Sommerinterview Uwe Epperlein setzt auf mehr Bürgernähe
Volksstimme-Mitarbeiterin Nadin Hänsch fragt nach, wie es Hecklingens Bürgermeister Uwe Epperlein seit Amtsantritt ergangen ist.
Volksstimme: Wie ist es Ihnen nach zehn Monaten im Amt ergangen?
Uwe Epperlein, Hecklingens Bürgermeister: Ich habe mich schon sehr gut eingearbeitet. Woran ich mich noch nicht so recht gewöhnt habe, ist der Umstand, dass ich für Entscheidungen deutlich mehr Gespräche führen muss als in meinem vorherigen Berufsleben. Diese Gespräche nehmen sehr viel Zeit in Anspruch.
Wie kommt die Familie mit Ihrem neuen Amt zurecht?
Meine Familie unterstützt mich nach wie vor voll und ganz. Sonst würde es auch nicht funktionieren. Natürlich ist es für meine Kinder nicht schön, dass ich oft nicht da bin. Ich versuche aber dies zu kompensieren, in dem ich mir dann auch mal einen Tag frei nehme, der dann nur ihnen gehört.
Haben Sie schon Überraschungen erlebt?
Ja, schon einige. Es ist für mich zum Beispiel erstaunlich, um nicht zu sagen unverständlich, dass die Eigentumsverhältnisse der Abwasserleitung vom Flughafen in Richtung Ortslage Cochstedt seit Jahren nicht geklärt sind. Aber auch, dass so viele andere Probleme über Jahre hinweg liegen geblieben sind.
„Die Bürger wollen nicht mehr, dass es in Hecklingen so weitergeht. Sie haben sich klar für einen Wechsel, für mehr Bürgernähe entschieden“, haben Sie bei Ihrem Amtsantritt gesagt. Wo sehen Sie die Unterschiede zwischen Ihrer Politik und der Ihres Vorgängers?
Am deutlichsten wird der Unterschied bei dem Thema Grundschulen erkennbar. Von mir gibt es ein ganz klares Bekenntnis zum Erhalt der Grundschulen in Hecklingen und Groß Börnecke. Mir ist es nach wie vor sehr wichtig mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen. Bei den Vereinen und Firmen, die ich schon besucht habe, habe ich nicht nur einmal gehört: „Den Bürgermeister haben wir hier schon lange nicht oder noch nie gesehen.“ Es ist aber noch Luft nach oben. Ich werde noch mehr Zeit investieren, um mit den Bürgern, den Vereinen und den Firmen in unserer Stadt ins Gespräch zu kommen. Ich halte das nach wie vor für besonders wichtig.
Ich möchte hier auch noch einmal erwähnen, dass die Bürger jederzeit sehr gern zu mir kommen können, um mir ihre Probleme darzulegen, damit wir gemeinsam nach einer Lösung suchen können.
Gibt es im Rathaus noch Spuren von Ihrem Vorgänger?
Nein, aus meiner Sicht nicht.
Können Sie bereits auf erste Erfolge zurückblicken?
Ich denke ja. Bei der Überarbeitung diverser Satzungen der Stadt Hecklingen sind wir ein gutes Stück vorangekommen, da werde ich auch mit Nachdruck dran bleiben. Das ist besonders nötig, da die Kommunalaufsicht dies auch schon seit Jahren zu recht bemängelt. Das schon über Jahre andauernde morgendliche Chaos vor der Grundschule in der Schulstraße in Hecklingen, werden wir hoffentlich durch das Aufmalen von Füßen auf die Straße etwas entspannen können. Das wird in der zweiten Augustwoche realisiert. Des Weiteren werte ich es als Erfolg, dass wir dieses Jahr, trotz klammer Kassen, die Brücke Marktstraße in Cochstedt erneuern und die Straßenbaumaßnahme Ballplatz in Groß Börnecke in Angriff nehmen.
Das Thema Sachsen-Anhalt-Melder habe ich nach meinem Amtsantritt wieder belebt, nachdem es mein Amtsvorgänger nicht verfolgt hatte. Ich kann sagen, wir stehen jetzt kurz vor der Einführung. Es sind nur noch ein paar Kleinigkeiten zu klären. Ich denke wir können den Sachsen-Anhalt-Melder im September freischalten. Das ermöglicht den Bürgern online mit der Verwaltung in Kontakt zu treten und Missstände aufzuzeigen.
Den Haushalt in Richtung Ausgleich zu bekommen, wird eine riesige Herausforderung der nächsten Monate und Jahre sein. Ist dieses Ziel realistisch?
Dieser Herausforderung habe ich mich gestellt und halte auch daran fest. Der Haushaltsausgleich ist mein Ziel. Das ist aber nicht allein durch Sparen erreichbar. Wir müssen aber auch aufpassen, dass wir uns nicht noch weiter kaputtsparen. Die nach oben offene Anhebung der Steuerhebesätze kann auch nicht der Weg sein. Ich sehe hier ganz klar auch das Land in der Pflicht. Aus meiner Sicht ist es die falsche Herangehensweise, wenn das Land eine „schwarze Null“ schreibt und die Kommunen immer höhere Kassenkredite aufnehmen müssen. Man muss es klar sagen, die Kommunen sind dramatisch unterfinanziert. Ziel des Landes sollte es doch sein, dass es den Kommunen gut geht. Nach dem Motto: „Geht es den Kommunen gut, geht es dem Land nicht ganz so schlecht“. Schließlich leben und arbeiten die Menschen in den Kommunen.
Auch wenn Sie in der Wahl gesagt haben, dass Sie sich gegen eine Steuererhöhung einsetzen wollen, haben Sie Ihren Kurs zuletzt geändert.
Ich habe meine Meinung zum Thema Steuererhöhung nicht geändert. Ich bin nach wie vor kein Verfechter von Steuererhöhungen. In dem besagten Fall ging es aus meiner Sicht aber darum eine drohende Zwangsverwaltung der Stadt Hecklingen zu verhindern, deshalb habe ich für diese Steuererhöhung gekämpft. Glücklich bin ich damit nicht.
Wo sehen Sie die größten Baustellen für Hecklingen?
Neben der Baustelle Finanzen sehe ich die Ordnung und Sicherheit als eines der wichtigsten Themen. Es muss verhindert werden, dass unsere Spielplätze immer wieder vermüllt und beschädigt werden. Auch bei der Instandhaltung und Sanierung unserer Straßen und Wege sehe ich einen dringenden Handlungsbedarf. Besonders für unsere älteren Bürger ist die schlechte Anbindung der einzelnen Ortsteile an den öffentlichen Personennahverkehr ein Problem und muss verbessert werden.
Würde Hecklingen zu den Gemeinden gehören, die sich über ihre finanzielle Situation keine Gedanken machen müssen, was würden Sie sofort verändern.
Ich würde mehrere Dinge machen, die in unserer jetzigen Situation leider nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich sind. Unsere Kinder- und Jugendclubs würde ich sanieren und mit einer ständigen Betreuung ausstatten. Die Kulturstätten in den Ortsteilen würde ich wieder auf Vordermann bringen oder auch neu strukturieren. Die Vereine in unserer Stadt würde ich finanziell unterstützen. Ich würde in unsere Infrastruktur investieren, wie Straßen und kommunale Gebäude und die freiwilligen Feuerwehren. Der kontinuierliche Abbau unserer Schulden wäre mir ebenfalls sehr wichtig.
Ein aktuelles Thema sind die Flüchtlinge. Bis jetzt ist Hecklingen mit drei Familien aus mancher Sicht noch gut weggekommen. Was erwarten Sie für die Zukunft?
Was heißt gut weg gekommen. Die Familien sind gut integriert. Sie sind zum Teil in Kleingartenvereinen und auch Sportvereinen aktiv. Das finde ich sehr gut, denn das ist Integration. Im Moment kommen deutlich weniger Flüchtlinge zu uns, ob das so bleibt, bleibt abzuwarten. Wenn man sich die Situation in den Herkunftsländern der Flüchtlinge ansieht oder auch die Geschehnisse in der Türkei, dann kann es sich wieder ändern. Ich rechne aber auch dann nicht mit einem riesigen Anstieg der Flüchtlinge für die Stadt Hecklingen.
Wie viel könnte die Kommune überhaupt leisten? Gibt es genug Wohnraum zur Unterbringung?
Bei der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen ist nicht allein die Kommune gefragt, es sind die Menschen, die in ihr wohnen. Sollte es nötig werden mehr Flüchtlinge unterzubringen, werden wir uns dieser Aufgabe stellen. Zusätzlich zu dem kommunalen Wohnraum wird auch wieder privater Wohnraum zur Verfügung gestellt.
Hätten Sie einen Wunsch frei, was wäre Ihnen eine Herzensangelegenheit?
Ich würde sehr gern unsere Grundschulen und Turnhallen komplett sanieren. Ich hätte aber auch noch einige andere Wünsche wie zum Beispiel „Dorfgemeinschaftshäuser“ für Cochstedt und Schneidlingen.
Was nehmen Sie in Ihrer neuen Aufgabe als größte Veränderung gegenüber Ihrer bisherigen Tätigkeit als Architekt wahr?
So wie ich es zu Beginn bereits gesagt habe, dass ich für Entscheidungen deutlich mehr Gespräche führen muss und dadurch die Flexibilität leidet. Aber auch die Bandbreite der Aufgaben. Die Aufgabenbereiche eines Bürgermeisters sind noch einmal vielfältiger als die eines Architekten, was ich aber als positive Veränderung empfinde.