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Mitmach-Parcours des Gesundheitsamtes macht Station im Tangermünder Diesterweg-Gymnasium 90 Minuten Liebe, Sex und andere Spiele

Von Anke Hoffmeister 07.06.2012, 05:16

Liebe, Sexualität und der Schutz vor HIV waren gestern Themen eines Mitmach-Parcours, aufgebaut in der Aula des Diesterweg-Gymnasiums Tangermünde-Havelberg. Schüler der achten Klassen beider Standorte entdeckten ihn für sich.

Tangermünde l "Wir möchten, dass ihr fit ins Leben geht. Deshalb ist alles, was ihr hier seht, nur für euch aufgebaut", erklärte Ronald Müller, Schulleiter des Diesterweg-Gymnasiums Tangermünde-Havelberg gestern den Schülerinnen und Schülern der achten Klassen. "Auf Initiative eurer Biologielehrerin Barbara Menzel wird euer Lehrbuch damit ein bisschen aufgepeppt."

Und den gewissen Pepp zu Themen wie Liebe, Sexualität und Schutz vor HIV boten fünf Stationen, versteckt hinter großen Wänden. In Gruppen aufgeteilt hatten die Achtklässler an jeder der Stationen 15 Minuten Zeit, sich mit den Angeboten zu beschäftigen. Dazu mussten sie nicht nur allein aktiv werden. Jede Station wurde von einem oder auch mehreren Moderatoren betreut. "Das ist sehr personalaufwendig, geht aber nicht anders", sagte Petra Ahrens vom Gesundheitsamt des Landkreise.

Sie reist mit diesem Parcours und noch zwei anderen zu weiteren Themen durch den Landkreis, besucht Schulen, Behinderteneinrichtungen, auch Elternabende. "Die Nachfrage ist enorm. Wir können längst nicht jeden Wunsch erfüllen", verrät sie. Barbara Menzel hatte beispielsweise zu Beginn des Schuljahres um einen Parcours-Termin gebeten, ihn jetzt im Juni bekommen.

Aus der Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen weiß Petra Ahrends: "Der Parcours kommt gut an. Er ist nicht sehr tiefgründig, wie wir es gern hätten. Doch er vermittelt Wissen, lädt zum Mitmachen ein und macht vor allem Spaß."

Und das ist an diesem Morgen unüberhörbar. Obwohl sich die Achtklässler in der ersten Unterrichtsstunde befinden, jedoch nicht an ihren Tischen sitzen, sondern von Station zu Station laufen, sind sie putzmunter. So munter, dass beim Pantomimespiel sogar eine der Stationswände umkippt. Da war es wohl zu eng in dem kleinen Rund geworden, um einen darzustellenden Begriff ausreichend vorstellen zu können.

Außerdem begleiten lautes Lachen und anfeuernde Rufe die anderthalb Stunden Stationsbetrieb. Sie kommen aus der Richtung des Glücksrades. Alice Michalak vom Verein Mißmut betreut ihn. Sie verteilt an die Glücksraddreher je nach erdrehtem Ziel Kondome zum Aufpusten, stellt Fragen zu Liebe, Sexualität, Partnerschaft und HIV-Schutz. "Was gehört zu einer glücklichen Partnerschaft?", fragt sie. "Vertrauen und Ehrlichkeit", antwortet Kim. "Wo bekommt man Kondome?", möchte sie wissen. Während die Mädchen viele richtige Antworten parat haben, möchte ein Mitschüler sie beim Frauenarzt kaufen.

Welche Verhütungsmittel es in Deutschland gibt, darüber sprechen Sylvana Rau und Renate Reinhardt von Pro Familia mit den Achtklässler. "Jeder von euch darf einmal in diesen Stoffbeutel fassen und ein Teil herausnehmen", fordert Sylvana Rau die Schüler auf. Was dabei ans Licht befördert wird, ist den Mädchen und Jungen meist unbekannt. Lediglich Pille und Kondom kennen sie. Über deren exakte Funktionsweise klärt Sylvana Rau sie kurz und verständlich auf, regt mit Fragen zum Mitdenken an, zeigt ihnen, vor allem den Mädchen Mittel und Wege auf, ohne Hormone langfristig Verhütungsschutz aufzubauen. "Das kannte ich gar nicht", flüstert eine der Schülerinnen ihrer Nachbarin zu. Mit großem Interesse folgen die Achtklässler den Erläuterungen von Sylvana Rau.

Mit lustigen Piktogrammen macht Jan Kolata von der Aids-Hilfe Magdeburg die Gymnasiasten auf mögliche und unmögliche Übertragungswege des HI-Virus aufmerksam. Die Schüler selbst müssen zuordnen, ob man durch das Anniesen, auf einer unsauberen Toilette oder in einem Tatoo-Studio HIV bekommen kann.

"Wir sprechen hier offen über alles und das baut schnell erste Hemmungen ab", verrät Petra Ahrens am Rande des Parcours. Mit diesem Angebot möchte das Gesundheitsamt das Wissen eines jeden Schülers erweitern, vor allem aber zu eigenverantwortlichem Schutz motivieren. "Kein Mädchen, kein Junge auf der Welt ist es wert, mit HIV infiziert zu werden. Ihr wisst, wie ihr euch und andere davor schützen könnt", sagt Jan Kolata und entlässt seine Gruppe zur nächsten Station.