Aus dem Gericht 22 Monate Haft nach Messerwurf
Ein 23-Jähriger muss für 22 Monate in Haft. Dazu verurteilte ihn das Amtsgericht Stendal.
Stendal l Das Amtsgericht Stendal hat jüngst einen zur Tatzeit obdachlosen 23-Jährigen wegen Drogenhandels, versuchter gefährlicher Körperverletzung sowie Ladendiebstahls zu 22 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Der gebürtige Osterburger hatte am 9. September vorigen Jahres in der Stendaler Stadtseeallee auf der Flucht vor der Polizei ein Klappmesser gegen die Brust eines Beamten geworfen. Der wollte den 23-Jährigen kontrollieren und trug zum Glück eine Schutzweste.
Die Kontrolle sollte erfolgen, weil der gerichtsbekannte Angeklagte nachts ohne Licht mit dem Fahrrad unterwegs war. Der Fluchtgrund wurde nach der vorläufigen Festnahme, der er sich heftig widersetzte, schnell klar: Er stand unter Drogen und hatte zudem 70 Gramm verkaufsfertiges Rauschgift sowie Drogenutensilien dabei.
Erst wenige Tage zuvor war er aus dem Gefängnis entlassen worden und hatte sein ganzes Überbrückungsgeld (800 Euro) in Drogen umgesetzt. Die seien für den Eigenbedarf gewesen, behauptete er. Die bei ihm gefundene Feinwaage gehöre dem Dealer, dessen Namen er nicht nennen wolle. „Das wäre der erste Dealer, der dem Kunden die Waage mitliefert“, wiederholte der Vorsitzende des Schöffengerichts, Richter Thomas Schulz, im Urteil seine schon beim Prozessauftakt geäußerten Zweifel.
Der Angeklagte kam nach dem 9. September wieder frei und beging weitere Straftaten. So verübte er auf Bestellung zwei Ladendiebstähle in einem Stadtsee-Supermarkt, um mit der geklauten Ware seinen Drogenkonsum zu finanzieren. Dem zwischenzeitlich erlassenen Haftbefehl entzog er sich durch Flucht. Erst im Februar wurde er unter Drogen (Crystal Meth) stehend gefasst und kam in lebensbedrohlicher Lage auf die Intensivstation des Krankenhauses und von dort ins Haftkrankenhaus Leipzig.
Gleichwohl das Gericht keine Bewährung aussprach, kommt dem schwer drogenabhängigen Angeklagten eine „Zurückstellung der Strafvollstreckung“ gemäß Betäubungsmittelgesetz zugute. Wie seine Verteidigerin sagte, kenne sie ihn schon sehr lange. Bislang habe er trotz mehrerer Freiheitsstrafen nie von den Drogen loskommen wollen. Jetzt habe es ein Umdenken bei ihrem Mandanten gegeben. Er habe eine Freundin, sei inzwischen verlobt und wolle unbedingt eine Therapie.
„Diese Chance sollte man ihm nicht verbauen“, sagte Staatsanwalt Thomas Kramer. Dem schloss sich das Gericht an und gestand dem 23-Jährigen diese „letzte Chance“ zu. Die Therapie in einer Spezialklinik, so sie erfolgreich verläuft, wird ihm bis zu zwei Dritteln auf die Strafe angerechnet. Bricht er die Therapie vorzeitig ab, muss er die gesamte Strafe absitzen.