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Baupfusch Sporthalle in Löderburg gesperrt

Die Mehrzweckhalle in Löderburg ist gesperrt, weil beim Bau vor 20 Jahren Auflagen nicht erfüllt wurden. Es gab keine Baugenehmigung.

01.02.2019, 09:00

Löderburg l Die Bombe platzte im Sitzen. Hans-Georg Köpper war als Überbringer von schlechten Nachrichten gefragt. Und – wie immer in einem solchen Fall – eröffnete der Fachbereichsleiter der Stadtverwaltung das Gespräch am Freitag mit einer Eingangsfrage: „Sitzen Sie gut?“. Erst, wenn er ein Ja bekam, redete er weiter. Aus gutem Grund, hatte Köpper doch Sorgen, seine Zuhörer würden sonst einfach umfallen.

Die Sport- und Mehrzweckhalle in Löderburg musste am Montag geschlossen werden. Der Grund: „Da die bauliche Anlage nicht ordnungsgemäß fertiggestellt wurde, hätte sie nicht benutzt werden dürfen“, teilt die Stadt mit. „Deshalb ist die Nutzung der Sport- und Mehrzweckhalle Löderburg rechtlich nicht zulässig.“

Was ist passiert? Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat, war eine Brandsicherheitsschau, die der Brand-, Katastrophenschutz und Rettungsdienst des Salzlandkreises am 6. November 2018 durchgeführt hat. In einem Schreiben vom 12. Dezember 2018 wurde die Stadt Staßfurt darüber in Kenntnis gesetzt, dass Auflagen zur Gewährleistung der Brandsicherheit gestellt worden und es zudem brandschutztechnische Mängel gibt. So weit noch relativ unspektakulär: „Das waren keine Sachen, weswegen man die Halle schließen müsste“, erklärt Hans-Georg Köpper. Da ging es unter anderem um Flucht- und Rettungswegpläne oder um Türen, die nicht von selbst schließen. Mängel also, die behoben werden könnten.

Doch danach nahm die Katastrophe ihren Lauf. „Nach intensiver Recherche aller vorliegenden Unterlagen wurde weiterhin festgestellt, dass die Sport- und Mehrzweckhalle in Betrieb genommen wurde, ohne dass die in der mit Datum vom 4. November 1998 erteilten Baugenehmigung genannten Auflagen erfüllt wurden“, teilt die Stadt mit. Hier ging es zum Beispiel um eine Rauch- und Wärmeabzugsanlage, die sich nicht automatisch auslösen lassen ließ oder die Vorlage geänderter Baupläne für den Treppenraum. Diese Auflagen wurden nie umgesetzt, die Halle in Löderburg hätte so nie in Betrieb gehen dürfen.

Warum das all die Jahre niemand gemerkt hat? „In die Baugenehmigung hat nie jemand hereingeschaut“, sagt Hans-Georg Köpper. „Weil wir natürlich davon ausgingen, dass das alles rechtens war.“

Doch wer hat damals 1998 die Baugenehmigung trotz fehlender Auflagen erteilt? Die Stadt recherchiert selbst noch. Damals war Löderburg noch eigenständig, wurde aber von Staßfurt verwaltet. „Wir forschen natürlich in den Archiven der Stadt und vom Landkreis“, so Köpper. Wer hat versagt? „Da gibt es mehrere Möglichkeiten. War es die Verwaltung, der Gemeinderat, der Planer oder der Bürgermeister?“, fragt sich auch Köpper. „Aber die Schuldfrage ist erst einmal sekundär für uns. Wichtig ist, dass wir eine Lösung finden, wie es weiter geht.“

Am Dienstag fand in der Grundschule in Löderburg eine Infoveranstaltung statt, an der neben Köpper auch Ina Siebert, Fachdienstleiterin Schule, Jugend und Kultur, Oberbürgermeister Sven Wagner (SPD) auch Daniel Trautewig vom Gebäudemanagement teilnahmen. Auf der anderen Seite der langen Tische saßen beinahe 100 Interessierte aus den Vereinen, dem Förderverein der Schule, Eltern und auch zahlreiche Kommunalpolitiker, die den Ausführungen lauschten. „Wir werden alles dafür tun, dass die Halle wieder in Betrieb geht“, sagt Sven Wagner.

Daniela Linge, stellvertretende Vorsitzende des Schulelternrates und des Fördervereins der Grundschule und Kindertagesstätte sowie selbst Mutter zweier Grundschulkinder in Löderburg fragt sich auch, warum es keine direkten Infos gab. „Nicht mal der Schulelternrat wurde informiert“, sagt sie. Über den Ortschaftsrat sei am Sonntag die Nachricht durchgesickert. „Und die Eltern wissen offiziell noch gar nicht Bescheid“, sagte Linge am Mittwoch. Hier wollte die Schule die Infoveranstaltung am Dienstag abwarten und danach Elternbriefe herausschicken. „Wir haben auch erst am Freitag davon erfahren, wir konnten nicht früher darüber informieren“, sagt Wagner.

Es muss vor allem fix eine Lösung für die 73 Kinder der Grundschule her, die dort ihren Sportunterricht absolviert haben. „Das ist ein Riesendilemma. Wir waren allen schockiert“, so Andrea Haberzettl, Schulleiterin der Grundschule Löderburg. „Ich hoffe, dass man die Halle retten kann.“ Erst einmal fällt der Sportunterricht bis zu den Winterferien aus, die vom 11. bis zum 15. Februar gehen. Für die Zeit danach gibt es schon eine Lösung. Die Kinder sollen ihren Sportunterricht in der Sporthalle der Grundschule Nord in Staßfurt absolvieren, die wieder in Betrieb genommen werden soll. „Dafür müssen aber die Stundenpläne geändert werden“, erklärt Haberzettl. Denn schließlich soll der Fahraufwand, den die Stadt übernimmt, gering gehalten werden.

Neben der Schule sind aber auch die Fußballer und Tischtennisspieler von Bode Löderburg in der Halle. Der Geflügelzuchtverein nutzt sie für Veranstaltungen, genauso die Abteilung Turnen. „Wir sind über 70, viele haben kein Auto und wir wissen nicht, wie die Busse fahren. Ich möchte nicht, dass der Sportverein auseinanderfällt“, gab eine Sportlerin zu bedenken.

In vielerlei Hinsicht ist es also wichtig, dass die Halle bald wieder öffnet. Zunächst soll eine Machbarkeitsstudie zur vollständigen Sanierung erstellt werden. Denn die Mängelliste war schon vorher lang. Bereits beim Bau 1999 gab es Senkungserscheinungen. Diese haben sich zwar gelegt. Das Heizungssystem stand aber unter Spannung. Anfang August lief aus dem Heizkörper eines Duschraums und an anderen Stellen mehrere Kubikmeter Wasser aus. Seitdem ist die Heizungsanlage defekt. Auch am Gebäude selbst gibt es Sanierungsbedarf. Die Kosten dafür? „Um die 600.000 Euro“, sagt Hans-Georg Köpper.

Nun kommen also neue Baumaßnahmen obendrauf. „Auch mit der Betrachtung der Alternative Neubau müssen wir uns beschäftigen“, so Köpper. „Wir werden uns jetzt jeden Monat einmal treffen, um so schnell wie möglich eine Lösung zu finden. Aber auch außerhalb der Termine werden wir konzentriert daran arbeiten.“

Zum Kompetenzteam gehören neben Köpper selbst auch Ina Siebert und Daniel Trautewig. „Am schlimmsten sind natürlich die Eltern dran. Wir waren alle wie vor den Kopf gestoßen“, sagt Köpper. Nun heißt es aber kühlen Kopf zu bewahren, um die Kuh, die auf dem Eis ganz schön ins Rutschen geraten ist, nicht einbrechen zu lassen.