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Umweltschutz Naturfreundin contra Umweltamt

Melanie Krüger reichen die Praktiken der Stadt Staßfurt, bei der die Staßfurterin schwere Verstöße gegen Umwelt- und Naturschutz sieht.

27.07.2020, 23:01

Staßfurt l Die Empörung war groß, als Anfang Mai blühende Bäume und Sträucher für eine grundhafte Sanierung des Postring-Parkplatzes in Staßfurt entfernt wurden (Salzland-Kurier berichtete).

Die Stadtverwaltung verwies auf eine Sondergenehmigung der unteren Naturschutzbehörde und versicherte, durch den schnellstmöglichen Maßnahmebeginn der beginnenden Brutzeit zuvorzukommen.

Damit hatte die Stadt die Rechnung ohne Melanie Krüger gemacht. Viele Bürger äußerten ihren Unmut über die Fällung zu diesem Zeitpunkt. Doch Melanie Krüger kritisierte die Vorgehensweise nicht nur öffentlich, die Staßfurterin verfasste eine Fachaufsichtsbeschwerde und schickte sie ans Landesverwaltungsamt.

In erster Linie richtet sich die Beschwerde gegen die Sondergenehmigung der unteren Naturschutzbehörde (UNB) des Salzlandkreises. Eine Fachaufsichtsbeschwerde ist übrigens nicht zu verwechseln mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde, die sich gegen eine bestimmte Person im Amt richtet.

Wie Melanie Krüger mitteilt, habe sie bei einer Akteneinsicht feststellen müssen, „dass bereits die Stadt Staßfurt schwerwiegende Verfahrensfehler gemacht hat und dass die genehmigende Behörde, also die UNB, diese nicht beanstandet hat, ihrer Prüfpflicht nicht nachgekommen ist und den Vorgang einfach ,blind durchgewinkt‘ hat“.

Die Staßfurterin ist der Meinung, dass die Behörde des Salzlandkreises „einen völlig unzureichenden und fehlerhaften Genehmigungsbescheid erlassen hat, der keine Begründung für die Notwendigkeit der Maßnahme enthält und keine Darlegung der Abwägung der öffentlichen Interessen“. Die jedoch seien gesetzlich vorgeschrieben.

„Das Begehungsprotokoll (Besichtigung des Parkplatzes) ist kurz gesagt ein Witz“, so die Naturfreundin weiter, „Beispielsweise decken die Schutzvorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes eben nicht nur das bloße Vorhandensein von Vogelnestern ab. Es zeigt auf, dass die Verantwortlichen nicht die geringste Ahnung von Artenschutz, Umweltschutz und den maßgeblichen Rechtsvorschriften besitzen.“ Harter Tobak.

Melanie Krüger setzt noch einen drauf: „Das gesamte Verfahren lief gemäß dem Tenor ,schnell alles wegmachen, bevor sich Vögel einnisten‘, wurde äußerst schlampig, fehlerhaft, rechtswidrig und verantwortungslos geführt sowohl von der Stadt Staßfurt als auch von der UNB.“

Von der Stadtverwaltung war zur Fachaufsichtsbeschwerde lediglich zu hören, dass sich diese Beschwerde gegen die untere Naturschutzbehörde richte. Die habe den Antrag der Stadt geprüft und die Sondergenehmigung erteilt, nach der man schließlich gehandelt hat.

Der Salzlandkreis sieht derweil „auch an öffentlich bekanntgewordenen Beispielen ein gestiegenes Interesse von Bürgern an Naturschutz- und Umweltthemen“. Wie Pressesprecherin Marianne Bothe mitteilt, könne diese gesellschaftliche Veränderung durch das Bemühen der unteren Naturschutzbehörde von Amts wegen unterstützt werden.

„Auf jeden Fall hat unsere Behörde auch den Antrag der Stadt Staßfurt sorgfältig geprüft und gesetzeskonform entschieden, wie das in allen vergleichbaren Fällen erforderlich ist“, versichert die Pressesprecherin.

Eine Fachaufsichtsbeschwerde, mit der eine konkrete fachliche Entscheidung überprüft werden kann, empfinde man durchaus als legitim. Dass sich die Bürgerin damit an das Landesverwaltungsamt gewandt habe, sei ihr gutes Recht. „Die übergeordnete Behörde muss über diesen Rechtsbehelf entscheiden“, weiß Marianne Bothe.

Sie legt nochmal dar, wie die untere Naturschutzbehörde zu ihrer Entscheidung kam. So hätte die Stadt Staßfurt eine Befreiung von Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes zur Sanierung des Postrings beim Salzlandkreis beantragt und damit begründet, dass anderenfalls eine unzumutbare Belastung durch monatelangen Bauverzug entstünde, wenn die Bäume und Sträucher frühestens ab 1. Oktober gefällt werden dürften. Der Artenschutz würde eingehalten werden können, erinnert Bothe an die Begründung der Stadt.

Nach Prüfung der Sachlage habe die untere Naturschutzbehörde feststellen können, dass auch bei Durchführung der Fällarbeiten innerhalb der Verbotszeit am betroffenen Standort keine artenschutzrechtlichen Verstöße zu befürchten seien.

„Nach Abwägung der Belange zum Artenschutz gegenüber dem öffentlichen Interesse der Stadt Staßfurt an einer planmäßigen Sanierung des Parkplatzes wurde der Antrag der Stadt Staßfurt mit Datum vom 31. März 2020 positiv beschieden“, beschreibt Marianne den weiteren Werdegang, „Die Befreiung im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes wurde bis zum 30. April 2020 erteilt, da innerhalb dieser Zeit eine artenschutzrechtliche Betroffenheit faktisch ausgeschlossen ist.“

Zum Stand des Verfahrens beim Landesverwaltungsamt (LVA) als obere Naturschutzbehörde und Fachaufsicht war dort am Freitag zu erfahren, dass sich die Beschwerde noch im Prüfverfahren befinde.

„Weitergehende Auskünfte zu diesem Sachverhalt können deshalb zum jetzigen Zeitpunkt nicht erteilt werden“, so die stellvertretende Pressesprecherin Katharina Steinhardt von der Stabsstelle Kommunikation des Landesverwaltungsamts in Halle.

Melanie Krüger hatte die Fachaufsichtsbeschwerde am 3. Mai 2020 an das dortige Referat Naturschutz, Landschaftspflege, Bildung für nachhaltige Entwicklung gerichtet.

Offen bleibt bis dato also die Frage, ob Stadt Staßfurt und untere Naturschutzbehörde Salzlandkreis aus Sicht der Gesetzeshüter gegen Natur- und Umweltschutzgesetze verstoßen haben oder nicht. Einerseits mit der Vorhabenplanung, andererseits mit der Genehmigung.

Auch die Frage, mit welchen Konsequenzen beide zu rechnen hätten, lässt das LVA wegen des laufenden Prüfverfahrens unbeantwortet.

Eine Frist, bis wann es zu einer Entscheidung zu kommen hat, gebe es nicht, so Katharina Steinhardt, versichert aber, dass die Fachaufsicht die Beschwerde ernst nehme und entsprechend recherchiere. Und natürlich habe die Bürgerin ein Recht auf eine Antwort.

Melanie Krüger ist nach einem Zwischenbescheid der Meinung: „Die Fachaufsichtsbeschwerde hat die Mängel in diesem Verfahren offengelegt. Wir wissen aber auf Grund der Erfahrungen vergangener Jahre und des Gebarens der Stadt Staßfurt – zum Beispiel im Bereich der Grünflächenpflege –dass diese verantwortungslose und rechtswidrige Arbeitsweise scheinbar seit Jahren praktiziert wird.“

Die Staßfurterin unterstreicht: „Dass einfach so weitergemacht wird wie bisher – genau das wollen wir nicht. Diese Missstände müssen endlich beendet werden.“