Arfican Vocals Musik aus Namibia reißt mit
Die „African Vocals“ waren in Staßfurt. Die A-cappella-Band probte mit dem Gymnasiumchor.
Staßfurt l Wenn der Chor des Staßfurter Dr.-Frank-Gymnasiums in seinen Konzerten singt, klingt das schön. Die Mädchen und Jungen stehen ordentlich gekleidet in weißen Hemden und Blusen sowie schwarzen Röcken und Hosen auf der Bühne. Beim Singen sind sie hochkonzentriert. Die Sänger der „African Vocals“ lieben den Klang der jungen Stimmen. Jetzt haben sich Joel, Josef, Danzil, Eduardo, Armanis, Sebulon, Dennis und Sylvanis unter die Stimmgruppen des Gymnasiumchores gemischt - und die Reihen ordentlich aufgemischt. Denn wenn in Namibia, dem Heimatland der Gruppe, gesungen wird, dann steht niemand still.
Die Kinder und Jugendlichen erlebten eine spannende Probe. Im Workshop studierten sie gemeinsam mit der Vokalgruppe aus Swakopmund „The Lion sleeps tonight“ ein. Mehrstimmig erklingt der Satz. Zur Melodie im Sopran intonieren die Unterstimmen eine Begleitung, die auch ein rhythmisches Gerüst bildet. Trommeln der „African Singers“ kommen dazu.
Leiter Joel ermuntert alle, sich zu bewegen, zu klatschen, Arme und Beine einzubeziehen. Plötzlich klingt es nach Savanne und alle Gesichter strahlen wie die Sonne, auch wenn draußen dunkle Wolken über der Schule hängen. Afrika-Feeling in der Aula. „Das ist afrikanische Musik pur“, sagt Musiklehrerin Bettina Eisenächer wippend und kann sich den Rhythmen nicht entziehen. „Toll, dass wir das mit dem Chor so erleben und von den Profis lernen“, ergänzt ihr Kollege Ralf O. Schubert.
2012 finden sich die musikbegeisterten Männer in Mondesa, einem ehemaligen Township von Swakopmund, zusammen. Sie und ihre Nachbarn gehören zu den Ärmsten in Namibia. Geld für Musikinstrumente hat niemand, wenn es um das tägliche Überleben geht. So beschließen die Jungen, a cappella, also unbegleitet zu singen. Swakopmund sei die Stadt der Chöre, sagt Leiter Joel. „Umso schwerer war es aber auch am Anfang, Auftrittsmöglichkeiten zu bekommen.“
Doch die Gruppe wird immer bekannter. Sogar in Deutschland. Der Männergesangsverein „Eufonia“ aus Brühl war zu Gast in Swakopmund und erlebte die „African Vocals“. Die Einladung für den Gegenbesuch folgt prompt. In Namibia gibt es Deutsche, die das Vorhaben unterstützen und weitere Sponsoren finden. „2014 ging unser Traum in Erfüllung“, sagt Joel. „Die erste Fahrt nach Deutschland.“ Seit dieser Zeit hat sich das Vokalensemble verändert.
Neue Mitglieder kommen hinzu. 2015 tritt die Gruppe bei einer Talentshow im namibischen Fernsehen auf. Gegen 250 Mitbewerber kommen die Musiker in das Finale und erreichten als reine Gesangsgruppe den fünften Platz. Seither haben sich die „African Vocals“ unter Anleitung von Dörte Witte gesanglich verbessert und üben auch Choreographien für ihre Stücke ein. Beflügelt durch viele Auftritte und über die Reaktionen in sozialen Netzwerk, entschließt man sich zu einer zweiten Tour.
Diese Reise wird jetzt unterstützt von Burchard Führer, dem Honorarkonsul der Republik Namibia für Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Der Ehrenkonsul hat die Schirmherrschaft über die Tournee übernommen. Sein Büro kümmert sich um Auftrittsmöglichkeiten und darum, dass die Gruppe immer untergebracht ist, die deutschen Konzertorte kennenlernt und in Projekten vor allem mit Schülern zusammenkommt. „Das ist Kulturaustausch und Völkerverständigung im besten Sinne“, sagt Andreas Konietschke, Büroleiter im Konsulat.
„Für uns war die Betonung der Workshoparbeit sehr wichtig. Hier im Gymnasium Staßfurt erlebt man, dass die Musik schnell Berührungsängste abbaut und Neugier aufeinander weckt.“ Die Geschichte der „African Vocals“-Sänger sei eindrucksvoll. Sie hätten sich für ihre Leidenschaft eingesetzt und dafür gekämpft, Musik machen zu können. Das könne für jeden, der die Sänger erlebt, Vorbildcharakter haben.
„Die African Vocals haben inzwischen ein so gutes musikalisches Niveau erreicht, dass sie ein Aushängeschild für Namibia geworden sind und vielleicht auch Menschen hier in Deutschland begeistern, das Land einmal zu besuchen“, so Andreas Konietschke. Der Konsulatsmitarbeiter betont nicht zuletzt, dass das Vokalensemble bei dieser Tour um Spenden bittet, mit denen soziale Projekte und Musikbildung in Namibia unterstützt werden. „Die Gruppe gibt somit von der Hoffnung weiter, die auch ihren eigenen Werdegang ausmacht.“ Neben Staßfurt besuchen die „African Vocals“ verschiedene Orte in der gesamten Republik. Sie waren in Frankfurt/Main, besuchten Hannover und Celle und werden jetzt noch in Dessau, Dresden und Freiberg/Sachsen erwartet.
In Staßfurt gaben die Sänger nach ihrem Workshop und einem Stadtrundgang am Abend auch ein Konzert in der Leopoldshaller Johanniskirche. Die Gymnasiasten wirkten dabei selbstverständlich mit. „Musik aus anderen Ländern und Kulturkreisen spielt im Unterricht eine Rolle. Aber besser vermitteln als heute, können wir dieses Thema nicht“, sagt Lehrerin Bettina Eisenächer.