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Kita Naht das Ende der Kita „Bergmännchen“ in Staßfurt?

Im September 2019 mussten die Kinder aus der Kita „Bergmännchen“ in Staßfurt ausziehen. Die geplante Sanierung liegt aber auf Eis. Wie es weiter geht, ist unklar. Obwohl sich der Stadtrat in der Vergangenheit klar für den Erhalt der Kita ausgesprochen hatte, wird die Einrichtung wieder in Frage gestellt. Eine Video-Konferenz wirft neue Fragen auf.

Von Enrico Joo 10.05.2021, 17:13
Die Kita „Bergmännchen“ in der Staßfurter Schlachthofstraße ist im September seit zwei Jahren ausgelagert. Im Sommer 2020 protestierten Eltern vor der Kita gegen die Schließung. Der Stadtrat sprach sich für den Standort aus. Die Zukunft ist trotzdem ungewiss.
Die Kita „Bergmännchen“ in der Staßfurter Schlachthofstraße ist im September seit zwei Jahren ausgelagert. Im Sommer 2020 protestierten Eltern vor der Kita gegen die Schließung. Der Stadtrat sprach sich für den Standort aus. Die Zukunft ist trotzdem ungewiss. Foto: Enrico Joo

Staßfurt

Im September 2021 wird es in der Kita „Bergmännchen“ in Staßfurt einen traurigen Jahrestag geben. Dann ist es zwei Jahre her, dass die Kinder aus der Einrichtung in der Schlachthofstraße ausquartiert wurden. Seit 2019 sind die Kinder im Gebäude der Kita „Sandmännchen“ in der Sülzestraße zu Hause.

Der Plan war es, das Gebäude in der Schlachthofstraße zu sanieren. Diese Pläne liegen auf Eis, weil der Architekt laut Stadt unbrauchbare Pläne vorgelegt hatte. Die Fördermittel für den Umbau mussten zurückgezahlt werden. Seitdem wissen Eltern und Kinder nicht, wie es mit der Kita „Bergmännchen“ weitergeht.

Nachdem es ein paar Monate still war, wurde die Kita nun Ende April in einer Video-Konferenz thematisiert. Der Stadtrat in Staßfurt hatte von der Verwaltung eine Konzeption für das „Bergmännchen“ verlangt, die bis Ende April vorliegen musste. Die Stadt hatte die Sachsen-Anhaltinische Landesentwicklungsgesellschaft mbH Magdeburg (Saleg) als Expertin ins Boot geholt. Die Saleg berät und unterstützt und versucht, als externer Partner bei Planungsschwierigkeiten Lösungswege aufzuzeigen. So auch beim „Bergmännchen“.

In einer gemeinsamen Sitzung mit den Fraktionsvorsitzenden und der Stadt stellte die Saleg am 29. April ihre Untersuchungen vor. Laut Volksstimme-Informationen informierte die Saleg darüber, dass die Auslastung der Kitas in Staßfurt die nächsten Jahre sinken wird. So sei ab 2025 nicht mehr der Bedarf da, um diese Vielfalt an Einrichtungen anzubieten. Perspektivisch müsse darüber nachgedacht werden, Kitas zu streichen. Dabei stehen Kitas im Fokus, die einen hohen Investitionsstau haben. Das sind in Staßfurt die Kita Löderburg, die Kita „Leopoldshaller Spatzennest“ und die Kita „Bergmännchen“.

Die Löderburger Kita ist die einzige im Ort und kommt nicht infrage. Der Vorteil der Kita in Leopoldshall ist die Nähe der Grundschule „Ludwig Uhland“. Demnach hat die Kita „Bergmännchen“ die schlechtesten Karten, weil der Investitionsstau zudem sehr hoch ist. Eine Zusammenlegung von „Bergmännchen“ und „Leopoldshaller Spatzennest“ könnte helfen. Das stand schon einmal im Raum.

Recht auf ganztägige Betreuung ab 2025?

Die Stadt Staßfurt muss sich zudem Gedanken darüber machen, wie die Kita- und Hort-Landschaft ab 2025 generell aussehen soll. Die Pläne für einen Ganztagsbetreuungsanspruch für Kinder im Grundschulalter sind fortgeschritten. Ab 2025 könnte das Gesetz gelten, wenn es auf Bundesebene beschlossen wird. Infrastrukturell sinnvoll ist es dabei, die Horte zurückzuholen an die Grundschulen. So wären die Wege für die Kinder kürzer. Bisher sind die Horte den Kitas angegliedert. Auch hier hat die Kita „Bergmännchen“ schlechte Karten, weil es keine Nähe zu einer Grundschule gibt.

Zum Ganztagsbetreuungsanspruch teilt Florian Heidler, Fachbereichsleiter I der Stadt Staßfurt, mit: „Der Stadt Staßfurt liegt der Referentenentwurf eines Gesetzes zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter (Ganztagsförderungsgesetz) vor. Mit dem Ganztagsförderungsgesetz soll ein individueller Rechtsanspruch auf ganztägige Förderung für Grundschulkinder der Klassenstufen 1 bis 4 ab dem Jahr 2025 eingeführt werden.“ Und weiter: „Das Ganztagsförderungsgesetz befindet sich mitten im Gesetzgebungsverfahren. Unter anderem ist noch die Finanzierung ungeklärt. Der Inhalt und die Umsetzung des Ganztagsförderungsgesetzes werden derzeit in der Stadt Staßfurt geprüft. Das Ganztagsförderungsgesetz wird seitens der Stadt Staßfurt grundsätzlich begrüßt.“

Wie geht die Stadt mit den leisen Plänen für eine langfristige Schließung der Kita „Bergmännchen“ um? „Bezüglich des Fortbestandes des Standortes der Kita Bergmännchen wird seitens der Verwaltung eine Beschlussvorlage vorbereitet“, so Florian Heidler. Die Kita wird in den kommenden Ausschüssen und im Stadtrat Thema sein.

Die Lokalpolitiker machen sich aber schon jetzt Gedanken. „Wir fordern Klarheit. Diese Hängepartie bei der Kita Bergmännchen ist nicht mehr zu ertragen“, sagt Stephan Czuratis, Fraktionsvorsitzender der CDU. „Vielleicht ist die Schließung die billigste Variante. Aber es braucht einen Beschluss. Wir können das nicht mehr ewig auf die lange Bank schieben. Mein Herz hängt an der Kita.“

FDP: Überkapazität der Kita-Plätze von 300

Bianca Görke (Linke) wundert sich: „Die Diskussion hatten wir schon einmal. Es gibt ein Bekenntnis des Stadtrats zum Bergmännchen. Daran müssen wir uns halten. Wir stehen bei den Erziehern und Elternvertretern im Wort“, sagt sie. Eltern würden sich verklapst vorkommen. „Übrigens hat die Kita den Demografiecheck schon einmal bestanden, sonst hätten wir dafür keine Fördermittel bekommen.“ Görke findet, dass die Untersuchung nicht ergebnisoffen war. „Die Begründung ist an den Haaren herbeigezogen. Wir haben uns schon mal mit den Prognosen geirrt“, sagt sie. Sie halte auch nichts von riesigen Kitas. „Auch Minimalvarianten sind gut.“

Für die FDP bestätigte die Saleg nur frühere Gedanken der Fraktion. „Wir haben in Staßfurt eine Überkapazität der Kita-Plätze von 300“, sagt Günter Döbbel. Daran habe sich nichts geändert, auch beim Bergmännchen. „Baulich ist die Kita das schlechteste Modell. Sie kann vermutlich nicht mehr saniert werden“, so Döbbel. Er setzt auf den Stadtrat, der sich weitere Schritte überlegen muss. Er sagt zudem: „CDU, SPD und UBvS hatten sich da mit einem Beschluss für eine Kita-Konzeption verrannt. Wir haben die Diskussion nicht angefangen.“

Die Unabhängige Bürgervertretung Staßfurt (UBvS) wartet noch ab. „Wir haben die Informationen zur Kenntnis genommen und müssen sehr sorgfältig darüber beraten. Es sind noch einige Fragen offen“, sagt der Fraktionsvorsitzende Harald Weise.

Kita Leopoldshall nicht sanierungsfähig

Ähnlich sehen es SPD/Grüne. „Wir müssen das sacken lassen und dann bewerten“, sagt der Fraktionsvorsitzende Michael Hauschild. Seine Fraktion will sich in dieser Woche mit Vertretern des Eltern-Kuratoriums der Einrichtung austauschen. Hauschild findet es aber gut, dass die Verwaltung bis September eine Konzeption für alle Kitas, Horte und Schulen in Staßfurt vorlegen will.

Die AfD findet, dass die Stadt das Problem mit der Kita „Bergmännchen“ selbst geschaffen hat. „Die Kita ist der erste Streichkandidat, weil die Kinder in 2019 ausgelagert wurden und die Betriebserlaubnis erloschen ist“, sagt der Fraktionsvorsitzende Matthias Büttner. „Es ist haarsträubend, wie mit den Kindern umgegangen wird.“

Büttner erinnert daran, dass die Kita in Leopoldshall „nicht sanierungsfähig ist“, wie er sagt. „Es gab einen Beschluss für einen Neubau. Weil die Planung nicht fristgemäß umsetzbar war, wurden die Fördermittel in Projekte in der Gollnowstraße umgeleitet und später nach Förderstedt.“ Büttner vermutet zudem, dass die Stadt Interesse daran hat, das „Bergmännchen“ zu schließen. „Vielleicht wurde die Saleg beeinflusst und hat nicht neutral ermittelt?“, fragt er.