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Hospizkreis Aschersleben-Staßfurt hilft in der schwersten Zeit des Lebens Unterstützung beim Abschiednehmen: Angst und Kopflosigkeit am Sterbebett

Von Karolin Aertel 25.07.2011, 06:37

Viele Menschen möchten in Würde zuhause sterben. Dies bedeutet für sie liebevolle Menschen, eine vertraute Umgebung, ein humanes Abschiednehmen. Dies bedeutet aber oftmals auch unendliche Trauer, Kopflosigkeit und Überforderung. Die Mitarbeiter des Hospizkreises Aschersleben-Staßfurt helfen in diesen schweren Zeiten. Sie begleiten Schwerkranke und Sterbende sowie deren Angehörige in ihrem letzten Lebensabschnitt. Sie machen es ehrenamtlich und kostenfrei. Sie machen es dem Leben zuliebe.

Staßfurt. "Wir können dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben", sagt Sybille Treptow mit einem warmen Lächeln auf den Lippen. "Der Tod gehört zum Leben." Die Frage sei nur, wie man ihm begegnet, sagt sie. Die meisten begegnen ihm vermutlich mit Angst und Schrecken.

Nicht so die 55-Jährige. Sie begegnet ihm mit einer gewissen Selbstverständlichkeit. Sybille Treptow ist Sterbebegleiterin. Sie leitet den Hospizkreis Aschersleben-Staßfurt. Seit nunmehr elf Jahren geht sie mit Kranken und ihren Familien den letzten Weg. Was anderen den Atem stocken lässt, hat für Sybille Treptow an Schrecken verloren. Sie hat keine Angst vorm Sterben. Und das ist es, was Betroffene und ihre Familien so sehr schätzen.

"Wenn es dem Ende entgegen geht, sind die Angehörigen und Sterbenden häufig erschüttert und kopflos", erzählt die Ascherslebenerin. Sie sind überwältigt von Trauer, Angst und Hilflosigkeit. "Wir – die Hospizkreismitarbeiterinnen – versuchen in dieser schweren Zeit Besonnenheit und Struktur in die Familien zu bringen", erklärt sie.

Dabei sehe ihre Rolle und Tätigkeit als Sterbebegleiterin immer wieder gänzlich anders aus. "Wir folgen den Wünschen der Kranken und deren Angehörigen. Das bedeutet, dass nicht wir entscheiden, wie oft wir kommen, wie eng wir einbezogen werden und was wir machen." In manchen Fällen sei Sybille Treptow nur gekommen, um einkaufen zu gehen oder mal die Kinder zu betreuen, damit die Angehörigen ein paar Wege erledigen können. In anderen Fällen hat sie tagelang am Sterbebett gesessen und Nachtwache gehalten.

Oft erzählen ihr die Kranken ihre Lebensgeschichte. Häufig sprechen sie mir ihr auch über den Tod und ihre Vorstellungen was danach kommt – Themen, über die sie mit der Familie nicht sprechen können, weil es für die Angehörigen einfach zu schmerzhaft ist.

Und sie können mit Sybille Treptow auch feixen. "Denn Sterbebegleitung heißt nicht in jedem Fall nur Trauer", betont sie. Die Betroffenen seien ihr oftmals dankbar, dass sich jemand traut, herzhaft mit ihnen zu lachen. "Wir sitzen eben nicht nur am Bett und halten Händchen", sagt sie. Zu ihren Aufgaben gehöre es auch, den Sterbenden – nach Möglichkeit – jeden Wunsch zu erfüllen. Sei es den verlorenen Sohn zu finden oder ein Gläschen Sekt am Sterbebett zu trinken.

"Nicht selten fließen auch bei uns mal die Tränen"

Es ist der Wunsch, daheim würdevoll sterben zu wollen, der der Hospizbewegung Aschersleben-Staßfurt ihren Antrieb verleiht. Seit 1999 stehen die Mitarbeiter Schwerkranken und sterbenden Menschen zur Seite. Zu ihnen gehört auch Petra Letkowski. Die Bodestädterin arbeitete einst im Staßfurter Klinikum als Sozialarbeiterin. Schon damals gehörte der Kontakt zu Sterbenden und ihren Familien zu ihrem Berufsbild. Doch erst nachdem ein Familienmitglied verstarb, entschied sie sich beim Hospizkreis Menschen auf ihrem letzten Weg zu begleiten.

Wie auch für Sybille Treptow ist dies für Petra Letkowski nicht immer ganz leicht. "Nicht selten fließen auch mal bei uns die Tränen", erzählt sie. Und das sei auch okay so.

Normalerweise endet die Begleitung des ambulanten Hospizdienstes nach dem Tod des Erkrankten. In der Regel versuchen die Mitarbeiter dann noch einmal Atmosphäre zu schaffen, damit alle sich in Ruhe verabschieden können. "Der Verstorbene wird daheim hübsch zurecht gemacht, und wir zünden auch mal eine Kerze an", erzählt Petra Letkowski.

"Eine Trauerbegleitung soll helfen, den Verlust und Schmerz zu verarbeiten"

Ist die Beerdigung vorüber, endet die Sterbebegleitung. Stattdessen kann nun eine Trauerbegleitung in Anspruch genommen werden. "Diese soll helfen soll, den Verlust und den Schmerz zu verarbeiten", erklärt Sybille Treptow. In Staßfurt möchte der Hospizkreis, der sich übrigens in Trägerschaft des Cornelius-Werkes befindet, eine Trauergruppe gründen. Hierfür werden derzeit zwei Trauerbegleiter ausgebildet. Sie können dann die Familien der Verstorbenen auch noch nach dem Todesfall betreuen.

Der Hospizkreis Aschersleben-Staßfurt umfasst 16 ehrenamtliche Mitarbeiter – allesamt Frauen zwischen 40 und 65 Jahren – die im Jahr etwa 25 Sterbende begleiten. Ihre Einsatzbereitschaft umfasst 24 Stunden. Finanziert wird die ehrenamtliche Tätigkeit, die für die Betroffenen kostenfrei ist, über Spenden. Hilfe wird immer gebraucht.