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Amtsgericht Stendal lädt Professor Boerne vor

Von Wolfgang Biermann 23.03.2012, 03:15

Stendal l Stellen Sie sich mal vor, der ARD-Tatort Münster mit dem derzeit beliebtesten TV-Ermittlerduo verlagert seine Dreharbeiten nach Sachsen-Anhalt. Kommissar Frank Thiel alias Axel Prahl und sein Pendant, der stets besserwisserische Professor Karl-Friedrich Boerne alias Jan Josef Liefers agieren in der Altmark und suchen hier auf ihre bekannt skurrile Art nach einem Mörder.

Und so fährt Rechtsmediziner Boerne mit seinem Dienst-Porsche auf der vierspurigen B188 zwischen Stendal und Tangermünde, das Handy am linken Ohr. Ein Streifenwagen des Stendaler Reviers fährt auf der linken Spur am Porsche vorbei und hupt, um dem wahrscheinlich gerade mit Kommissar Thiel telefonierenden Boerne auf sein widerrechtliches Tun aufmerksam zu machen. Doch der neunmalkluge Boerne ignoriert den Hupton. Erst beim zweiten Hupen reagiert er, wirft das Handy in den Rückraum des Porsches. Zu spät. Die Polizei nimmt sich des Falles an.

Jetzt wird klar: Was hier geschah, das stand in keinem Drehbuch. Es handelte sich auch nicht wirklich um Prof. Boerne, sondern um den Privatmann Jan Josef Liefers. Der vermeintliche Dienst-Porsche ist ein privater. Ein profaner Bußgeldbescheid über 40 Euro und einen Punkt in der Flensburger Verkehrssünderkartei flattert Schauspieler Liefers daraufhin ins Haus.

Doch der legt Widerspruch ein, beauftragt eine Anwältin aus Berlin. Er hätte gar nicht telefoniert, heißt es. Das Gerät am Ohr wäre auch kein Handy gewesen, sondern ein Diktiergerät, mit dem er seine neue Rolle gelernt hätte. Daraufhin beraumt das Amtsgericht in Stendal einen mündlichen Verhandlungstermin an: gestern, 11.40 Uhr im Saal 512.

Liefers muss erscheinen, so die hochrichterliche Anordnung, und die Beamten des Streifenwagens aus dem Polizeirevier Stendal sollen als Zeugen kommen. Wie wird sich Boerne alias Liefers hier aus der Affäre gezogen haben? Erfahren werden wir es nie. Denn Liefers kam nicht. Kurzfristig zog er seinen Widerspruch zurück.

Eine Frage bleibt unbeantwortet: Kann sich Liefers keine Freisprecheinrichtung für seinen Porsche leisten? In seinem Tatort-Dienstwagen hat er eine.