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Geschichte Zahnarzt hatte 40 Leichen im Keller

Den Auftakt für die 1075-Jahr-Feier in Westeregeln bildete ein heimatgeschichtlicher Vortrag von Günter Stock.

Von René Kiel 06.08.2016, 01:01

Westeregeln l Stock verstand es, seine Geschichten so spannend und so humorvoll zu erzählen, dass es Spaß machte, ihm zuzuhören. Dabei verging die Zeit wie im Flug.

Die Kirche sei für die heimatgeschichtlichen Betrachtungen der richtige Raum, denn ihr spätromanischer, sogenannter Westklumpenturm gehöre mit zu den ältesten Gebäuden des Ortes, sagte Stock und fügte hinzu: „Er hatte eine schützende Funktion in einer unruhigen Zeit.“ Der Turm sei im Jahr 1922 um sechs Meter aufgestockt worden, um Stahlglocken aufhängen zu können. Sie sollten die Bronzeglocken ersetzen, die im Ersten Weltkrieg abmontiert und eingeschmolzen wurden, berichtete Stock.

Das Jubiläum, das noch heute und morgen in Westeregeln groß gefeiert wird, gehe auf die erste urkundliche Erwähnung im Jahr 941 zurück. In der Schenkungsurkunde des ostfränkischen Königs Otto I. sei aber nicht nur Westeregeln, sondern auch Egeln und Coch-stedt genannt worden. Danach habe sich das Dorf fast 300 Jahre lang im Besitz des Klosters Gernrode befunden.

Im 17. Jahrhundert sei Westeregeln dann dem Amt Hadmersleben zugeschlagen worden. Nicht unerwähnt ließ der Historiker, dass 1661 eine Bauernrevolte in Westeregeln stattfand, bei der der Asseburger Hof niedergebrannt und auch die Kirche beschädigt wurde. Auf die Instandsetzung der Kirche im Jahr 1662 weist heute noch eine Inschrift an diesem Gotteshaus hin.

Aus dieser frühen Zeit seien heute nur noch sehr wenige Urkunden oder andere Unterlagen vorhanden, so dass man darüber sehr, sehr wenig wisse, bedauerte Stock.

„Allerdings weisen archäologische Funde auf eine frühe Besiedlung der Gegend hin.“ Unter Hinweis auf die Ausgrabungen nach der Wende in der Feldstraße in Westeregeln sagte der Heimatforscher: „Der Zahnarzt hatte 40 Leichen im Keller. Die ruhen nun im Museum in Egeln.“ Dort sowie an anderen Stellen, wie zum Beispiel in der Karolinger Straße, habe man Skelette aus frühmittelalterlicher Zeit bergen können. „Auch vor 80 000 Jahren haben hier schon Menschen gelebt“, stellte der ehemalige Gymnasiallehrer fest. Der Ort, der nach 1815 durch die aufkommende Industrie sowie durch die Landwirtschaft einen Aufschwung erlebte, sei damals sowohl für Archäologen als auch für Biologen und Geologen interessant gewesen, sagte Stock.

1834 habe die Braunkohleförderung begonnen. Wenig später habe Hugo Sholto Oskar Georg von Douglas dann unter einem Gipslager Kalisalz entdeckt und sich die Bergrechte gesichert. Er begann 1875 mit der Förderung von Carnallit und gründete die Firma „Kali und Steinsalz Bergwerk Douglashall“. Stock: „Dabei handelte es sich um den ersten privaten Salzschacht der Welt.“ Das habe sich auch positiv auf die Entwicklung der Einwohnerzahl ausgewirkt, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Folge der Aufnahme von Flüchtlingen auf über 5000 angewachsen gewesen sei.

Als eine der schlimmsten Katastrophen des Dorfes bezeichnete er den Dreißigjährigen Krieg. Er sei für die Wester-egelner mit viel Leid verbunden gewesen.

Interessant war auch die Anekdote von einer Westeregelner Bäuerin, die sich auf einem Bauernkongress an SED-Chef Walter Ulbricht wandte und wissen wollte, was er für die Bäuerinnen tue. Daraufhin habe das DDR-Fernsehen in Westeregeln den Alltag der Frauen in der Landwirtschaft gedreht, berichtete Stock schmunzelnd. Am Ende dankte ihm Bürgermeister André Kulak (Wählergemeinschaft).