Kalle" Stohge als Chef des Vereins Aktiver Musiker den symbolischen Staffelstab von der Musikerszene von einst zu übernehmen.
Ob die Teenies ihn nun bereits in zwei Jahren weitergeben, wie Moderator Klaus Banse es forderte, wird man sehen.
Die Option, den Sodawerk-Saal wieder für so eine Veranstaltung nutzen zu können, stehe jedenfalls, wie Jürgen Becke an diesem Abend vom Herrn des Hauses vernahm. Ulrich Eichhorn zeigte sich positiv überrascht von der Resonanz des Jubiläumstreffens: "Dass sich die Musiker ihrer Tradition so verpflichtet fühlen, ist ganz toll. Das ist unsere Jugend gewesen." Eichhorn fühlte mit dem vollen Saal außerdem auch ein klein wenig die 600 000-DM-Investition von 1995 in die werkseigene Immobilie wieder bestätigt.
Ein originelles Dankeschön für die Saalnutzung überreichte ihm im Namen der Musiker-Generationen des Salzlandkreises noch Manfred Steinberg – "als ,Ur-Fan‘ der FSGW-Combo", wie Jürgen Becke im Nachhinein erklärte. Über den Staßfurter Bergmann in Kleinformat freute sich Ulrich Eichhorn sichtlich.
"Wir werden nächstes Jahr erstmal Fünf, was aber auch schon Grund zum Feiern ist"
Dass der Abend ein gelungener war, zeigte sich auch in zahlreichen weitgereisten und zufriedenen Combo-Freunden. Wie Bernd Kniep beispielsweise, der ehemalige Fernsehwerker aus Niedersachsen hatte aus der Volksstimme von der Musikerfete erfahren und traf auf Hans-Joachim Müller, der ihm einst mit einem Verstärker für seine Disko half.
Oder Siegfried Möhlhenrich aus Dessau. Er stand vor 55 Jahren als Soda-Lehrling erstmals mit einer Theater-AG auf der hiesigen Bühne, spielte später in Förderstedt in einer eigenen Band. Mitglieder der einstigen Güstener Gruppe Gemini ließen sich das Wiedersehen ebenso wenig entgehen, wie eine Abordnung der Bernburger Musikerszene, die mit 30 Leuten und Bus anreiste.
Dass die Technik heutzutage etwas mehr Watt in den Saal bläst als vor 50 Jahren, das hätten Beckes Jungs vielleicht bedenken können. Die Mehrzahl der Feiernden verließ das Objekt dennoch erst nach Mitternacht. Mit Sicherheit mit dem guten Gefühl, dass sie eine tolle Veranstaltung verpasst hätten, wären sie nicht dabei gewesen. Als Beweis für alle anderen soll nun übrigens eine DVD erstellt werden, wofür die Musiker gern Fotos oder Videoaufnahmen verwenden würden, die die tollen Stunden festhielten (E-Mail: administrator@vam09.de)
Könnte sich Take Off eigentlich vorstellen, das Erlebte irgendwann mal selbst auf die Beine zu stellen? "Wir werden nächstes Jahr erstmal Fünf, was aber auch schon Grund zum Feiern ist", so Katharina Kaufmann. "Danach stehen Abi und Studium im Vordergrund", meint Kilian Scholla, "Wer weiß, was dann kommt. Schön wär‘s, wenn es uns nicht so weit voneinander weg verschlägt." An einen 50. Bandgeburtstag will unterdessen von den 14- und 15-Jährigen verständlicherweise noch lange niemand denken ...